08.12.2021 08:30 |

Existenz zerstört

Spielsüchtiger: „Wollte nur diese Emotion erleben“

Die Hoffnung, den Jackpot zu knacken, ist schnell wieder weg. Viele geben es nach ein paar Versuchen auf, dem Glück nachzulaufen. Doch manche machen weiter Jagd auf den Gewinn. Die „Krone“ sprach mit einem Mann, der jahrelang spielsüchtig war.

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Klaus S. (Name von der Redaktion geändert) sagt, am Ende habe er nichts mehr wahrgenommen. Es gab nur mehr die Automaten mit ihren bunten Lichtern und das metallische Geräusch, wenn die Münze durch den Schlitz fiel. Nach jahrelangem Glücksspiel hatte er sich komplett ruiniert.

„Davor war mein Leben schön“, erzählt S. Nachdem er einem schwierigen Elternhaus entkommen war, baute er sich früh eine eigene Existenz auf. „Ich hatte eine Wohnung und zwei Autos“, berichtet er in Erinnerung schwelgend. Eine gut funktionierende Beziehung zu einer Niederösterreicherin war mit Anfang 20 auch so etwas wie sein Anker, der ihm Halt gab.

Doch dann veränderte er sich. „Ich habe gemerkt, dass ich meine Emotionen auf einmal schlecht kontrollieren konnte. Mein Verhalten war richtig aggressiv“, erzählt S. Sehr leichtfertig sei er zu dieser Zeit mit seinem Leben umgegangen und an die falschen Leute geraten. „Dann kamen die harten Drogen ins Spiel.“

Mit den Automaten nahm das Schicksal seinen Lauf
Die Freude am Leben schwand parallel zur Fähigkeit, den Unterschied zwischen richtig und falsch zu erkennen. Zwischen 2008 und 2009 fing er bei diversen Tankstellen zu spielen an. „Ich habe meine Drogensucht sozusagen durch die Spielsucht ersetzt.“ Dass mit dem neuen Gesetz 2016 alle Einzelautomaten entfernt und eine Registrierungspflicht mit Fingerprint erlassen wurde, hielt ihn nicht vom Spielen ab. Er habe weiterhin regelmäßig verschiedene Casino Joker’s besucht. Es sei ein Leichtes gewesen, in kurzer Zeit enorm hohe Beträge zu verspielen.

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Ich wollte mich gar nicht selbst bereichern, sondern nur mehr vor den Automaten sitzen und diese Emotion erleben

Klaus S.

Bis 2019 waren inklusive seiner beiden Autos rund 100.000 Euro weg. „Die Schuldenberatung hat zumindest einen Zinsstopp erwirkt“, so S. Doch der mühsame Kampf um ein normales Leben wurde unerträglich - und irgendwann brach alles rund um ihn herum und auch er zusammen. 

„Zu verlieren ist frustrierend“
Viele Arztbesuche und eine Reha folgten. „Seit Ende 2019 bin ich nun im Krankenstand und nicht mehr arbeitsfähig“, bestätigt er. Das Phänomen der Spielsucht könne er gut aus eigener Erfahrung beschreiben: „Zu verlieren ist frustrierend. Wenn man allerdings gewinnt, hat man eine enorme Ausschüttung von Glückshormonen. Ich wollte mich gar nicht selbst bereichern, sondern nur mehr vor den Automaten sitzen und diese Emotion erleben.“

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Automaten hinterlassen im Gegensatz zu den Drogen, die ich genommen habe, keine offensichtlichen Spuren.

Klaus S.

Dass er eigentlich von einem Gerät abhängig war, habe er zu spät erkannt. Seine Spielsucht konnte er lange verbergen, weil „Automaten im Gegensatz zu den Drogen, die ich genommen habe, keine offensichtlichen Spuren hinterlassen.“ Doch in S. rumort es, da ist ein Schmerz, der sich tief in seine Seele gegraben hat. Trotz Privatkonkurs sind es heute noch 50.000 Euro Schulden, die ihn quälen.

Süchtiger hätte sich mehr Schutz gewünscht
Aus Verzweiflung wandte er sich an Anwälte, um einen Teil seines Geldes zurückzuholen. Bis jetzt sei es allerdings noch zu keinem Ergebnis gekommen. Insgesamt hätte er sich mehr Schutz gewünscht. Dann wäre sein Leben vielleicht anders verlaufen. Daher seine Botschaft: „Glücksspiel ist gefährlich!“

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