Prognose für 2011

Wirtschaft wächst weiter, Reallöhne werden aber sinken

Österreich
01.04.2011 16:54
Eine positive Konjunkturprognose mit Bauchschuss für die Arbeitnehmer haben am Freitag die heimischen Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS präsentiert. Die österreichische Wirtschaft wird stärker wachsen als zuletzt angenommen, dafür nagt die ölgetriebene hohe Inflation am Wachstum und auch an den Löhnen, die real sinken werden. Die Regierung müsse dem mit einer Energiespar-Initiative begegnen.

Aufgrund der höheren Inflation werden in Österreich die Reallöhne pro Kopf 2011 sinken, nimmt das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo an, und erst 2012 wieder etwas steigen. Zusätzlich gedämpft wird laut IHS das Lohnwachstum in Österreich durch den anhaltenden Trend zur Beschäftigung in Teilzeit und im Niedriglohnbereich, der eine weiterhin negative "Lohndrift" bewirke: Die Effektivlöhne steigen weniger stark als die Tariflöhne.

Bei der Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes für Bürger der 2004 beigetretenen osteuropäischen EU-Staaten am 1. Mai erwarten Wifo und IHS einen Zustrom geringer qualifizierter Menschen. "Am größten könnte der Druck bei den Niedriglohngruppen sein." Allerdings sei die Ostöffnung am Arbeitsmarkt bereits in der Vergangenheit schrittweise erfolgt: "Viele sind schon da."

"Lohnpolitik mit Maß und Ziel"
Eine Lohn-Preis-Spirale alten Stils sieht Wifo-Chef Karl Aiginger nicht, allerdings verweist IHS-Leiter Bernd Felderer darauf, dass es bei Gütern mit Ölkomponente schon jetzt sogenannte Zweitrunden-Effekte (Preiserhöhungen als Reaktion auf vorangegangene Kostensteigerungen, Anm.) bei den Preisen gebe. International würden Gewerkschaften auf die Teuerung mit Lohnforderungen reagieren, aber "nicht in Österreich", meint Felderer. Das Wifo erklärt dies mit der Tradition einer "Lohnpolitik mit Maß und Ziel". In den noch anstehenden KV-Verhandlungsrunden im Frühjahr werde die Inflationsbeschleunigung aber wohl berücksichtigt werden, erklärte das Wifo. Zu starke Lohnerhöhungen brächten allerdings Probleme für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs.

Die hohe Inflation von für heuer erwarteten 2,8 Prozent und 2,4 Prozent nächstes Jahr solle die Regierung mit Energiesparen und mehr Effizienz beim Einsatz von Energie und Rohstoffen bekämpfen, fordert das Wifo im Blick auf die steigenden Energiepreise.

Privater Konsum wird durch hohe Preise gedrückt
Das Wachstum im privaten Konsum sehen beide Institute 2011 knapp unter 1 Prozent, 2012 knapp über 1 Prozent und somit real weiter, aber relativ schwach wachsen. 2011 würden die deutlich höheren Verbraucherpreise auf die Realeinkommen der privaten Haushalte drücken, so das IHS. Daher würden die Konsumenten ihre Sparquote um 0,4 Prozentpunkte zurücknehmen.

Das Investitionsklima in den Unternehmen hellt sich im Prognosezeitraum auf. Die positive wirtschaftliche Dynamik und die gute Kapazitätsauslastung sollten auf die Ausrüstungsinvestitionen durchschlagen. Diese sehen Wifo und IHS heuer um 5,5 bzw. 4,5 Prozent real wachsen, nächstes Jahr noch immer um 4,5 bzw. 3,5 Prozent. Lediglich die Bauinvestitionen weisen heuer kein Realwachstum auf und dürften 2012 maximal um 1 Prozent zulegen.

Die Arbeitslosenrate sieht das Wifo heuer und nächstes Jahr auf 6,4 und 6,3 Prozent sinken, nach Eurostat-Definition, die u.a. Selbstständige einrechnet, wären das 4,1 bzw. 4,0 Prozent. Die aktuelle Arbeitslosenquote für März 2011 liegt bei 6,9 Prozent nach österreichischen Berechnungen bzw. 4,3 Prozent nach Eurostat.

2,5 Prozent BIP-Anstieg im heurigen Jahr
Die Wirtschaftswachstums-Prognose für Österreich haben Wifo und IHS am Freitag erhöht. Sie erwarten nun für 2011 an die 2,5 Prozent realen BIP-Anstieg, für 2012 aber einen Rückgang auf rund zwei Prozent und damit auf Werte von 2010. IHS-Chef Bernhard Felderer: "Eventuell sehen wir heuer die Spitze des Konjunkturzyklus."

Dass Deutschland unterdessen weiterhin kräftiger wächst als Österreich - heuer um 2,7 bis 2,9 Prozent und nächstes Jahr um 1,8 bis 2,2 Prozent - sieht Felderer vor allem im Nachholeffekt des Landes begründet, was Arbeitsmarktöffnung und andere Reformen betrifft - teils noch von Kanzler Gerhard Schröder eingeleitet -, auch bei Unternehmenssteuern. Ähnlich sieht dies Aiginger: "Deutschland hat die Ostöffnung etwas verschlafen und war deshalb zu größeren Reformen genötigt." Ein Jahrzehnt lang sei Österreich jeweils einen Prozentpunkt stärker gewachsen als Deutschland, jetzt mache der Nachbar zwei Punkte wieder gut. Im Vergleich zur gesamten Eurozone wird Österreich 2011 und 2012 dennoch das achte und neunte Jahr in Folge stärker wachsen, prognostiziert Aiginger. Das Wifo erwartet für den Euroraum 1,8 und 1,7 Prozent BIP-Plus in diesen beiden Jahren, das IHS jeweils 1,5 Prozent.

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