Auf ihrem vierten gemeinsamen Album „Nah dran“ zeigen sich die beiden Schweizer Freundinnen Madlaina Pollina und Nora Steiner gereift, ohne dabei die kindliche Freude an der Musik zu verlieren. Im „Krone“-Talk erzählen sie uns, warum der Sound gleichermaßen pompös wie reduziert wirkt und weshalb es schwierig ist, ein besonders persönliches Album Außenstehenden verständlich zu machen.
Die Grundeinstellung, die zum neuen Album „Nah dran“ führte, war innerhalb der Band schnell gefunden: „Wir haben über die letzten zehn Jahre drei Indiepop-Alben eingespielt“, so Nora Steiner im Gespräch mit der „Krone“, „es war für uns Zeit, uns musikalisch zu entwickeln.“ Nora Steiner und Madlaina Pollina aka Steiner & Madlaina sind in der Indie-Szene längst keine Unbekannten mehr. Vor zehn Jahren erschien mit „Ready To Climb“ die erste EP des Duos, eine Dekade später hat man nicht nur in der Schweizer Heimat, sondern auch in Deutschland und Österreich die schwitzigen Clubs auf- und abgespielt. Ohne sich einen allzu großen Plan zusammenzustellen, beschlossen die beiden vor eineinhalb Jahren, ihren Sound entscheidend zu adaptieren. Auf dem Viertwerk „Nah dran“ hört man somit vermehrt Streicher, ein Saxofon und immer wieder einen Kinderchor. „Es hat richtig Spaß gemacht, zu experimentieren und wir haben uns bei der Arbeit an den Tracks neu entdeckt.“
Grundstock ist klangliche Intimität
Interessant mutet an, dass in vielen Rezensionen und selbst in offiziellen Texten von einer gewissen Redundanz im Sound die Rede ist. Stellenweise klingt „Nah dran“ breiter, opulenter und vielschichtiger als alles, was die beiden Schweizer Jugendfreundinnen bisher zusammen fabriziert haben. „Sagen wir so – es war reduziert geplant, aber durch die vielen Ideen sind die Lieder dann ausgeufert“, lacht Pollina, die der Liebe wegen schon eine Zeit lang in Wien daheim ist, „irgendwann haben wir uns gesagt, wir lassen uns da auch nicht mehr reinreden und ziehen das jetzt so durch.“ Als man sich im Frühling 2024 traf, um erstmals an den neuen Songs zu arbeiten, war alles anders geplant, doch der Grundstock eines jeden Liedes ist immer noch die Tatsache, dass wir es zu zweit im intimen Rahmen spielen können. Von dort aus kann man aufbauen und schichten.“
Die Themenpalette bei Steiner & Madlaina ist so breit wie intensiv. Es geht um Beziehungsgeflechte, die Schönheiten und Tücken der Liebe, um Feminismus und den steten Wunsch, eine raue und graue Welt anschmiegsamer und bunter zu gestalten. Dass „Nah dran“ das persönlichste Album des bisherigen Schaffens ist, ist im Gegensatz zu vielen anderen Projekten mehr als eine Floskel. Nach all den Jahren wagten es die beiden gar, erstmals zusammen zu texten. „Wir haben beide unsere Stärken und sind draufgekommen, dass sich das hervorragend kombinieren lässt“, freut sich Pollina, „wir haben geschrieben, redigiert, hinzugefügt und irgendwann eingesungen. So richtig zusammen an einem Tisch zu sitzen, mit Bleistift und Papier, ist noch schwierig, aber wir sind auf dem richtigen Weg.“ Für Steiner & Madlaina ging es beim Albumprozess auch stark darum, aus festgefahrenen Mustern auszubrechen. „Nach mehr als zehn Jahren darf ruhig mal was Neues passieren.“
Filterlose Kommunikation
Wenn man den beiden gegenübersitzt, herrscht eine sympathische Vertrautheit, die sich mit einer juvenilen, fast Teenager-haften Begeisterung vermischt. Trotz allem ist das klanglich ausladende und textlich durchaus intime neue Album ihr bislang erwachsenstes. „Wir sind nicht nur älter geworden, sondern haben über die Jahre stark an Selbstbewusstsein gewonnen“, so Steiner, „wir müssen nicht immer auf andere hören, sondern glauben an uns selbst. Wir wissen auch viel besser, wer zu uns passt und die richtige Vision für uns hat. Sehr oft wurde uns vermittelt, wir könnten dies nicht oder dürften das nicht. Daraus entstand oft eine Trotzreaktion, weil wir ständig gegenhalten mussten. Aber auch in dieser Hinsicht sind wir weicher geworden. Wir wissen klarer, was wir wollen, fordern uns gegenseitig, aber auch stärker heraus, weil wir wissen, dass wir vieles besser können und dann noch nachfeilen. Dafür muss man aber eine stabile Freundschaft haben, in der man filterlos kommunizieren kann. Und manchmal muss man die Arbeit von der Freundschaft trennen. Solange die Dinge respektvoll formuliert werden, gibt es in der Botschaft keine Einschränkungen.“
Das Älterwerden und Sammeln von Lebenserfahrungen sind die Unterlage dafür, dass sich auch Gespräche zwischen den beiden gewandelt haben. Mehr Tiefe, mehr Offenheit, noch mehr Ehrlichkeit. All das lässt sich aus Songs wie „Du kannst nicht gut allein sein“, „Ich hab alles und die Liebe satt“ oder dem wundervoll betitelten Closer „Der Mensch ist einsam, alles andere nur ein Versuch“ heraushören. Beeindruckend ist dabei, dass man trotz der in jeder Hinsicht verstärkten Reife nicht die notwendige Leichtigkeit für Popmusik verloren hat. Zumal man immer darauf achten muss, dass auch höchstpersönliche Lieder so geschrieben sind, dass die dahinterliegende Botschaft für Außenstehende verständlich und interpretierbar ist. Die partielle Schwere, die gewisse Lieder vermitteln, liegt durchaus auch am leichtfüßigen Kinderchor.
Den Kindern eine Stimme geben
„Es war krass zu beobachten, wie sich die Kinder hingestellt und die Texte verstanden haben, nur um mit einer Wucht und Kraft zu singen, dass keine Zweifel offenblieben, wie gut sie alles verstehen“, so Steiner, die die Idee zum Chor hatte, „man hat richtig gemerkt, dass die Kinder gespürt haben, dass sie jetzt selbst eine Stimme haben. Sie fühlen sich gestärkt und ernst genommen – das war ein richtig schönes und cooles Gefühl für alle Beteiligten.“ Zur dazugewonnenen Reife gehörte auch, auf „Nah dran“ eine breitere Palette von Emotionen zuzulassen. „Viele Texte sind nicht mehr ganz so plakativ wie früher“, präzisiert Pollina, „da war recht klar, man war verliebt, man war sauer oder man war unsicher. Das ist jetzt alles viel feiner gesponnen und nicht mehr so klar ausgesprochen, weil es auch nicht klar ist. Gefühle sind extrem kompliziert“. Und wenn das Leben kompliziert wird, dann sollten Lieder trösten und beruhigen. Mit „Nah dran“ gelingt das Steiner & Madlaina mehr als gut – ein interessantes neues Karrierekapitel, das sich mit diesem Album öffnet.
Live beim FM4 Geburtstagsfest in Wien
Für 2026 ist noch einiges offen und möglich, aber fix zu sehen sind Steiner & Madlaina auf jeden Fall am 24. Jänner in der Wiener Ottakringer Brauerei im Zuge des traditionellen FM4 Geburtstagsfestes. Die Bühne teilen sie dort u.a. mit Acts wie Haiyti, Voodoo Jürgens, Maja, Lovehead oder Erobique. Unter www.oeticket.com gibt es Karten für das Event auf drei verschiedenen Bühnen – dort finden Sie auch weitere Informationen.
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