Hilfeschrei

„Die Nachtgastronomie ist verzweifelt!“

Vorarlberg
14.08.2021 11:55

Die 2G-Regel führt zu leeren Tanzflächen und vollen Bars - und stößt auf jede Menge Unverständnis. Warum es mancherorts trotzdem funktioniert und was sich die Branche für den Winter erwartet.

„Die Stimmung unter Vorarlbergs Nachtgastronomen ist betrübt bis verzweifelt“, weiß Stefan Köb, selbst Gastronom und Obmannstellvertreter der WKV-Fachgruppe Gastronomie. Die Betreiber von Diskotheken und Nachtclubs fühlen sich schlichtweg ungerecht behandelt, seit dem die „2G-Regel“ (Zugang nur mehr für geimpfte und mittels PCR-Nachweis negativ getestete Personen) am 22. Juli in Kraft getreten ist.

Dass auf einer Tanzfläche mit einer, wie es in der 2G-Sonderregelung heißt, „vermehrten Durchmischung und Interaktion der Kunden zu rechnen ist“, sei klar, so Köb: „Für die Betreiber ist es allerdings nicht nachvollziehbar, dass etwa Zeltfeste oder Barbetriebe, wo Gäste ebenfalls bis in die Morgenstunden feiern und zu Musik tanzen, unter die 3G-Regel fallen. Als Folge drängen sich Menschen in den Bars, während sich in Diskotheken 25 Besucher auf der Tanzfläche befinden. Es sei allen Betrieben vergönnt, dass sie endlich wieder Gäste bedienen können. Aber es sollte fair bleiben.“

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Für die Betreiber ist es nicht nachvollziehbar, dass etwa Zeltfeste oder Bars, wo Gäste ebenfalls bis in die Morgenstunden feiern und zu Musik tanzen, unter die 3G-Regel fallen.

Stefan Köb, Gastronomiesprecher

Nachtclubs in der Krise
Nur drei Wochen, nachdem die Nachtgastronomie nach fast eineinhalb Jahren Lockdown endlich wieder ihre Pforten öffnen konnte, kam also bereits der nächste Dämpfer: Sah es zuerst nach einem halbwegs normalen Sommer aus, berichten zahlreiche Betreiber mittlerweile von Umsätzen, die zwischen 85 und 90 Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau liegen.

Der eine oder andere Nachtgastronom fragt sich, wie lange er noch der neuen Regelung Folge leisten soll. Viele andere denken darüber nach, wieder zu schließen - manche sind diesen Schritt bereits gegangen. Genaue Zahlen kann Köb nicht nennen, doch Fakt sei: Die derzeitige Lage ist wirtschaftlich nicht tragbar.

Keine Party ohne Pflicht
Hannes Hagen, der just am 22. Juli das umgebaute Conrad Sohm wiedereröffnet hat, kennt beide Seiten der wie auch immer geregelten Medaille: Während Konzerte unter Kulturveranstaltungen laufen, bei denen 3G ausreicht, gilt bei Clubveranstaltungen mit DJs 2G. Nichtsdestotrotz sei das Sohm bislang immer gut besucht gewesen: „Zu Beginn war es sicher auch der Eröffnungssog - jeder wollte sich das neue Sohm anschauen. Allerdings muss man sagen: Wir sind keine klassische Diskothek. Unser Publikum ist teilweise älter, möchte die Clubkultur genießen und ist bereit, dafür einiges in Kauf zu nehmen“, so Hagen.

Auch für das Szene Openair, das Ende Juli nach einem Jahr Corona-Zwangspause in Lustenau wieder über die Bühne gegangen ist und ebenfalls unter der Leitung von Hannes Hagen steht, haben die Besucher einiges auf sich genommen: Aufgrund der 3G-Regel und Registrierungspflicht kam es beim Einlass zu Wartezeiten von bis zu 20 Minuten - laut Digitalerfassung lag die Impfquote übrigens bei knapp 80 Prozent bei einem Durchschnittsalter von 22 Jahren.

Gewissenhafte Kontrollen
Mittlerweile sind zwei Wochen vergangen und lediglich zwei Besucher wurden positiv auf Corona getestet, wobei unklar ist, ob sie sich tatsächlich auf dem Festival angesteckt haben. Und das, obwohl es bei über 7000 Menschen, die, so Hagen, „selbst bei strömendem Regen frenetisch gefeiert haben“, mit Sicherheit zu einer vermehrten Durchmischung und Interaktion gekommen ist. Gewissenhafte Kontrollen der 3G-Regel können das Infektionsgeschehen also sehr wohl beeinflussen - wenngleich der Aufwand enorm und die Kosten, im Falle des Szene Openairs waren es 50.000 Euro, beträchtlich sind.

Für Hagen und sein Team, die das Festival innert nur sechs Wochen (!) auf die Beine gestellt haben, ist aber klar: Das tage- und nächtelange Durcharbeiten hat sich gelohnt. Die Planungen für 2022 laufen schon - wenngleich natürlich niemand weiß, was kommen wird. Das gilt auch für Stefan Köb nicht. Er kann nur mutmaßen: „Die Gastronomie rechnet damit, dass es im Winter wieder Einschränkungen geben wird. Und die Nachtgastronomen gehen sogar davon aus, dass ein weiterer Lockdown kommen wird.“ Zuversichtlich klingt das nicht.

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