„Krone“-Gipfeltreffen

Warum schweigt der Landeshauptmann?

Steiermark
28.05.2021 06:00

 ++ Die „Krone“-Berichte zur Atomgefahr haben die Politik aufgerüttelt ++ Die Parteichefs von FPÖ und Grünen beim „Krone“-Gipfeltreffen ++ Mario Kunasek & Sandra Krautwaschl: Schulterschluss gegen Krško ++ Regierung muss viel mehr tun: „Schluss mit dem Kopf in den Sand!“

Mehr als 36.000 Menschen haben bereits die Petition „Stopp AKW Krško“ unterschrieben. Sie auch?
Mario Kunasek: Ja, ich habe schon unterschrieben - denn hier zählt der Druckaufbau. Die Frage ist: Was macht die Politik aus dem Druck?
Sandra Krautwaschl: Ich natürlich auch. Denn es ist wichtig, dass eine große Zahl an Unterschriften zusammenkommt. Gleichzeitig hat man in der Politik schon eher die Aufgabe, die Forderungen umzusetzen, als „nur“ zu unterschreiben. Ich hoffe, dass mehr folgen wird als die Unterschrift. Deswegen haben wir auch unseren Anti-Krško-Antrag im Landtag eingebracht. Die Politik hier in der Steiermark hat Verantwortung - und auch die Möglichkeiten.

Sie spielen auf Landesrätin Ursula Lackner an: Sie hat ja verkündet, dass sie die Petition unterzeichnet hat...
Krautwaschl: Ja, ich war eigentlich irritiert, dass sie das als große Leistung dargestellt hat. Wenn die Landesregierung nur eine Unterschrift zu bieten hat, ist das eindeutig zu wenig.
Kunasek: Die ressortzuständige Landesrätin hätte wirklich ganz andere Möglichkeiten, als nur eine Petition zu unterschreiben. Aber die Hauptfrage ist ja: Was macht der Landeshauptmann? Was hat man von ihm gehört?

Was fordern Sie konkret von der Landesregierung?
Kunasek: Ich erwarte mir von Schützenhöfer endlich eine klare Botschaft! Er propagiert ja auch gerne, dass ihm Sicherheit so wichtig sei. Zudem ist er ja auch Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz - und hat die Möglichkeit, Druck gegenüber der Bundesregierung aufzubauen.
Krautwaschl: Immer wieder haben wir die Landesregierung aufgefordert, hier eine aktivere Rolle einzunehmen. In dem Antrag, den ich im Landtag zuletzt eingebracht habe, fordere ich, alle politischen, diplomatischen und rechtlichen Möglichkeiten auszunutzen. Hier sehe ich allerdings noch immer keine Aktivität.

Von welchen Möglichkeiten sprechen Sie konkret?
Krautwaschl: Ich erwarte mir von der Landesregierung eine qualitativ hochwertige Stellungnahme im Prüfungsverfahren.
Kunasek: Diese Umweltverträglichkeitsprüfung ist eine riesige Chance - und kann eine klare Vorbildwirkung auf europäischer Ebene haben.

Aber wie kann man eine objektive Prüfung, frei von jeglichen wirtschaftlichen Interessen, sicherstellen?
Krautwaschl: Klar ist, es darf nicht bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung am Papier bleiben. Es müssen etwa auch geologische Gutachten über die Erdbeben-Situation eingeholt werden. Die Gefahr ist hier schließlich massiv. Man muss sich hier endlich auch für eine Lösung für die Endlagerung des hoch radioaktiven Mülls einsetzen.

Kann das alles ein Bundesland alleine stemmen?
Krautwaschl:
Nein, aber Landeshauptmann Schützenhöfer hat ja schließlich auch den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz. Alle Bundesländer, Gemeinden und auch Privatpersonen können Stellungnahmen im Prüfungsverfahren zum Atomkraftwerk in Krško einbringen. Schützenhöfer soll hier endlich seine Rolle wahrnehmen!
Kunasek: Der erste steirische Schritt muss einmal klar heißen: Raus aus der Kopf-in-den-Sand-Politik!

Was wollen Sie nun konkret von der Oppositionsbank aus bewirken?
Kunasek: Jedem ist klar, um welchen Sicherheitswahnsinn es sich bei Krško handelt. Aber es braucht auch ein entschiedenes Handeln. Und wir lassen hier nicht locker! Wir müssen im Energiebereich eine Veränderung schaffen - das heißt, Energie gewinnen, ohne die Bevölkerung zu gefährden.
Krautwaschl: Im Endeffekt muss der Landeshauptmann die Sache politisch in die Hand nehmen - endlich. Das hat eine andere Wirkung, als wenn jemand eine Petition unterzeichnet.

Wäre hier nicht ein Intervenieren auf Bundesebene der erfolgversprechendste Weg? Im Regierungsprogramm ist etwa von einem konsequenten Weg gegen Atomkraft die Rede. Konkrete Signale hat man hier auf Bundesebene - auch von den Grünen - nicht vernommen...
Krautwaschl: Doch, hier ist schon einiges passiert. Im Mai gab es bereits ein klares Bekenntnis von Bundesministerin Gewessler, dass sie sich auch für den europäischen Atomausstieg stark machen will und wird. Das ist jetzt dringend notwendig.
Kunasek: Auch Österreich hat eine starke Stimme auf europäischer Ebene. Es geht vor allem darum, eine Diskussion in der EU loszutreten. Die Bundesregierung muss natürlich auch gegen gewisse Lobbys auftreten.

Also raus aus dem Atom-Wahnsinn?
Kunasek: Österreich finanziert den Euratom-Vertrag mit rund 40 Millionen Euro pro Jahr. Das ist eine Summe, die wir in erneuerbare Energie stecken sollten.
Krautwaschl: Es gibt jetzt sogar eine Initiative von sieben EU-Staaten, die Atomenergie als klimafreundlich verankern wollen. Dem ist ganz klar entgegenzutreten.

Zurück in die Steiermark: Wird es auch im Landtag eine grün-blaue Allianz gegen Krško geben?
Kunasek: Ich würde mir erwarten, dass alle Abgeordneten auf ihre Parteichefs einwirken: Der Landtag soll an einem Strang ziehen! Das Thema ist so wichtig, dass Parteigrenzen nicht gelten dürfen. Es gibt immer wieder Allianzen, man hört nur wenig darüber. Beim Thema Krško könnten wir Politiker der Bevölkerung zeigen: Es gibt nicht nur Streit!
Krautwaschl: Da kann ich mich nur anschließen: Wichtige Themen brauchen einen möglichst breiten politischen Konsens.

„Woher sollen sie dann ihren Strom nehmen?“, fragte ein „Krone“-Leser. Was würden Sie ihm antworten?
Krautwaschl: Die Politik muss auf die Experten hören. Diese sagen ganz klar: Energiewende geht nur mit einer Reduktion von Verschwendung. Das ist natürlich kein einfacher Weg.
Kunasek: Man muss aber aufpassen, dass Umwelt- und Klimaschutz keine Fragen des Geldbörsels werden. Einige werden sich in diesen Bereichen leichter tun, andere schwerer.

35 Jahre Tschernobyl-Katastrophe: Wie haben Sie das Unglück erlebt?
Kunasek: Ich hab als Kind alles mitbekommen, wir durften etwa nicht rausgehen, um Fußball zu spielen. Es war natürlich keine angenehme und schöne Zeit. Der Jahrestag der Katastrophe heuer sollte eigentlich wachhalten und wachrütteln. Das, was sich damals abgespielt hat, darf nie wieder passieren! Mein Sohn ist zwei Jahre alt, so etwas möchte ich ihm, uns allen und unseren nachfolgenden Generationen ersparen.
Krautwaschl: Ich bin ins Gymnasium gegangen. Allerdings konnte ich damals die Dimension überhaupt nicht erfassen, was da wirklich passiert ist.

Birgit Samer
Birgit Samer
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