Wenn die Lunge völlig zerstört ist, hilft nur Organtransplantation. Wiener Ärzte im AKH sind bei dem komplizierten Eingriff Weltspitze.
Sechs Menschen aus ganz Österreich sind es schon, denen durch Spenderorgane das Leben gerettet werden konnte. Das ist die höchste Anzahl seit Beginn der Pandemie an nur einem Zentrum. Danach folgen Einrichtungen in Chicago und Florida.
Die erste Patientin, eine 45-jährige Kärntnerin - die „Krone“ berichtete - kam bereits im vergangenen Mai dran. Es war für sie die letzte Möglichkeit zu überleben. Wie auch für alle anderen Betroffenen.
Spenderorgane vergibt die Stiftung Eurotransplant, eine europäische Service-Organisation, unter streng medizinischen Kriterien. Schwerstkranke Covid-Patienten erhalten eine hohe Dringlichkeitsstufe. Das Lungentransplantationsprogramm am Wiener AKH wurde über drei Jahrzehnte hinweg von Univ.-Prof. Walter Klepetko als internationales Spitzenzentrum etabliert.
„Transplantation bei Covid-Patienten ist extrem komplex“
Nachfolger Univ.-Prof. Konrad Hötzenecker, der auch schon Niki Lauda operiert hatte: „Die Transplantation bei Covid-Patienten ist extrem komplex, weil diese davor schon wochenlang auf der Intensivstation beatmet oder mit einem maschinellen Lungenersatzverfahren behandelt werden. Der Erfolg ist nur im Team möglich. Wenn wir nicht so starke Partner auf der Anästhesie und Intensivmedizin hätten, spezialisiertes Pflegepersonal, Physiotherapeuten und viele mehr hätten, würden wir diese Patienten nicht durchbringen.“
Rettende Transplantation
Prof. Konrad Hötzenecker, Leiter der Universitätsklinik für Thoraxchirurgie an der MedUni Wien, im Gespräch mit der „Krone“.
„Krone“: Wie geht es der ersten transplantierten Covid-19-Patientin heute?
Konrad Hötzenecker: Ihr geht es jetzt wieder gut. So wie auch allen anderen Betroffenen, die weltweit eine neue Lunge bekommen haben. Insgesamt sind das etwa 30, sechs Personen wurden in unserem Zentrum am Wiener AKH operiert. Sie haben nun alle reelle Chancen, in Zukunft wieder ein normales Leben zu führen.
Was macht das Besondere aus im Vergleich zu anderen Operationen, bei denen Lungen verpflanzt werden?
Es ist technisch höchst aufwendig, es braucht hohe intensivmedizinische Expertise und ein Team verschiedener Abteilungen, das extrem gut aufeinander abgestimmt ist. Die Erkrankten befinden sich in einem lebensgefährlichen Zustand.
Welche Patienten kommen dafür infrage?
Schwerstkranke Covid-Patienten, die sich ansonsten niemals wieder erholen würden und deren Lungen trotz aller therapeutischen Maßnahmen eigentlich komplett zerstört sind. Man wartet etwa vier bis sechs Wochen ab, ob sich der Zustand vielleicht doch verbessert. Obwohl die Covid-19-Erkrankung bereits überstanden ist, geht der Schädigungsprozess aber oft weiter. Es handelt sich bei unseren Patienten durchwegs um jüngere Menschen zwischen 45 und 60, Menschen, die eigentlich noch viel vorgehabt hätten.
Bestanden bereits Vorerkrankungen?
Nein, eigentlich nicht. Zumindest nichts Gröberes. Die meisten waren bis zur SARS-CoV-2-Infektion gesund. Warum sich das dann manchmal so dramatisch entwickelt, wissen wir noch nicht und können es auch nicht voraussagen.
Sind noch weitere solcher Transplantationen geplant?
Bisher haben wir bereits über 40 Anfragen aus ganz Österreich erhalten, die Operation war bis jetzt eben für diese sechs Fälle durchführbar. Weitere fünf werden derzeit noch untersucht.
Die Lunge ist ein Atmungsorgan, das aus zwei Hälften besteht und im Brustkorb etwa zwischen Schlüsselbein und Zwerchfell liegt. In ihrem Gewebe findet der Luft- und Gasaustausch statt. Bei jedem Atemzug gelangt etwa ein halber Liter Luft in die Lunge, bei Anstrengung noch weit mehr. Eine „Covid-Lunge“ ist narbig durchwachsen schrumpft zusammen (siehe Röntgenbild unten).
Wenn sich das über mehrere Wochen hinzieht, wird auch der Brustraum kleiner. Für eine Transplantation muss man dann ein Organ finden, dass zwar groß genug ist für den Empfänger, aber dennoch gut eingepasst werden kann. Im rechten Bild unten ein gesundes Spenderorgan.
Karin Podolak, Kronen Zeitung
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