In letzter Minute

Sensation im AKH: Neue Lunge rettet Corona-Opfer

Kärnten
23.05.2020 17:00

Im Wiener AKH bekam erstmals eine Patientin (45), deren Organ durch das Coronavirus zerstört wurde, ein Transplantat. Die Kärntnerin ist schon nach wenigen Tagen wieder auf dem Weg der Besserung.

Es war die sprichwörtliche Rettung in letzter Minute. Als das Spenderorgan eintraf, konnte die Sauerstoffversorgung der Patientin nur mehr durch eine künstliche Pumpe aufrecht erhalten werden: ECMO (Extrakorporale Membranoxygenierung), ein Apparat, der das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff anreichert und zurückführt. Die Kärntnerin traf die Infektion mit dem neuartigen Coronavirus ohne Vorerkrankung, aus voller Gesundheit so schwer, dass ihre Lunge versagte.

Es blieb nichts unversucht
Neben den neuesten Medikamenten kam sogar eine Blutplasma-Therapie zum Einsatz. Dennoch wurde der Zustand der Frau immer schlechter. Ohne eine neue Lunge hätte sie keine Überlebenschance gehabt - eine Transplantation, die bei Covid-19 in Europa noch nie durchgeführt und bis jetzt auch nur zweimal in China gewagt wurde. Das Hauptproblem bei Organverpflanzungen ist, dass Medikamente gegen eine Abstoßungsreaktion verabreicht werden müssen, welche die Immunabwehr unterdrücken - in diesem Fall bei einer hochinfektiösen Erkrankung. Dafür benötigte es ein Team von Spezialisten aus vielen Fachrichtungen.

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Als die Patientin mit dem Hubschrauber des Österreichischen Bundesheeres zu uns ins AKH kam, war ihr Zustand schon sehr kritisch. Es stellte sich zum Glück heraus, dass die anderen Organe weitgehend funktionierten und keine aktiven Viruspartikel mehr vorhanden waren. So konnte sie für eine Spenderlunge auf die Warteliste gesetzt werden.

Univ.-Prof. Dr. Walter Klepetko, Leiter der Klin. Abteilung für Thoraxchirurgie, MedUni Wien

Erst ein zweites Organangebot stellte sich als passend heraus, sodass die Operation am 18. Mai stattfinden konnte. Mit Erfolg, der Patientin geht es von Tag zu Tag besser.

Wie findet man aber ein geeignetes Spenderorgan?
Verantwortlich für die Zuteilung von Organen ist die Stiftung Eurotransplant, eine zertifizierte Service-Organisation, über ein gemeinsames Meldesystem und eine zentrale Warteliste. Nur unter bestimmten medizinischen Voraussetzungen (Übereinstimmungsmerkmale) zwischen Spender und Empfänger ist eine Transplantation möglich. Die Österreicherin stellt in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar - geht sie doch als 2000. Patientin mit einer neuen Lunge in die Geschichte des Lungentransplantationszentrums der MedUni Wien ein.

Ein falscher Skandal richtete viel Schaden an
Weniger erfreulich war im Herbst des Vorjahres ein angeblicher Organspende-Skandal, der, ausgehend von einem Artikel der „Süddeutschen Zeitung“, auch hierzulande für Aufsehen sorgte. Der Schaden für das Image der Chirurgie, der Medizinischen Universität Wien und des gesamten Transplantationswesens war enorm. Von Bereicherung und Benachteiligung österreichischer Patienten hörte man - eine Intrige, wie sich bald herausstellte.

Professor Walter Klepetko, der Leiter der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie an der MedUni Wien: „Die anonymen Vorwürfe, die nur von einem Insider kommen konnten, erwiesen sich als völlig haltlos.“ Der Fall liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft. „Das ist eigentlich gut so, damit dort alles klargestellt wird. Ich sehe dem Ausgang zuversichtlich entgegen, da mittlerweile klare Beweise für die Haltlosigkeit aller Anschuldigungen vorliegen“, so der Experte. 

Keine Regelverstöße
„Eurotransplant hat schriftlich bestätigt, dass keine Regelverstöße vorliegen, das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheit (ÖBIG) hat die Organbilanzen kontrolliert und als hoch positiv für Österreich berichtet, die Ärztekammer hat alle Verrechnungen und Honorare als legal und adäquat eingestuft. Ein internationales Audit ergab, dass keine Manipulationen durchgeführt wurden, und bescheinigte uns stattdessen eine hervorragende Behandlungsqualität.“

Seit dem Start im Jahr 1989 hat sich das Wiener Lungentransplantationsprogramm zu den größten der Welt entwickelt. Als besonderer Verdienst des Wiener Programms gilt das Training und die Ausbildung von weit über 100 Medizinern aus benachbarten Ländern, verbunden mit dem Aufbau der dortigen lokalen Programme. Daneben wurde zweimal jährlich ein internationaler Ausbildungskurs für Kollegen verschiedenster Fachrichtungen aus mehr als 30 Ländern abgehalten. Wegen des großen Erfolges wurde dieser Kurs von Toronto übernommen und findet seither als „Vienna-Toronto Lungentransplantationsakademie“ abwechselnd in der Bundeshauptstadt und der kanadischen Metropole statt.

Kronen Zeitung

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