Facebook und WhatsApp rücken näher zusammen: Der Messengerdienst will Daten seiner Nutzer künftig außerhalb Europas mit dem sozialen Netzwerk und anderen Diensten teilen. Die Datenschutzerklärung wurde bereits entsprechend angepasst. Wer ihr nicht zustimmt, kann WhatsApp künftig nicht mehr nutzen. Das freut die Konkurrenz: Viele User wandern jetzt zu WhatsApp-Rivalen ab. Wir stellen sie Ihnen vor.
WhatsApp hat ein Beinahe-Monopol auf die Kommunikation der Österreicher: Laut der Regulierungsbehörde RTR nutzen die Österreicher im Monat rund 300 Minuten lang WhatsApp, während andere Social-Media-Dienste wie Snapchat oder der Facebook-Messenger nicht einmal auf ein Zehntel davon kommen. Kein Wunder: So gut wie jeder Smartphone-Nutzer hat WhatsApp auf seinem Handy. Auf anderen Kanälen findet man den gewünschten Kontakt oft gar nicht.
Das ist eines der wenigen Male, dass die Datenschutzgrundverordnung gewirkt hat.
Max Schrems, noyb.eu
„Durch die neuen AGB wird es für die Österreicher nicht anders als vorher“, sagt der heimische Datenschutzexperte Max Schrems von der NGO noyb.eu zu krone.at. „Das ist eines der wenigen Male, dass die DSGVO gewirkt hat.“ Ein Wechsel sei angesichts dessen, dass hinter WhatsApp der gewinnorientierte Konzern Facebook stehe, langfristig aber vielleicht trotzdem sinnvoll.
Mit den neuen AGB, deren Einführung Facebook angesichts der Nutzerabwanderung nun auf Mitte Mai verschoben hat, beginnt die WhatsApp-Dominanz tatsächlich ein wenig zu bröckeln. Viele User, denen Facebooks Umgang mit privaten Daten zuwider ist, nehmen die AGB-Änderung zum Anlass für einen Wechsel. Ihr Exodus führt sie meist zu drei Rivalen, die mit hoher Sicherheit und starker Verschlüsselung werben. Zwei von ihnen sind kostenlos.
Signal: Der Messenger, den Snowden nutzt
Eine der beliebtesten Alternativen zu WhatsApp ist der Messenger Signal. Er macht den Umstieg leicht: Das Interface ähnelt stark jenem von WhatsApp. Bei Signal handelt es sich um Open-Source-Software. Das bedeutet, dass der Programmcode von jedermann eingesehen und von unabhängigen Experten auf seine Sicherheit überprüft werden kann.
Die App wird beispielsweise vom NSA-Whistleblower Edward Snowden empfohlen. Auch der österreichische Jurist und Datenschutzaktivist Max Schrems schwört auf die App. „Das ist eine gemeinnützige Lösung ohne Gewinninteressen“, weiß Schrems. Signal habe zwar seinen Sitz in den USA und falle daher nicht unter EU-Datenschutzrecht. Weil das Tool Open-Source sei, könne man seine Sicherheit aber trotzdem gut nachvollziehen.
Für Signal gibt es eine Windows-Software, mit der man es - ähnlich wie WhatsApp - am PC mit der Tastatur nutzen kann. Signal ist kostenlos, für Android und iOS verfügbar und finanziert sich über Spenden - etwa von der Freedom of the Press Foundation.
Telegram: Beliebter Messenger mit schlechtem Ruf
Weil sie von IS-Terroristen genutzt wurde, die ihre Kommunikation verschleiern wollten, und bei Verschwörungstheoretikern populär ist, hat die Chat-App Telegram aus Russland einen schlechten Ruf. Gründer Pawel Durow - er hat auch das „Russen-Facebook“ Vkontakte erfunden - hat sich aber auch den Ruf gemacht, den Messenger mit Zähnen und Klauen vor Abhör-Versuchen zu verteidigen und lieber die Firma zu verlegen als zu kooperieren.
Als der russische Geheimdienst verlangte, auf Telegram-Daten zugreifen zu dürfen, verließ das Unternehmen Russland, mittlerweile ist es in Dubai zu Hause. Telegram bietet Verschlüsselung, die sei aber standardmäßig nicht aktiviert, moniert Schrems. Telegram ist außerdem nicht Open Source. Unabhängige Tests sind also nicht möglich. Telegram bietet Apps für Windows und MacOS, Zugriff per Browser und ist kostenlos für Android und iOS verfügbar.
Threema: Schweizer Krypto-Messenger kostet Geld
Der einzige ernsthafte WhatsApp-Rivale, der kostenpflichtig ist, kommt aus der Schweiz. Threema war einer der ersten Messenger, die auf Verschlüsselung und Privatsphäre setzen und lockte bereits vor Jahren bei der Übernahme von WhatsApp durch Facebook Umsteiger an. Es gibt ein Web-Interface und verschlüsselte Sprachtelefonie. Die Kommunikation läuft über Server in der Schweiz.
Der Nachteil des Schweizer Krypto-Messengers, der von einem unabhängigen eidgenössischen IT-Sicherheitslabor untersucht und als sicher befunden wurde: Er wird in Apples App Store und im Google Play Store für drei bis vier Euro angeboten, kostet also Geld. Das erhöht die Einstiegshürde, dadurch hat es Threema bisher nicht zu allzu großer Verbreitung gebracht.
Messenger im Sicherheits-Check
Wie sich die Messenger in puncto Sicherheit schlagen, zeigt ein Vergleich von IT-Sicherheitsspezialist Mike Kuketz. Diesem zufolge ist es egal, für welche der Alternativen man sich entscheidet. Hauptsache, man verwendet nicht WhatsApp oder die ebenfalls schlecht abschneidenden Mitbewerter iMessage und Skype.
Ganz klar, ist @signalapp der momentan der empfehlenswerteste Krypto-Messenger.
— Christian Fomm (@fomm_io) January 8, 2021
Von Mike Kuketz gibt es eine schöne Übersicht. @kuketzbloghttps://t.co/AziSw8hKRUpic.twitter.com/f3q6SrwT7H
Fazit: Alternativen zu WhatsApp gäbe es genug - sogar eine, die vom NSA-Enthüller Edward Snowden empfohlen wird, als Open-Source-Software von Sicherheitsforschern auf der ganzen Welt durchleuchtet und auf Schwachstellen abgeklopft werden kann. Doch die beste Verschlüsselung nutzt nichts, wenn die Nutzerbasis fehlt. Und da hat WhatsApp den Rivalen noch einiges voraus: Gut zwei Milliarden Menschen nutzen WhatsApp; Telegram kommt, zum Vergleich, nach jüngsten Zuwächsen auf 500 Millionen Nutzer.
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