Krawalle in Washington

Trump-Anhänger stürmen US-Kapitol – vier Tote!

Ausland
07.01.2021 05:36

Am Tag der entscheidenden Sitzung - es geht um die endgültige Bestätigung der Ergebnisse der Präsidentenwahl - ist es im US-Kongress in Washington am Mittwoch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen vor und im Kapitol gekommen. Anhänger Donald Trumps stürmten das Gebäude - die Parlamentskammern mussten ihre Debatten vorübergehend stoppen, die Abgeordneten in Sicherheit gebracht werden. Vor dem Sitzungssaal des Repräsentantenhauses fand eine Konfrontation mit Bewaffneten statt. Eine Frau wurde angeschossen und starb später an ihren Schussverletzungen, drei weitere Personen verloren im Zuge von „medizinischen Notfällen“ ihr Leben, bestätigte die Polizei der US-Hauptstadt. Auch wurden Rohrbomben und Molotowcocktails gefunden, 52 Personen wurden festgenommen.

Der scheidende US-Präsident hatte die Ausschreitungen indirekt angestachelt. Kurz vor dem Start der Kongresssitzung trat Trump nahe dem Kapitol vor seinen Anhängern auf, wiederholte die haltlosen Wahlbetrugsbehauptungen und rief seine Unterstützer dazu auf, zum Kapitol zu ziehen. Sie dürften sich den „Diebstahl“ der Wahl nicht gefallen zu lassen. Hunderte Unterstützer marschierten daraufhin auf den Sitz des Parlaments zu, einige lieferten sich Handgreiflichkeiten mit Einsatzkräften. 

Sitzungen nach Eindringen von Demonstranten unterbrochen
Einer Gruppe von Trump-Anhängern gelang es, bis in das Kapitol einzudringen. Sie marschierten etwa durch die National Statuary Hall, in der Statuen von bekannten Amerikanern ausgestellt sind. Einige Demonstranten versuchten sogar, über die Fensterputzanlage an der Fassade in Büroräumlichkeiten einzudringen.

Polizei zückte Schusswaffen im Kapitol, Einsatz von Tränengas
Die Polizei zückte schließlich Schusswaffen, um Abgeordnete im Kapitol zu schützen. Der Abgeordneter Dan Kildee berichtete über Twitter. „Wir sind angewiesen worden, uns auf den Boden zu legen und unsere Gasmasken anzulegen.“ Ein anderer Abgeordneter, Jim Himes, berichtete über Twitter aus dem Kongress, in der Rotunde des Kapitols werde Tränengas eingesetzt. Ein AFP-Fotograf sah eine rauchartige Substanz in dem runden Raum unter der Kuppel innerhalb des Gebäudes, wo hundert oder mehr Demonstranten versammelt waren.

Video: Trump-Anhänger wüten im Kapitol

Trump ruft Anhänger dazu auf, nach Hause zu gehen
Unter anderem vom künftigen Präsidenten Joe Biden öffentlich dazu aufgefordert, appellierte Trump schließlich an die Demonstranten, friedlich nach Hause zu gehen. Gleichzeitig goss er aber neuerlich Öl ins Feuer, indem er wiederholte: „Diese Wahl wurde mir, wurde uns gestohlen.“ Er verstehe den Ärger der „guten Menschen“, aber „wir müssen Frieden haben, wir müssen Recht und Ordnung haben“ und die Sicherheitskräfte respektieren, sagte Trump in einer auf Twitter verbreiteten Videobotschaft, die später von dem Kurznachrichtendienst ebenso wie weitere Tweets des Präsidenten gelöscht wurde. Ivanka Trump teilte einen Tweet ihres Vaters und sprach die Randalierer als „amerikanische Patrioten“ an, löschte ihren Tweet allerdings wenig später wieder, wie CNN berichtete.

Abgeordnete sprechen von „Umsturzversuch“
Das Weiße Haus, in das der scheidende Präsident nach seiner Rede zurückgekehrt war, wurde in „erhöhte Sicherheitslage“ versetzt, hieß es mit Blick auf die Entwicklungen. Charles Ramsey, der frühere Chef der DC Metropolitan Police, bezeichnete das Eindringen ins Kapitol von Pro-Trump-Demonstranten als „so nah an einem Putschversuch, wie dieses Land es jemals gesehen hat“. Auch ein republikanischer Kongressabgeordneter, der Trump-Unterstützer Adam Kinzinger, und andere Abgeordnete sprachen von einem „Umsturzversuch“.

Eine Frau starb durch Schüsse, weitere drei Tote zu beklagen
Vier Personen kamen bei den Randalen ums Leben. Wie die Polizei der US-Hauptstadt Donnerstagfrüh MEZ mitteilte, seien drei Personen im Zuge von medizinischen Notfällen gestorben, eine an den Folgen von Schussverletzungen. Die Frau war im Kapitol angeschossen worden. „Darüber hinaus wurden heute drei weitere Todesfälle aus der Umgebung des Kapitols gemeldet: Eine erwachsene Frau und zwei erwachsene Männer scheinen an unterschiedlichen medizinischen Notfällen gelitten zu haben, die zu ihrem Tod führten“, gab Polizeichef Robert Contee bekannt.

Weder machte Contee nähere Angaben zu der Erschossenen noch zu der Art dieser Notfälle. Der Vorfall rund um die Schussverletzungen werde intern untersucht, kündigte der Polizeichef an. Contee sagte weiter, bei den Zusammenstößen seien mindestens 14 Polizisten verletzt worden, zwei davon schwer. Einer der Schwerverletzten sei von Demonstranten in die Menge gezogen und dort angegriffen worden, der zweite habe erhebliche Gesichtsverletzungen erlitten, als er von einem Projektil getroffen worden sei.

Rohrbomben und Molotowcocktails entdeckt
Nach Angaben des Polizeichefs wurden zwei Rohrbomben und in einem Fahrzeug Molotowcocktails entdeckt worden. Auch das FBI teilte mit, es habe zwei mutmaßliche Sprengsätze entschärft. Bis zum Abend habe die Polizei 52 Personen festgenommen - vier wegen verbotenen Waffenbesitzes und 47 wegen Verstoßes gegen die nächtliche Ausgangssperre, die um 18 Uhr (Ortszeit) in Kraft trat. Die Hälfte dieser Festnahmen seien auf dem Gelände des Kapitols erfolgt.

Kongress will Sache zu Ende bringen
In der Hauptstadt trat eine Ausgangssperre in Kraft. Die von Bürgermeisterin Muriel Bowser angeordnete Maßnahme zur Eindämmung der Proteste von Trump-Anhängern gilt bis Donnerstag früh um 6 Uhr, hieß es. Der Kongress setzte die von den Krawallen unterbrochene Zertifizierung des Wahlergebnisses fort. Man habe beschlossen, mit der Sitzung des Repräsentantenhauses weiterzumachen, sobald der Kongresssitz wieder dafür freigegeben sei, kündigte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, an. Man werde die Sache zu Ende bringen. Der Bundesstaat Virginia schickte die Nationalgarde und 200 Landespolizisten in die benachbarte Hauptstadt. 

Trump: „Wir werden niemals aufgeben“
Der Demokrat Joe Biden hatte bei der Präsidentenwahl im November klar gegen Amtsinhaber Trump gewonnen und soll am 20. Jänner als neuer US-Präsident vereidigt werden. Trump nährt bei seinen Unterstützern jedoch seit Wochen ohne Beweise die Legende, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Dutzende entsprechende Klagen Trumps wurden von US-Gerichten als haltlos abgeschmettert. Auch nach den Stichwahlen um zwei Senatssitze in Georgia am Dienstag, bei der die Republikaner am Mittwoch eine schwere Niederlage einfuhren, sagte Trump: „Wir werden niemals aufgeben“ oder eine Niederlage eingestehen. „Wir haben diese Wahl gewonnen, und wir haben sie mit einem Erdrutsch gewonnen.“ Es handle sich um reinen Diebstahl.

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