Ausblick auf 2021

AMS-Chef: „Viele junge Menschen sind verloren“

Steiermark
05.01.2021 08:00

Die Lage am steirischen Arbeitsmarkt ist auch rund um den Jahreswechsel äußerst angespannt. 54.668 Personen sind beim AMS als arbeitslos gemeldet, das ist ein Plus von fast 25 Prozent zum Vorjahr. AMS-Landesgeschäftsführer Karl-Heinz Snobe glaubt an eine Entspannung ab Mai, das Vorkrisenniveau ist aber noch lange unerreichbar. Und er macht sich um einige Gruppen besonders große Sorgen.

Herr Snobe, wie präsentiert sich der steirische Arbeitsmarkt jetzt zum Jahreswechsel?
Das vergangene Jahr war so krisengebeutelt, sodass uns die Zahlen Ende Dezember nicht überrascht haben. Es sind etwa 25 Prozent mehr Arbeitslose als vor einem Jahr. Die westlichen Bundesländer sind wegen des fehlenden Wintertourismus stärker getroffen, die östlichen Bundesländer stehen etwas besser da.

Welche gesellschaftlichen Gruppen bereiten Ihnen derzeit am meisten Sorgen?
Was uns sehr beschäftigt: Bei uns ist die Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen geringer als in vergleichbaren Bundesländern. Der Verdacht ist, dass sich junge Menschen vom Arbeitsmarkt zurückziehen und gar nicht bei uns melden. Ich befürchte, sie sitzen zuhause und wissen nicht, wie es weitergeht. Diese jungen Menschen sind „verloren“, da müssen wir im Frühjahr unbedingt nachfassen.

Welche Menschen sind noch besonders betroffen?
Bei den Langzeitarbeitslosen haben wir eine Steigerung von 47 Prozent. Anfang März rutschen auch jene, die im ersten Lockdown arbeitslos wurden und dann nie mehr in Beschäftigung waren, in diese Kategorie.

Wird sich die Lage heuer entspannen - und wann?
Ich rechne mit Mai oder Juni. Der Sommer 2020 hat gezeigt, dass viele Firmen nach Ende des Lockdowns Mitarbeiter, die oft überstürzt gekündigt wurden, wieder zurückholen. Wenn die gefährdeten Gruppen durchgeimpft sind und die Politik das Ende der Lockdowns erklärt, wird wohl auch die Wirtschaft rasch positiv reagieren.

Welche Menschen werden davon profitieren?
Zunächst jene, die als letztes arbeitslos gemeldet wurden. Eher übrig bleiben werden Langzeitarbeitslose, Ältere und Menschen mit Einschränkungen.

Wird bald wieder das Vorkrisenniveau erreicht?
Nein, ich rechne heuer mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um fünf bis vielleicht acht Prozent - aber wir hatten im Vorjahr eine Steigerung von 40 Prozent! Es wird mindestens drei bis vier Jahre brauchen, um wieder auf das Niveau von 2019 zu kommen.

Noch immer oder schon wieder sind viele Steirer in Kurzarbeit. Hat sich dieses Instrument bewährt?
Ja, es ist ein absolut sinnvolles Instrument für einen Lockdown, ein „Hardcore-Kriseninstrument“. Es ist zwar teuer, aber wirtschaft-, arbeitsmarkt- und sozialpolitisch richtig. Die Menschen bleiben in Beschäftigung, und wenn es für die Betriebe besser läuft, arbeiten sie wieder mehr. Die Firmen haben hohe Flexibilität.

Wie lange soll es diese Kurzarbeit noch geben?
Ich bin dafür, die großzügige und kostenintensive Corona-Kurzarbeit zu beenden, sobald die Lockdowns zu Ende sind. Wir sollten dann zur normalen Kurzarbeit zurückzukehren.

Es wird aber erwartet, dass es am Ende der großzügigen staatlichen Hilfe und der vielen Stundungen eine Pleitewelle gibt.
Wir werden mit einer Insolvenzwelle zu kämpfen haben, für einige Betriebe wird es nicht reichen. Aber das ist eine notwendige Bereinigung der Wirtschaftswelt. Ich rate Beschäftigten in solchen „Zombiefirmen“, sich jetzt schon um einen neuen Arbeitsplatz umzuschauen.

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