Anschober warnt:

„Schwierigste Phase“ für Intensivmedizin kommt

Politik
18.11.2020 15:48

Das Thema Corona hat am Mittwoch die Debatte zum Gesundheitsbudget im Nationalrat dominiert. Gesundheitsminister Rudolf Anschober erklärte, die heutige Zahl der Neuinfektionen von 7091 sei „keine erfreuliche“, es handle sich weiterhin um eine „Stabilisierung auf dramatisch hohem Niveau“, die „schwierigste Phase“ für die Intensivmedizin stünde noch bevor. Kein gutes Haar ließ die Opposition am Zahlenwerk der Regierung - es schwebe etwa das „Damoklesschwert“ der Beitragsstundungen von 1,8 Milliarden Euro über den Krankenkassen, sagte SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum.

Wie die meisten Redner dankte Minister Anschober (Grüne) allen im Gesundheitsbereich tätigen Personen. Am vergangenen Mittwoch seien es mit 7514 Neuinfektionen „deutlich mehr“ als diesen Mittwoch gewesen, sagte Anschober. Dennoch sprach er von dramatischen Zahlen und appellierte an alle, in der Pandemie-Bekämpfung weiter zusammenzuhalten. „Es erfolgt eine Stabilisierung, wir sind aber noch nicht bei der notwendigen Trendwende, die wir für eine drastische Verringerung brauchen“, betonte er.

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Überall geraten die Gesundheitssysteme an ihre Grenzen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)

Auch verwies Anschober auf die „Notlage“ im Bereich der Intensivmedizin. Diese bestehe in ganz Europa: „Überall geraten die Gesundheitssysteme an ihre Grenzen.“ In Österreich werde man in der kommenden Woche im Bereich der Intensivmedizin in die „schwierigste Phase“ kommen, so seine Prognose. Viele im Gesundheitswesen Tätige hätten Angst davor, dass man in einigen Wochen in die Situation kommen könnte, dass es zu Triagen in Spitälern kommt. „Wir alle tun alles gemeinsam dafür, dass diese Situation nicht Wirklichkeit wird.“

Aktuell ist die Situation in den Spitälern tatsächlich mehr als angespannt. So zeigt ein der „Krone“ vorliegender Bericht, das aktuell etwa in Kärnten nur drei Intensivbetten für Covid-19-Patienten frei sind. Sieben sind es derzeit in Salzburg, acht im Burgenland. Angesichts der weiterhin hohen Infektionszahlen ein eher beunruhigender Faktor ...

Anschober erwartet Entspannung für Anfang Dezember
Wenn aber die Zahlen wie erwartet weiter runtergehen, dann erwarte er für Österreich Anfang Dezember eine Entspannung in der intensivmedizinischen Betreuung. „Ich hoffe, dass wir alle bis dahin gut durchhalten.“ Derzeit arbeite die Regierung „sehr intensiv“ an der Frage, wie es nach dem für 6. Dezember geplanten Ende des Lockdowns weitergehen wird, sagte Anschober.

Bedenken vor allem der FPÖ, der Lockdown könnte über den 6. Dezember hinweg fortgesetzt werden, versuchte der Ressortchef zu zerstreuen. Er habe diesbezüglich bei einer Sendung des Privatsenders Puls 4 „missverständlich formuliert“. Es gehe ihm nicht darum, dass der Lockdown über den 6. Dezember hinweg anhält, sondern dessen Wirkung, betonte er.

Für die Zeit nach dem 6. Dezember sei ein „umfassendes Programm“ in Vorbereitung: Dabei gehe es um die Beschleunigung der Kontaktnachverfolgung, aber auch um umfangreiche Schutzmaßnahmen für die ältere vulnerable Bevölkerung. Es werde auch „mehr Testungen“ geben, aktuell liege deren Zahl zwischen 30.000 und 40.000 pro Tag. Durch die Einbindung von niedergelassenen Ärzten und Apothekern werden sich die Zahl der Tests auf 40.000 bis 50.000 täglich erhöhen, erwartet Anschober. Auch sehe sich die Regierung aktuell die Möglichkeit von Massentestungen an.

Impfungen könnten bereits im Jänner starten
Sehr optimistisch zeigte sich Anschober neuerlich zur Frage der Impfung. Er verwies auf seine vor rund zwei Monaten getätigte Aussage, dass man eventuell schon im Jänner damit beginnen könnte. Wenn man sich die Meldungen der letzten Tage anschaue, dann sehe man, dass diese Annahme „sehr bald“ Realität werden könnte. Man sei vorbereitet, habe „sehr, sehr gute Verhandlungen mit der EU - und dadurch mit den Impfstoffproduzenten“ verwirklicht. „Wir gehen davon aus, dass wir uns vorbereiten müssen, können, dürfen, auf einen Start im Jänner.“

Zu den Sorgen bei der Kassenfinanzierung sagte Anschober, man haben seit Wochen sehr gute Gespräche mit der Gesundheitskasse. Er sei zuversichtlich, dass es zu keiner Qualitätsverschlechterung oder Verschlechterung der Versorgung kommen wird.

Opposition befürchtet „Abwälzung auf Versicherte“
Zuvor hatte SPÖ-Abgeordnete Nussbaum betont, ihr Fraktion werde sich „vehement dagegen stellen, dass Verluste (der Krankenkassen, Anm.) auf die Versicherten abgewälzt werden“. Sollten Unternehmen infolge der Corona-Krise in Insolvenz gehen, dann müssen die gestundeten Beiträge abgeschrieben werden, betonte sie. „Gesundheit kostet Geld. Wenn wir weiter diese Leistung haben wollen, müssen wir handeln.“ Es sei fahrlässig, wenn weniger Geld vorhanden ist. So sei etwa für die Krankenanstalten-Finanzierung um 170 Millionen Euro weniger vorhanden als 2020.

FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak verwies auf die Zahlen von 1,8 Milliarden Euro im Bundes-Gesundheitsbudget, das sind knapp 600 Millionen Euro mehr als noch heuer. Man müsse aber auch die Gesamtrelation im Auge bewahren: Die Summe würde nicht einmal 1,9 Prozent der Bundesausgaben ausmachen, sagte er. Alleine die Kosten für die beschlossene Umsatz-Entschädigung seit dem „Lockdown light“ betrage mehr als doppelt so viel, so Kaniak. „Das ist eine Priorisierung, die ich nicht nachvollziehen kann - wie wenig Geld wir für die Gesundheit ausgegeben, dafür zig Milliarden, die erst durch die Fehler der Bundesregierung entstanden sind.“ NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker thematisierte u.a. die nach wie vor „weitgehend ungesteuert“ verlaufenden Finanzierungsströme im Gesundheitssystem, dies sei „hochgradig ineffizient“, sagte er.

ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz versuchte der Opposition die Sorge vor dem finanziellen Absturz der Gesundheitskasse zu nehmen. „Da gibt es Gespräche. Es wird nicht dazu kommen, ganz im Gegenteil. Wir werden das solidarische System stärken statt zu schwächen, auch in Zeiten der Covid-Krise.“ Auch der Grüne Abgeordnete Ralph Schallmeiner betonte, der Gesundheitsminister habe eindeutig Stellung bezogen, dass der Bund dementsprechend einspringen werde.

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