Gewaltiger Schlag gegen die organisierte Kriminalität in Graz: Bei einer groß angelegten Aktion konnte die Polizei in Graz Dienstagfrüh bei fünf Hausdurchsuchungen vier Personen festnehmen, unter ihnen ein Ehepaar. Die Verdächtigen sollen mit gefälschten Reisepässen aus Nigeria Deutschprüfungen abgelegt und diese weiterverkauft haben. So wurden im großen Stil Sozialleistungen und in Einzelfällen auch die österreichische Staatsbürgerschaft erschlichen. Der Schaden dürfte sich im sechsstelligen Bereich bewegen.
Um 4 Uhr schlugen mehr als 70 Beamte der steirischen Polizei bei dieser groß angelegten Aktion (Operation Sudoku) gegen die organisierte Kriminalität im Bereich Sozialleistungsbetrug zu. Bei dieser von der Fremden- und Grenzpolizei koordinierten Razzia nahmen die Beamten drei Männer im Alter von 49 bis 59 Jahren sowie eine 38-Jährige gleichzeitig an unterschiedlichen Örtlichkeiten in Graz fest. Drei weitere tatverdächtige Männer blieben auf freiem Fuß.
Auf Sprachzertifikate spezialisiert
Zum Hintergrund: Um in Österreich an Sozialleistungen oder einen Aufenthaltstitel zu kommen, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden - unter anderem benötigt der Asylwerber ein sogenanntes Sprachzertifikat. Und darauf hat sich diese aus insgesamt sieben Personen bestehende Tätergruppierung aus Nigeria - drei sind schon Österreicher - spezialisiert.
Sozialleistungen und Staatsbürgerschaften betrügerisch erworben
Mit gefälschten Reisepässen, die via Kurier aus Nigeria kamen, absolvierten die Verdächtigen, die bereits gut Deutsch konnten, die Kurse (auch zum Thema Integration) und erlangten so die Zertifikate. Diese wurden dann an Asylwerber gewinnbringend verkauft. So konnten diese - teilweise kaum oder gar nicht unserer Sprache mächtig - nicht nur Sozialleistungen erschleichen, sondern auch die österreichische Staatsbürgerschaft.
Gemeinsam mit Dokumenten-Experten des Landeskriminalamtes Steiermark stellten die Beamten bei 523 bei Prüfungen vorgelegten nigerianischen Reisepässen insgesamt 184 Fälschungen fest. 61 dieser bundesweiten Fälle führten die steirischen Fremdenpolizisten schließlich zu den Tatverdächtigen. Bei den Hausdurchsuchungen, die von der Staatsanwaltschaft Graz und der Fremdenpolizei gemeinsam mit der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, der Diensthundeinspektion, der Polizeiinspektion Sonderdienste und Computer-Experten durchgeführt wurden, konnten zahlreiche weitere Schriftstücke sichergestellt werden.
„Grandioses Ermittlerteam“
Der Kommandant der Polizeiinspektion Paulustor (Fremden- und Grenzpolizei), Thomas Huber, lobte sein „grandioses Ermittlerteam“, dessen Arbeit nach mehr als einem Jahr mit dieser Aktion einen würdigen Abschluss fand. Ins Rollen gebracht hat die Ermittlungen übrigens eine aufmerksame Mitarbeiterin des ÖIF (Österreichischer Integrationsfonds), der auffiel, dass ein Mann mehrmals bei einer Prüfung antrat.
Jetzt geht es an die Knochenarbeit, das Auswerten der sichergestellten Gegenstände.
Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz
„Betrug an der Gesellschaft“
Da die Ermittler für das Aufarbeiten der sichergestellten Dokumente noch einige Monate benötigen werden, könne der Schaden noch nicht beziffert werden. Er bewege sich laut Chefinspektor Huber aber sicher im sechsstelligen Bereich. Allein im Jahr 2019 gab es von der steirischen „Taskforce Sozialleistungsbetrug“, die in jedem Bezirk zwei Ermittler hat, 172 Anzeigen mit einer Schadenssumme von rund 1,2 Millionen Euro. Österreichweit waren es 2250 Anzeigen mit etwa 11,5 Millionen Euro Schaden. „Ein Betrug an der Gesellschaft“, betonte Landespolizeidirektor Gerald Ortner.
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