Tipps vom Experten:

„Veränderung ist die Chance der Krise“

Steiermark
03.04.2020 06:30

Von der Isolation bekommt die Laune Kratzer - manche kommen damit besser klar als andere. Der Grazer Psychiater Michael Lehofer hat Erklärungen dafür.

Nach mehr als zwei Wochen in Isolation: Wie sieht das aus mit unserer Stimmung, vor allem, wenn man sich noch auf längere Beschränkungszeit einstellen muss?

Die Regierung hatte ja zunächst von einer Woche gesprochen, dann von drei, dann bis nach Ostern. Das war richtig so - sonst wären manche angesichts des Zeitrahmens ja gleich im Vorhinein verzweifelt. Allerdings belastet gerade dieses ,Zitzerlweise’ viele. Wie bei einem Schulkind, das stolz seine Aufgabe präsentiert, aber immer wieder zu hören kriegt: „Du kannst das noch besser, probiere es nochmal“. So etwas frustriert natürlich.

Dennoch hat man den Eindruck, dass manche besser, manche sehr schlecht mit der Situation klar kommen.

Klar, weil ja auch die Menschen anders sind. Manche kommen mit sich allein bestens zurecht, genießen die Zeit sogar - während andere verzweifeln, wenn sie sich einsam fühlen. Oder: Es gibt ja auch schlechte Beziehungen, in denen man sich gewöhnlich weit aus dem Weg geht; was nicht möglich ist. Alkohol ist übrigens ein schlechter Ratgeber!

Haben Sie etwas gegen den Genuss?

Nichts, aber gegen ein Übermaß. Alkohol enthemmt, verhindert Emotionskontrolle - was auf engem Raum, auf dem manche leben, gefährlich sein kann.

Wie kann man sich aus Ihrer Expertensicht die Etappen einer Isolation auf Gefühlsebene vorstellen?

Da gibt es Phasen von Bedrücktheit, Verzweiflung, auch durchaus des Genusses. Viele telefonieren exzessiv, lenken sich ab, kommen nicht aus, versuchen es aber, sie strampeln in der Bedrückung. Dann folgt Resignation. Nach der Phase kommt Anpassung - in der man durchaus gut leben kann.

Das Ganze lässt sich also durchstehen?

Durchstehen ist das falsche Wort, dafür dauert das zu lange. Sich auf den Zustand einstellen, ist die richtige Formulierung. Dann sieht man die positiven Seiten an seiner Lage.

Was hilft in Zeiten, in denen man doch mutlos ist?

Kontakt suchen. Ehrlich sein. Durchaus um Hilfe fragen. Gerade in Zeiten der sozialen Medien braucht niemand allein und einsam zu sein, auch wenn man das vielleicht physisch ist.

Die Umstellung zum Beispiel auf Homeoffice gestaltet sich für manche schwierig. Während man nach einem Tag im Büro die Tür zumachen kann, kann man daheim oft nicht abschalten.

Man muss sich dennoch an eine Tagesstruktur halten, dazu gehören morgens aufstehen, sich anziehen und hübsch machen, eine fixe Zeit für Sport, eine für Arbeit, eine für Freizeit sowie verlässliche Essenszeiten einplanen. Und glauben Sie mir: Wenn man daran gewöhnt ist, Veränderungen zu schätzen weiß - dann ist die frühere Situation, wenn man in diese zurückkehrt, zunächst ganz schön anstrengend!

Haben Sie einen guten Leitsatz für uns?

Veränderung ist die Chance der Krise. Und: Wir haben nur ein Leben, das müssen wir genießen. Und selbst in so einer Situation gibt es Momente, die man genießen kann. Tun wir es!

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