Sie sind mindestens 30 Jahre alt, immer seltener, aber erlaubt: Die Kfz-Kennzeichen mit weißer Schrift auf schwarzem „Taferl“. Rund 9000 sind noch in Tirol unterwegs.
Wenn Kathi Henauer in ihr Auto steigt, kann es schon passieren, dass sich die Leute auf der Straße nach ihr umdrehen – stehen bleiben, reden wollen. Denn die 82-jährige Unterländerin fährt einen „Renault 5“, Erstzulassung 1984 mit schwarzem „Nummerntaferl“. „Wenn Menschen mein Auto sehen, erinnern sie sich, erzählen, sie hatten auch einmal so ein Auto“, freut sich die Pensionistin.
Mit Rostschutz und viel Liebe gegen das Altern
Dass die 82-Jährige noch immer in diesem Fahrzeug sitzt, liegt an der Liebe, die sie in ihr Auto steckt: „Im Winter fahre ich aufgrund des Salzes nicht“, sagt sie. Mit Rostschutzmitteln und Ersatzteilen wirkt sie der natürlichen Alterung des Wagens entgegen – und so kommt es, dass sie der „Renault 5“ auch 36 Jahre nach der Anmeldung noch einwandfrei von A nach B bringt. „Und weil ich es nie um- oder abmelden musste, habe ich eben auch noch das alte ,Taferl’“, erzählt Henauer. Das gehöre nun mal zum Auto dazu.
„Visitenkarte der Nation“ wich ab 1990
Tatsächlich war dies vor 30 Jahren noch gang und gebe, doch eine starke Zunahme an Fahrzeugen erforderte damals ein neues Nummernsystem – das vorhandene war ausgereizt. Dem Wechsel auf die „neuen“ Kennzeichen ging eine heftige öffentliche Diskussionen voraus. Die „Visitenkarten der Nation“, wie sie Künstler Friedensreich Hundertwasser nannte, musste aber trotz Protesten den neuen Kennzeichen mit erhöhter Rückstrahlkraft und Lesbarkeit weichen. Ab 1990 wurden schließlich nur noch die weißen Kennzeichen ausgegeben, Verpflichtung zum Austausch der alten gibt es aber bis heute keine.
So kommt es, dass laut Verband der österreichischen Versicherungsunternehmen per 1. Jänner 2020 noch 165.000 Autos mit „altern Taferln“ durch Österreich düsen. Am meisten davon in Niederösterreich mit knapp 50.000, gefolgt von Oberösterreich, wo noch über 30.000 Kult-Kennzeichen unterwegs sind.
In Tirol gibt es exakt 9433 – und das nicht nur auf Privatautos, wie das Fahrzeug der Feuerwehr Bruckhäusl beweist. Weil auch dieses vor 1990 angemeldet wurde, hat es ein schwarzes Kennzeichen – und tut trotzdem seinen Dienst, wie Kommandant Andreas Acherer schildert. „Das Auto ist voll einsatzfähig und hat sich im Kampf gegen zig Brände bestens bewährt“, sagt der 35-Jährige. Die Formel: „Viele Streicheleinheiten und gute Pflege“, lacht der Feuerwehrmann. „Aber in den nächsten zwei oder drei Jahren werden wir es wohl oder übel austauschen müssen“, sagt Acherer. Dann wird ein weiteres Kult-„Taferl“ von Tirols Straßen verschwinden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.