Live im Metropol

Fink: „In der Musik fehlen oft Courage und Eier“

Musik
06.11.2019 10:00

Fink ist ein Musiker für die Zwischenzeilen. Ob elektronisch oder handgemacht mit Gitarre, dem kreativen Geist des umtriebigen Briten sind seit jeher keine Grenzen gesetzt. Mit seinem neuen Werk „Bloom Innocent“ kommt er nun ins bereits ausverkaufte Wiener Metropol. Im Gespräch mit der „Krone“ machte sich der Wahl-Berliner allerlei Gedanken über die kompositorischen, als auch wirtschaftlichen Seiten des Musikgeschäfts.

(Bild: kmm)

Sanfte, fast wellenartige Melodiebögen, zarte Streicher, Polyrhythmik am Schlagzeug, orientalisch anmutende Klangsphären und das fast schon buddistisch-mantraartige Organ des Frontmannes. Wer sich mit Finks brandneuem Album „Bloom Innocent“ auseinandersetzt, der taucht mehr oder weniger freiwillig in eine entschleunigte Welt voller akustischer Träumereien ein. Fin Greenall ist kein Mann für musikalische Überfälle. Seine Kompositionen gedeihen viel mehr in erhabener Beharrlichkeit und entfalten ihre Schönheit durch instrumentale Reduktion und atmosphärische Kopfgeburten. Kaum zu glauben, dass der Brite vor etwas mehr als 15 Jahren als DJ reüssierte und die elektronische Underground-Szene seiner Heimat aufmischte. „Ich hatte ein Label, das sich hauptsächlich um House kümmerte“, erzählt er der „Krone“, „ich war damals in einer völlig anderen Welt und darin tief verwurzelt.“

Große Spannung
Das Alpha und Omega für Fink waren die deutschen Elektropioniere Kraftwerk, die für ihn noch heute bahnbrechend für eine ganze Szene sind. „Die neuen, jungen Elektronik-Künstler berufen sich alle auf Kraftwerk - bewusst oder unterbewusst. Man darf aber nicht vergessen, dass Kraftwerk damals nur einen Bruchteil des heute verfügbaren Equipments zur Verfügung hatte. Früher war es viel leichter, originäre Musik zu machen. Heute haben wir die Gitarren aber schon längst alle eingestöpselt, haben die Laptops geöffnet und die Synthie-Geräte bedient. Keiner weiß was als nächstes kommt, doch gerade das macht die Musik ja auch so spannend.“

Fink, der die DJ-, als auch die Singer/Songwriter-Welt wirklich gut kennt, kann auch schlüssige Vergleiche zwischen den offensichtlich so verschiedenen Sphären ziehen. „Eigentlich gleicht sich mehr als man glaubt. Es ist einfach, eine Gitarre in die Hand zu nehmen, drei Akkorde zu lernen und einen miesen Song zu schreiben. Genauso leicht ist es einen schlechten House-Track auf dem Laptop zu basteln. Bob Dylan war die Ursuppe auf der Gitarre, Kraftwerk bei den Beats. Was beiden Welten heute oft fehlt, sind Courage und Eier. Damals gab es regelrechte musikalische Revolutionen, heute schummelt man sich durch Spotify-Playlists.“

Wider den Normen
Fink kennt das Musikbusiness aber nicht nur von der kreativen, sondern auch von der unternehmerischen Seite. Als Inhaber kleiner Indie-Labels weiß er genau ob der Schwierigkeiten in einem Business, das in der Digitalisierung alle Schritte nach vorne verschlafen hat. „Wenn du im Musikgeschäft auf Geld aus bist, bist du schon einmal falsch“, lacht er, „Labels greifen aber auch oft daneben. Sie bezahlen schöne, gecastete Frauen, finanzieren dir das Album, die Kostüme und schöne Videos und trotzdem klappt es oft nicht. Dann gibt es einen Typen wie Ed Sheeran, der keinem Schönheitsideal entspricht, aber gerade deshalb zum allergrößten Popstar der Welt wird, weil er Songs hat, die Menschen berühren. So oberflächlich das Geschäft oft auch wirken mag, er ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Qualität am Ende immer durchsetzt.“

Musik abseits der Norm zu erschaffen, neue Wege zu beschreiten - das sind wichtige Prämissen im Schaffen Finks. „Erfolg geht immer mit Mut einher. Sicherheit ist langweilig. Etwas nachzumachen wird nie funktionieren. Am Ende des Tages will ich Musik hören, in die ich mich erst einmal reinarbeiten muss.“ Reinarbeiten muss man sich auch in Finks schaffen. Wer Haken schlägt wie ein geschwinder Hase, der fordert nicht nur sich selbst, sondern auch seine Fans. Finks Alben klingen seit jeher meist kongruent zu seinem jeweiligen Musikgeschmack, weil er unweigerlich direkt davon inspiriert wird.

Glastonbury und Keith Richards
„Meine Stimme und mein Songwriting sind die Klammer, die alle meine Alben umschließen. Songs komponieren ist immer ein Ritt auf dem Drahtseil. Wir sind in erster Linie keine Schauspieler und Entertainer, sondern Musiker. Als Musiker willst du dich entwickeln und neue Pfade beschreiten. Wenn du unbedingt einmal das Glastonbury-Festival headlinen willst, dann kannst du auch nach Formeln arbeiten. Du brauchst dann Balladen, Mitklatsch-Momente, große Emotionen und eingängige Singles. Aber kannst du dir vorstellen, dass ein Keith Richards jemals so dachte, wenn er Songs komponierte?“

Fink fordert und entschlackt mit einem Album wie „Bloom Innocent“ gleichermaßen. Einerseits dreht er seine Kompositionen wieder in eine neue Richtung, andererseits sind diese sehr ruhig und behutsam ausgefallen. Der Begriff „Indie-Musik“ passt hier wie die Faust aufs Auge. „Viele Bands sieht man sich ja deshalb an, weil man sich kein Happy End erwartet. Wie in einem guten Arthouse-Film. Du bist als Hörer froh, dass es Indie-Bands gibt, die idealistisch an die Sache rangehen, sich aber deshalb vielleicht keine große Villa bauen können. Aber du solltest ja auch mehr Salat als Burger essen, wenn du den Vergleich verstehst.“

Konstant arbeiten
Songschreiben versteht Fink in erster Linie als Arbeit und nicht als reine kreative Mußestunde. „Wenn dir nichts mehr einfällt, dann mach einfach wieder etwas Neues. Nach ,Resurgam‘ habe ich angefangen Keyboards zu spielen, weil ich innerlich leer war. Du musst die Dinge im Leben fühlen, nur so kannst du deinen eigenen, unverwechselbaren Stil finden. Gefühl und Arbeit - denn selbst wenn ich in einem total leeren Raum eingesperrt wäre, würde ich irgendwie einen Weg finden, ein Album zu schreiben.“

Den großen Mainstream wird Fink wohl nicht mehr erreichen, doch seine Ansprüche an Leben, Kreativität und Musik sind ohnehin andere. „Es geht mir darum, große Alben zu machen und keine erfolgreichen. Wenn ich in einem Taxi sitze, dann höre ich oft die angesagten Top-10. Ich bin nicht dumm und weiß, dass ich nicht einmal annähernd so klinge. Ich sehe diese Musiker aber auch selten auf Festivals. Zudem hast du es in der Musik schwerer als andere Leute in ihren Branchen. Hier herrscht eine Unberechenbarkeit, die es sonst nicht gibt. Du kannst nicht in den Supermarkt gehen und das Essen kosten, bevor du einkaufst. Du kannst aber sehr wohl meine ganzen Alben streamen und dann entscheiden, ob du dafür überhaupt Geld ausgeben willst. Ich sehe das aber positiv. In einer Welt zu existieren, in der die Öffentlichkeit über dich richtet, ist grandios. Es ist hart, aber auch sehr direkt und am Ende wieder fair. Denn Geld gibt nur jemand aus, wenn du ihm etwas Gutes lieferst.“

Live in Wien
Am 10. November ist Fink wieder einmal in Österreich zu Gast und wird mit der Schweizer Ausnahmekünstlerin im Wiener Metropol auftreten. Das Konzert ist bereits restlos ausverkauft.

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