Teichalm

Heimatbilder auf 500 Quadratmetern Garagenwand

Steiermark
02.06.2019 19:30
Die Steinzeitmenschen haben sich einst in der Höhle von Lascaux verewigt. Michelangelo schuf die Sixtinische Kapelle. Der Gröbminger Star-Tätowierer André Zechmann malt zur Stunde an der vermutlich schönsten Tiefgarage Mitteleuropas.

Die Garage steht in der Oststeiermark, auf den saftigen Wiesen der Teichalm. Soeben wurde sie im Zuge des millionenschweren Ausbauprojekts, mit dem Familie Pierer ihr Alm-Wellness-Hotel erweitert hat, fertiggestellt.

Die Idee, den neuen Autobunker mit seinen 30 Stellplätzen mit Wandmalereien zu veredeln, entstand eines späten Abends bei einer Flasche hauseigenen Rotweins – oder auch zwei, erinnert sich Hausherr Alfred Pierer: „Wir wollen die Eleganz und Gemütlichkeit des Hotels schon in der Garage fühlbar machen. Außerdem hat in so einer Tiefgarage bestimmt niemand Angst.“

Jetzt wird das aus dem Wein geborene Projekt umgesetzt. André Zechmann (45), in der Tattooszene mit 420.000 Facebook-Fans ein Star und obendrein als Modeschöpfer erfolgreich, wechselt für zwei Wochen die Dimension: von wenigen Quadratzentimetern Haut zu 500 Quadratmetern Wandfläche. „Die Wand ist geduldig, und sie schreit auch nicht“, schmunzelt er.

Dafür wäre sein Gröbminger Tätowierstudio bestimmt gemütlicher als diese zugige Tiefgarage. Von 6 bis 20 Uhr schöpft er jeden Tag ohne Pause durch. Sogar das Mittagessen tragen ihm Ehefrau Bianca und Sohn Kai nach ins „Atelier“. Zechmann: „Ich mag diese intensive Arbeitsweise. Nur die Fersen tun mir am Abend weh, vom Stehen auf dem harten Beton.“ Aber ohne Qual keine Kunst. Wobei der „Michelangelo der Tiefgarage“, der schon als Kind ein begabter Maler war, selbst nicht von Kunst sprechen will, sondern von Kunsthandwerk.

Das allerdings kann sich sehen lassen. Binnen einer Woche hat Zechmann 20 seiner 30 geplanten Motive auf die Garagenwände gezaubert, mit Acrylfarben in eigens auf den Pierer-Stil abgestimmten Brauntönen. Das meiste macht er in zarter Lasur mit der Lackierpistole – eine Technik, die keine Fehler erlaubt, weil keine Retuschen möglich sind.

Aber um die Qualität muss man sich ohnehin keine Sorgen machen: Lokale Klassiker wie der trojanische Ochs vom Teichalmsee, die Latschenhütte oder die Kapelle von Schüsserlbrunn schimmern in perfektem Realismus hinter Audi, Mercedes und Konsorten aus dem Halbdunkel hervor.

Als die „Steirerkrone“ zum Lokalaugenschein vorbeikommt, feilt André Zechmann gerade am wohl wichtigsten Motiv seiner Garagenserie: Seniorchefin Maria Pierer, lebensecht beim Zubereiten ihrer legendären Salzstangerln. Und Frau Pierer zeigt sich begeistert und gerührt von der Arbeit des Malers. Ob das künftig ihr Privatparkplatz sein wird? „Wer weiß. Aber dazu fehlt mir noch der Porsche.“

Matthias Wagner
Matthias Wagner
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