Leise und bescheiden

Ermittler über Spion: „Er war Putins graue Maus“

Österreich
12.11.2018 13:58

„Nein, bei ihm steht kein Ferrari vor der Türe, der Oberst lebte extrem unauffällig“, bereitet die professionelle Diskretheit des enttarnten Spions (70) der Heeresführung in der Wiener Rossauer Kaserne Sorgen: Niemand im Verteidigungsministerium will aktuell ausschließen, dass noch weitere Maulwürfe in Österreichs Armee für Russland arbeiten.

Die Heeresführung verzichtete Ende Oktober auf eine sofortige spektakuläre Festnahme des aus Salzburg stammenden Oberst (70), sondern setzte auf viele Gespräche mit dem Verdächtigen - erst danach, am Freitag der Vorwoche, wurde der Offizier in Ruhestand bei der Justiz angezeigt und dann verhaftet.

Kanzler Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Mario Kunasek (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Kanzler Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Mario Kunasek

„Bei ihm steht kein Ferrari vor der Tür“
Aus diesen Vernehmungen in einem freundschaftlichen Klima wissen die Experten im Verteidigungsministerium, dass der Oberst „sehr bescheiden“ lebt. „Da gibt’s keine kostspieligen Hobbys, er hat kein teures Auto. Bei ihm steht kein Ferrari vor der Tür“, hörte die „Krone“ bei den Recherchen im Ministerium.

Der Spion hatte bis zu seinem Ruhestand in unmittelbarer Nähe zu den Verteidigungsministern, in der Rossauer Kaserne in Wien, seinen Arbeitsplatz. Jetzt werden seine Laptops ausgewertet. (Bild: Klemens Groh)
Der Spion hatte bis zu seinem Ruhestand in unmittelbarer Nähe zu den Verteidigungsministern, in der Rossauer Kaserne in Wien, seinen Arbeitsplatz. Jetzt werden seine Laptops ausgewertet.

Ein Ermittler meint: „Der Oberst war Putins graue Maus. Aber vielleicht erfahren wir plötzlich ganz etwas anderes - stille Wasser sind bekanntlich tief.“

Sorge, dass noch weitere Maulwürfe aktiv sind 
Auch im Job verhielt sich der Spion seit seiner Anwerbung 1988 in Teheran unauffällig: Am Ende seiner Berufslaufbahn war der Offizier in der Abteilung Strukturplanung der Gruppe Strukturen und Organisation beschäftigt. Es gab keine Freundschaften zu Kameraden, nichts Persönliches.

(Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)

Dass dieser Spion mitten in einem gesicherten Bereich seinen Schreibtisch hatte und 30 Jahre lang alle 14 Tage den Militärischen Geheimdienst der Russen (GRU) mit Informationen versorgen konnte, beunruhigt alle Entscheidungsträger in der Zentrale des Heeres: „Wir wissen ja noch nicht, ob es weitere Maulwürfe gibt. Wir sind erst am Anfang der Ermittlungen.“

(Bild: AP)
Eine Panzerhaubitze vom Typ M109 (Bild: "Krone")
Eine Panzerhaubitze vom Typ M109

Wollten Russen auch andere Offiziere anwerben?
Der Fall wird jedenfalls ernst genommen - und das liegt auch an den Spionagezielen: So sei das Erstellen der Persönlichkeitsprofile von hochrangigen Offizieren ein Indiz dafür, dass die Russen auch andere Befehlshaber anwerben wollten. Und ein möglicher Verrat einer wichtigen Bundesheer-Eigenentwicklung für die Steigerung der Feuergeschwindigkeit der 33 Panzerhaubitzen vom Typ M109 könnte für viele andere Länder von großem Wert sein - das Geschütz ist weltweit bei mehr als 30 Nationen im Einsatz, etwa im Iran (440 Stück), in Israel (600 Stück) und auch in den USA (1040 Stück).

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