Krone-Interview

VP-Chefin Christine Marek will Häupls “Vize” werden

Wien
06.12.2009 10:48
Am 16. November wurde sie als Nachfolgerin des künftigen EU-Kommissars Johannes "Gio" Hahn als Parteichefin der Wiener ÖVP designiert – Christine Marek. Der Führung der Stadtpartei ist traditionell kein einfacher Job, noch dazu angesichts der Aussicht, Platz zwei womöglich an die Strache-FPÖ zu verlieren. Dennoch ist Marek zuversichtlich, wie sie im "Krone"-Gespräch mit Nadia Weiss erklärt.

"Krone": Frau Staatssekretärin, das Bauverbot für Minarette in der Schweiz sorgt für Diskussionen. Wie, glauben Sie, würde eine Abstimmung in Österreich ausgehen?
Christine Marek: Ich fürchte ähnlich wie in der Schweiz. In Wirklichkeit geht es ja nicht um die Minarette an sich. Es war auch für evangelische Kirchen in Österreich lange Jahre verboten, einen Turm zu bauen. Wie das Kopftuch ist das Minarett für viele Menschen ein Symbol für etwas, das Ängste erzeugt.

"Krone": Sie fürchten die Abstimmung würde ähnlich ausgehen. Heißt das, Sie sind gegen ein Bauverbot für Minarette?
Marek: Bei uns ist es auf Länder-Ebene eine Frage der Bauordnung. Wir haben drei Minarette in Österreich, wenn man sieht, wie der Bau eines solchen in Bad Vöslau in Niederösterreich gemeinschaftlich gelöst wurde, denke ich mir, dass dies auch weiterhin möglich sein sollte.

"Krone": In der Schweiz gibt es auch nur vier Minarette. Dennoch fürchtet offensichtlich eine Mehrheit um das herkömmliche Bild des Landes. Verstehen Sie solche Ängste?
Marek: Es ist eine Warnung an die Politik, das vorhandene Unbehagen, das es sicher auch bei uns gibt, ernst zu nehmen und etwas dagegen zu tun. Tatsache ist, dass wir gemeinsam in Österreich leben. Die Frage ist: Was können wir nun tun, damit sich die jeweiligen Bevölkerungsgruppen nicht voreinander fürchten?

"Krone": Was könnten wir tun?
Marek: Wir dürfen nicht eine Gruppe in ein Eck stellen, aus dem sie nicht mehr herauskommt. Allerdings müssen klare Regeln aufgestellt werden, und im Falle der Nichteinhaltung sollen Konsequenzen folgen. Ich denke da zum Beispiel an die Deutsch-Kurse. Es ist ja ganz klar, dass jemand nur wirklich integriert ist, das heißt mitreden kann, wenn er auch die Landessprache beherrscht.

"Krone": Der Großteil der Zuwanderer ist integriert und wählt in der zweiten Generation vielfach FPÖ. Wie erklären Sie sich das?
Marek: Das ist in der Tat erstaunlich. Hier scheint der Mechanismus zu greifen, dass auch bei ihnen das Bild der Massenzuwanderung gezeichnet wird, die bei ihnen die Angst um den Arbeitsplatz schürt. Es ist überhaupt schwierig, den „Migranten“ an sich abzugrenzen. Straches Feindbild scheint mir ein türkischstämmiger Zuwanderer zu sein, der aufgrund von Bildungslücken und religiöser Tradition tatsächlich Schwierigkeiten hat, sich zu integrieren.

"Krone": Zuwanderung wird das Thema im Wiener Wahlkampf sein. Sie wollen „mit Stil“ punkten: Wie?
Marek: Zunächst möchte ich festhalten, dass für mich Integration und nicht Zuwanderung im Vordergrund steht. Wenn sich H.-C. Strache hinstellt und „Ausländer raus“ sagt, kann das ja keine Lösung sein. Die Rahmenbedingungen müssen verändert werden, und da gibt es in Wien tatsächlich einiges zu tun.

"Krone": Sie haben bisher eine Koalition mit der FPÖ nicht ausgeschlossen. Würden Sie mit den Blauen wollen?
Marek: Ich möchte lediglich keine Gespräche für die Zeit nach dem Wahltag, an dem die Mehrheiten festgelegt werden, ausschließen. Allerdings erachte ich es als sehr unwahrscheinlich, sowohl in Wien als auf Bundesebene, dass sich genügend Gemeinsamkeiten ergeben könnten.

"Krone": Nun, auf Bundesebene hat es ja schon einmal mit Schwarz-Blau geklappt?
Marek: Die Strache-FPÖ ist in ihrem Weltbild nicht so breit, wie es die Haider-FPÖ war. Da fehlt schon einiges, man muss sich das nur einmal im Parlament anschauen.

"Krone": Wo gab es konkret Verständigungsschwierigkeiten?
Marek: Die FPÖ hat zum Beispiel gesellschaftspolitisch eine Idealvorstellung, in der ein Ernährer-Vater die Familie erhält und die Mutter zuhause auf die strahlende Kinderschar achtet. Zum verpflichtenden Gratis-Kindergartenjahr für Fünfjährige hat der freiheitliche Mandatar Herbert Kickl beispielsweise gemeint, wir sollten nicht mit Gewalt Kinder aus ihrer gewohnten familiären Umgebung herausreißen.

"Krone": Vielleicht stimmen viele Österreicher dieser Idealvorstellung von Familie zu?
Marek: Das mag sein, aber es ist eben nur eine Idealvorstellung. Man darf nicht jene bestrafen, bei denen es nicht so funktioniert hat. Dass ich alleinerziehende Mutter bin und war, hat sich so ergeben, das war nicht aus Prinzip so gewählt. Wenn mich meine Mutter nicht in all den Jahren derart unterstützt hätte, wäre meine Karriere sicher mit weitaus größeren Schwierigkeiten verbunden gewesen.

"Krone": FPÖ-Chef H.-C. Straches Mutter war ebenfalls Alleinerzieherin, er selber ist geschieden, seine Kinder wachsen bei der Ex-Ehefrau auf. Sind das nicht Hinweise auf ein moderneres als von ihnen angesprochenes Weltbild?
Marek: Alfred Gusenbauers Tochter hat auch eine Privatschule besucht, obwohl die SPÖ offiziell eine andere Linie fährt. Bei Politikern gibt es mitunter große Unterschiede zwischen gelebten und propagierten Idealen.

"Krone": In weniger als einem Jahr wissen wir, wie Wien gewählt hat. Was ist Ihr Ziel?
Marek: Den harten Kampf um den zweiten Platz gewinnen und, ganz klar, die absolute Mehrheit der Wiener SPÖ brechen.

"Krone": Somit möchten Sie Vize-Bürgermeisterin von Wien werden?
Marek: Ja, das möchte ich.

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