Live im Steinbruch

Jack Johnson: Humoriges Familienkonzert

Musik
25.07.2018 09:41

Nur alle paar Jahre findet der hawaiianische Surfer und Musiker Jack Johnson aufs europäische Festland, um seine zahlreichen großen Hits feilzubieten. Dienstagabend begeisterte er rund 4.500 Menschen im Steinbruch St. Margarethen mit einer bunten Palette an Songs, viel Humor und launigen Geschichten.

(Bild: kmm)

Irgendwann mitten im Konzert ist es soweit. Jack Johnson denkt gerade an all die österreichischen Surfer (gibt es eigentlich mehr als eine Handvoll?) und erzählt von seinen Erlebnissen am Nachmittag am Neusiedler See. Er war mit seinem Pianisten und Freund Zach Gill dort unterwegs, um Stand-Up-Paddeln zu gehen und bemerkte relativ schnell, dass man den ganzen See stehend durchschreiten könnte. „Zach meinte, ich solle noch tiefer rein, da ich dort noch immer werde stehen können. So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Für den einstigen Surf-Profi ist die pannonische Tiefebene gewiss nichts Alltägliches. Der Hawaiianer, der in seinen jüngeren Jahren in professioneller Manier die wildesten Wellen zwischen Kaanapali und Laniakea bezwang, stößt ausgerechnet im Osten Österreichs an die Grenzen seines feuchten Verständnisses und findet das mehr als amüsant.

Der Anti-Rockstar
Rund 4.500 Fans teilen die gute Laune des 43-Jährigen Liedermachers bei bestem Wetter im Steinbruch St. Margarethen. Seine ungezwungene Zugangsweise zu Liveauftritten und der permanente Drang, sich in mehr oder weniger humorig-privaten Geschichten mitzuteilen, - u.a. erzählt er von den Kartoffelauswüchsen in seiner Küche - spiegeln das Sunnyboy-Image des stets braungebrannten Liedermachers perfekt wider. Jack Johnson ist so etwas wie das Antonym jedes herkömmlichen Rockstars. Frei von Allüren, das Herz am rechten Fleck, immer einen Witz auf den Lippen und fortlaufend bemüht, sich selbst aus jeder Art von Hype herauszuziehen. So ist es nur passend, dass er mit seiner Familie durch Europa fährt und sein Nachwuchs während des Auftritts die Merchandise-Palette am Konzertgelände überwacht.

Dass Johnson überhaupt Profimusiker wurde, ist eigentlich einem unbewussten Zufall geschuldet. Geklimpert hat der Hawaiianer schon immer gerne auf seiner Gitarre, neben dem Surfen war ihm aber das Bewegtbild stets wichtiger, so inskribierte er einst als Filmstudent im kalifornischen Santa Barbara und verdingte sich als Darsteller und Regisseur in diversen Umweltfilmen. Musikalisch hatte er seine Hochphase zwischen 2002 und 2008, wo nahezu jede Single auch hierzulande gefühlt im Minutentakt aus dem Formatradioäther drang. „Flake“, „Good People“, „Upside Down“ oder „If I Had Eyes“ müssen natürlich auch im Römersteinbruch exerziert werden. Für seinen hierzulande vielleicht größten Hit „Breakdown“ holt sich Johnson im Steinbruch gar den belgischen Sänger Milow auf die Bühne, der im Vorprogramm zwar nett, aber auch reichlich farblos zwischen den Felsmassiven musizierte.

Gemeinschaftsgeist
Ganz im Gegensatz zum Star des Abends, der sich mehr als zwei Stunden lang durch seine fast zwei Dekaden andauernde Karriere spielt, dabei oft auf Spontanität setzt und das ungeschriebene Gesetz einer stets erwartbaren Setlist angenehmerweise ad absurdum führt. Das Tanzen sei den Leuten erlaubt, aber würden sie sitzen wollen, wäre es auch kein Problem. „Ich würde mich ja auch gerne hinsetzen, wenn ich könnte“, fügt er verschmitzt an, um sogleich die zu-spät-Gekommenen in den vorderen Reihen mit höhnischem, aber niemals gemeinem oder beleidigendem Applaus auf ihre Sitze zu begleiten. Die Botschaft ist eindeutig: fühlt euch alle wohl und lasst uns gemeinsam einen lauen Sommerabend mit guter Musik genießen. Nichts muss, aber alles kann.

Ein Schmählied für US-Präsident Donald Trump („Hier kommt ein Song über eine echte Reality-Show, die gerade in den USA stattfindet“) ist einer der nur wenigen Ausritte in den polit- und gesellschaftskritischen Bereich. Ähnlich wie der deutsche Schlagergrande Roland Kaiser trennt auch Johnson seine Musik strikt von seinem privaten Engagement. Belehrungen á la Bono bleiben außen vor, wer das Meer vom Plastik befreien und der ökologischen Welt einen Dienst erweisen möchte, kann vor oder nach dem Konzert für die Organisation „One Percent For The Planet“ spenden - auf Aufrufe oder semierzwungene Bauernfängereien verzichtet der Künstler während seines Gigs. Er nützt die Zeit lieber für gelungene Cover-Versionen von Led Zeppelin oder Mungo Jerry. Einziger Wermutstropfen - aufgrund seiner raren Präsenz wird das nächste Johnson-Stelldichein wohl wieder einige Jahre nach sich ziehen. Doch Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.

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