Überraschende Wende
General Motors sagt Verkauf von Opel an Magna ab
Auch bei den Opel-Arbeitern stieß der Plan auf Kritik. Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sieht dadurch die Opel-Werke in Bochum, Kaiserslautern und Antwerpen "akut gefährdet".
Die GM-Erklärung zu Opel findest du in der Infobox!
Drei-Milliarden-Euro-Sanierung
Die Kosten für die Sanierung bezifferte GM-Chef Fritz Henderson nach vorläufigen Schätzungen auf drei Milliarden Euro. "Das ist deutlich weniger als alle Investoren-Angebote." Im September hatte das GM-Gremium noch den Verkauf von 55 Prozent der Opel-Anteile an den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna und dessen russischen Partner Sberbank empfohlen. Die EU-Kommission hatte Bedenken angemeldet und GM aufgefordert, die Entscheidung zu überdenken. Magna hatte 4,5 Milliarden Euro Staatshilfen angestrebt.
Die deutsche Bundesregierung erwarte nun, dass GM "den Konzern Opel in seiner Leistungsfähigkeit stärkt" und "die erforderlichen Anpassungen auf ein unverzichtbares Mindestmaß begrenzt", erklärte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in der Nacht zum Mittwoch. Außerdem müsse der US-Konzern die Brückenfinanzierung von 1,5 Milliarden Euro fristgerecht zurückzahlen. Das Thema Opel wurde für Mittwoch auf die Tagesordnung des Kabinetts gesetzt.
Deutliche Schlappe für Merkel
Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt die Kehrtwende bei GM - kurz nachdem sie die seltene Ehre erfahren hatte, vor beiden Häusern des US-Kongresses zu reden - einer Niederlage gleich. Sie hatte sich persönlich für Magna stark gemacht. Auch mit US-Präsident Barack Obama hatte sie darüber gesprochen. GM war nur durch Staatshilfen gerettet worden, die US-Regierung verfügt bei dem Konzern über entscheidenden Einfluss. Die US-Regierung erklärte jedoch, sie sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch übte scharfe Kritik. "Ich bin sehr betroffen und zugleich verärgert, dass die monatelangen Bemühungen, für Opel Europa eine möglichst gute Lösung zu finden, an GM gescheitert sind", erklärte Koch. Er mache sich große Sorgen um die Zukunft des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze.
Die Opel-Treuhand, die 65 Prozent von Opel verwaltet, reagierte zurückhaltend. Der Beirat nehme diese Entscheidung zur Kenntnis. "Ich hoffe, auch im Interesse der Beschäftigten bei Opel, dass dieser Beschluss Opel zu neuer wirtschaftlicher Stabilität verhilft", erklärte der Vorsitzende des Beirats, Fred Irwin. Die Opelaner selbst wollen zunächst alle Zusagen über Einsparungen zurückziehen und über das weitere Vorgehen beraten. Erst kurz vor der überraschenden Entscheidung bei GM hatte der Opel-Betriebsrat den Weg freigemacht für einen Verkauf des deutschen Autobauers an Magna.
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Magna zeigt sich verständnisvoll
Magna-Vorstandschef Siegfried Wolf äußerte Verständnis für die Entscheidung von General Motors. "Wir verstehen, dass der Verwaltungsrat zu dem Schluss gekommen ist, dass es im besten Interesse von GM ist, Opel zu behalten", erklärte er. Die deutsche Tochter spiele eine wichtige Rolle in der weltweiten Organisation des Konzerns. Magna werde Opel und GM weiter unterstützen. Wolfs Vertrauter und Magna-Manager Herbert Demel galt vor Platzen des Verkaufs als Favorit für den Chefsessel von "New Opel", nachdem Opel-Aufsichtsratschef Carl-Peter Forster abgewunken hatte.
In den vergangenen Wochen waren bei wichtigen Akteuren Zweifel aufgekommen, ob GM Opel immer noch verkaufen oder vielleicht doch in Eigenregie sanieren will. Ins Feld führten Skeptiker, dass GM für einen Neustart die moderne Opel-Technologie und den Zugang zum europäischen Markt brauche.
Experten befürchten Opel-Pleite
Beobachter in Europa trauen GM jedoch nicht zu, die Opel-Sanierung finanziell stemmen zu können. Armin Schild, Frankfurter IG-Metall-Bezirksvorsitzender und Opel-Aufsichtsratsmitglied, hatte kürzlich davor gewarnt, dass Opel unter dem Dach von GM die Pleite drohe. Die Amerikaner indes versprühten Optimismus: "Die Finanzkraft und Stabilität von GM haben sich in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Das macht uns zuversichtlich, das Europa-Geschäft erfolgreich restrukturieren zu können." GM wolle zudem seine Beziehungen mit dem russischen Autobauer Gaz weiter ausbauen.
Auch Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer gab sich wenig zuversichtlich: "Russland wird für Opel-GM deutlich schwieriger werden als für Opel-Magna-GAZ." GM beginne erst jetzt, "den x-ten Restrukturierungsplan für Opel auszuarbeiten - und dies mit enttäuschten Mitarbeitern, die nicht hinter GM stehen, mit einem weiter geschwächten Management und hohen Verlusten, die finanziert werden müssen".
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