"Wie Lottospielen"

Pensionsprivilegien und Pannen: ÖBB steuern ins Chaos

Österreich
10.10.2009 18:14
"Wir bitten um Ihr Verständnis!" - mit diesem Spruch sollten die ÖBB werben, nicht mit "Zukunft am Zug". Dauerbaustellen, Verspätungen, stundenlange Wartezeiten und an den Bahnsteigen so gut wie keine Informationen. Dieses Chaos kritisiert - neben den Pendlern und Touristen - jetzt auch die Arbeiterkammer. Zudem setzt es eine Rechnungshof-Rüge bezüglich den sozial ungerechten ÖBB-Pensionsprivilegien, die den Steuerzahler Milliarden kosten.

"Bahnfahren ist wie Lottospielen", sagt ein Pendler aus dem Burgenland. "Nur verliert man öfter." Die Idee der ÖBB, den sowieso schon mageren Fahrplan für das kommende Jahr noch einmal um Dutzende Züge in ganz Österreich auszudünnen, bringt die Fahrgäste auf die Palme. 

Dazu ständig Verspätungen. Enorm angestiegen sind unterm Strich eigentlich nur die Ticketpreise. Statt Kunden zu gewinnen, vertreiben die Bundesbahnen viele Fahrgäste mit solchen Aktionen nur. Immer mehr verzichten auf das Glücksspiel mit den Garnituren und fahren - zum Leidwesen der Umwelt - mit dem Auto.

Unternehmen zu sehr aufgesplittet
Und auch die Konsumentenschützer nehmen sich jetzt der Causa ÖBB an. Die Arbeiterkammer glaubt auch zu wissen, wo das große Problem liegt. AK-Expertin Sylvia Leodolter: "Es liegt an der Aufsplittung des Unternehmens in verschiedene eigenständige Gesellschaften." So komme auch das merkwürdige Phänomen zustande, dass etwa der Fahrdienstleiter einer anderen Firma angehört als der Schaffner.

ÖBB hat "nur" 18 Pressesprecher
Die ÖBB sehen das natürlich - erfahrungsgemäß - wieder einmal anders. Dass das Unternehmen ja gar nicht so kompliziert verschachtelt sein kann, sieht man daran, dass die ÖBB "nur" 18 Pressesprecher bezahlen.

Budget aus dem Ruder gelaufen
Für viele Experten gelten die Bundesbahnen mittlerweile als unsanierbar, und diverse Reformprogramme sind noch unter jeder Regierung entgleist. Klar ist ebenso: Die Kosten bei den ÖBB sind - seit langem schon - vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Zumindest beim Pensionssystem sieht Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) jetzt aber ein Spar-Volumen in Milliardenhöhe.  

Milliarden-Kosten für den Steuerzahler
So werden bei der Bemessungsbasis die sogenannten Nebenbezugspauschalen gleich mit eingerechnet. Das bedeutet unterm Strich auch bedeutend höhere Pensionskosten für den Bund. Dazu kommt die Anhebung des Nebengebührensatzes von 10 auf 15 Prozent bis 2020. Auch das hat Mehrkosten von zumindest einer Milliarde Euro zur Folge. Insgesamt belasten die pensionsbedingten Nebengebühren der ÖBB den Steuerzahler mit zumindest 2,2 Milliarden Euro.

Pensionsantritt mit 52 Jahren
Hier sieht Finanz-Staatssekretär Lopatka jedoch Einsparungsmöglichkeiten im Zuge der Verwaltungsreform: "Die Zeiten, als wir glaubten, uns noch ungerechtfertigte Sonderregelungen leisten zu können, sind vorbei." Lopatka appelliert in diesem Zusammenhang an Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ), ihn beim Abstellen dieses Missstandes zu unterstützen. Dies wäre umso dringender, weil ohnehin keine Berufsgruppe früher in Pension geht als ÖBB-Bedienstete (im Durchschnitt mit 52 Jahren!).

Dazu kommt eine besondere "soziale Ungerechtigkeit", die der Rechnungshof kritisiert: Die höhere Pensionsbemessungsbasis durch Nebengebühren erhalten beispielsweise Verwaltungsbeamte. Tatsächlichen Leistungsbringern wie Triebwerksführern wird diese vorenthalten. Ein Rechnungshof-Thema könnten auch bestimmte Werbeausgaben der ÖBB werden.

von Michael Pommer und Claus Pándi, Kronen Zeitung

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