Kristofferson hatte seine Glanzzeit in den 70ern. Da wirkte er als Schauspieler am grimmigen, pessimistischen Amerikabild mit, das Regisseur Sam Peckinpah in Epen wie "Pat Garrett" und "Convoy" entwarf. In einer Ära, als der Patriotismus durch das Trauma Vietnam Risse bekam, als die Meinung, die Politik habe den "American Dream" verkauft, mehrheitsfähig wurde - in solcher Zeit musste der Intellektuelle Kristofferson aufblühen.
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1980 war der Spaß vorüber. Die Konservativen saßen im Weißen Haus, Kritik war out. Kristofferson spielte noch die Hauptrolle im Western "Heavens Gate", der ultimativen Abrechnung mit den USA. Die wollte zu diesem Zeitpunkt bloß niemand mehr sehen.
Kurios: Kritiker landet bei Country
Der Film floppte, der Musiker blieb dem zu Beginn der 70er eingeschlagenen Weg treu. Dass er mit seiner politischen Einstellung ausgerechnet in der doch konservativ gestimmten Countrymusik gelandet war, ist ein Kuriosum. Ganz heimisch wurde er dort nie: Als er gemeinsam mit Johnny Cash tourte, hat er auch schon einmal die Bühne verlassen, wenn dieser die US-Flagge schwenkte.
"Sandinista"
Kristofferson schrieb derweil lieber Songs wie "Sandinista". Die in ihrem Pathos etwas peinliche musikalische Unterstützungserklärung an die Linke Nicaraguas fehlte auch in Graz nicht. Wobei Kristofferson überhaupt kaum etwas ausließ: Die drei Dutzend (!) Songs zeugten vom immensen kreativen Output des Musikers: "Me & Bobby McGee", "Help Me Make It Through The Night", "Sunday Morning Coming Down" oder "Silver-tongued Devil" sind die Marksteine seines überreichen, zunehmend altersweisen lyrischen Werks.
Ohne Band in Graz
Dass er in Graz ohne Band auftrat, war natürlich ein Segen. Die klangliche Opulenz, die abgefeimte Profimusiker bei solchen Anlässen bieten, ist meist sowieso kontraproduktiv. Das Unbehauene, Karge steht den Songs Kristoffersons blendend.
Einsamer Rufer
Kristofferson singt mit rührender, rissiger Stimme seine Songs, die mit Fortdauer des Abends dann doch etwas gleichförmig anmuten. Uneitel, höchstens ein wenig kokett dem eigenen Alter (72) gegenüber, durchlebt er diese Musik, diese waidwunden Bitten um Frieden auf der Welt und im Herzen.
Ein wenig einsam wirkt der Mann auf der Schlossberg-Bühne. Wie der Rufer in der Wüste, einer, den die Zeit überholt hat. "What went wrong?" - "Was ist falsch gelaufen?", fragt er sich in "In the News". Aber so lange es grandiose Musik wie die von Kris Kristofferson gibt, ist ja alles halb so schlimm.
von Martin Gasser, "Steirerkrone"
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