Wegen OGH-Urteil

Ungeborener Vorarlberger “will” Republik klagen

Österreich
10.07.2008 13:27
Noch ist der kleine Emil gar nicht auf der Welt, doch seine Eltern bereiten in seinem Namen bereits eine Klage gegen die Republik Österreich vor. Das Kind von Sabine und Andreas Karg wird in wenigen Wochen mit derselben Behinderung zur Welt kommen, wie jenes Kind, das der OGH Anfang März als in einem richtungsweisenden Urteil als "Schaden" bezeichnet hatte. Mit der Klage wollen die Eltern in spe den Gesetzgeber aufrütteln und das "Recht auf Ehre und Achtung der Menschenwürde sowie auf Nicht-Diskriminierung und Gleichbehandlung" auch für Behinderte anerkannt wissen.

Genau diese Rechte sehen Emils Eltern und sein Anwalt durch die OGH-Entscheidung vom März massiv beeinträchtigt. Emil, der mit einem "offenen Rücken" zur Welt kommen wird, werde durch die gültige Rechtsprechung, die ihn zum "Totalschaden" mache, benachteiligt. Seine Eltern könnten Schadenersatzansprüche für den Gesamtaufwand ableiten, wenn in der pränatalen Diagnose ein Fehler unterlaufen wäre. Zudem könne Emil bis zur Geburt abgetrieben werden.

"Unser Kind ist kein Schaden!"
Ums Geld geht es den Eltern dabei gar nicht. Immerhin verletze das Urteil des OGH Emils Recht auf Leben, sein Recht auf Ehre und Achtung der Menschenwürde und das Recht auf Nichtdiskriminierung. Ziel der Klage sei, dass der gesamte finanzielle Mehraufwand für die Versorgung von Behinderten von der Öffentlichkeit übernommen wird. "Unser Kind hat zwar einen Schaden, ist aber kein Schaden", so die werdenden Eltern, die gemeinsam mit dem Gynäkologen Peter Schwärzler vom LKH Feldkirch und dem Dornbirner Anwalt Paul Sutterlüty vor die Presse traten.

Wird Kurator bestellt?
Noch ist offen, ob Emil überhaupt klagen kann. Denn als Ungeborener ist er rechtlich nicht handlungsfähig und benötigt daher einen Kurator. "Der Antrag auf Bestellung eines Kurators beim Bezirksgericht Bregenz ist bereits eingebracht", erklärte Sutterlüty. Damit wird allerdings rechtliches Neuland betreten: Ob ein ungeborenes Kind die Republik klagen bzw. ob ein Kurator überhaupt bestellt werden kann, ist völlig offen.

Behinderte sind kein "Schaden"
Für das OGH-Urteil wurde das Schadenersatzgesetz herangezogen. In solchen Fällen müsste jedoch die Verfassung zum Tragen kommen, längerfristig sei der Gesetzgeber gefragt, so die Forderung. "Dieser Präzedenzfall soll dazu dienen, dass der Gesetzgeber endlich aktiv wird und die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung abschafft", erklärte der Anwalt. 

Eltern nehmen Sohn trotz Behinderung an
Die werdenden Eltern haben sich nach reiflicher Überlegung bewusst gegen eine Abtreibung entschieden. Nach Besuchen von Familien mit behinderten Kindern stand fest: "Wir nehmen ihn an wie er ist", so die 33-Jährige. "Die Zeit war nicht einfach", gab Andreas Karg zu. Sie wollten nicht gegen die Fristenlösung oder gegen die Möglichkeit angehen, ein Kind im Behinderungsfall abzutreiben. "Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass ein Kind kein Schaden sein kann", so Karg.

Symbolbild

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