Attraktivierung

Zivildienstreform: Regierung schnürt Maßnahmenpaket

Österreich
25.04.2013 13:29
Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner haben am Donnerstag das Maßnahmenpaket zur Attraktivierung des Zivildienstes präsentiert. Unter anderem soll es nicht nur bei der Rettung die Möglichkeit zur Ausbildung im Zivildienst geben, eine Maßnahme, für die bis zu fünf Millionen Euro in die Hand genommen werden. Auch soll das freiwillige Sozialjahr für Rettungsdienste geöffnet werden, erklärten die beiden Regierungsmitglieder. Frauen bleibt der Zugang zum Zivildienst allerdings weiterhin verwehrt.

Um den Zivildienst attraktiver zu machen, drehen Hundstorfer und Mikl-Leitner an mehreren Schrauben. "Wir haben die Ärmel aufgekrempelt" und Verbesserungen entwickelt, erklärte die Innenministerin. Herausgekommen sei eine "Win-win-Situation" für alle Betroffenen - für die Zivildiener, die Einsatzorganisationen sowie die Menschen, die Hilfe benötigen.

Männer sollen für soziale Berufe gewonnen werden
Derzeit erhalten Zivildiener nur im Bereich des Rettungsdienstes eine volle Ausbildung zum Rettungssanitäter. Mit dem Ausbildungsbeitrag (maximal 70 Prozent der Ausbildungskosten, gedeckelt mit 1.700 Euro) sollen auch Ausbildungen im Behinderten- und Gesundheitsbereich unterstützt werden. Gefördert werden etwa Teile von Ausbildungen, die bundes- oder landesgesetzlich geregelt sind, wie etwa Kindergartenhelfer oder eine Heimhelferausbildung, aber "keine selbstgestrickten Kurse", wie Hundstorfer betonte. Diese Module können auf die weitere Ausbildung angerechnet werden. Ziel ist es auch, Männer für soziale Berufe zu gewinnen.

Zudem sollen Zivildiener entsprechend ihren bisherigen Erfahrungen und Qualifikationen eingesetzt werden. Die im Zivildienst erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse werden künftig von den Organisationen in einer Kompetenzbilanz belegt. Um die Qualität zu sichern und den Zivildienern auf Augenhöhe zu begegnen, besteht auch die Möglichkeit, die Organisation nach Absolvierung zu bewerten. Geplant ist zudem eine Verwaltungsvereinfachung. So soll eine Zuweisung bis zu drei Tage vor Dienstantritt möglich sein. Bei finanziellen Problemen der Organisation soll der Staat die Grundvergütung und auch das Verpflegungsgeld übernehmen.

Aufwertung beim freiwilligen Sozialjahr
Eine Aufwertung gibt es auch beim freiwilligen Sozialjahr: Zum einen soll künftig das zwölfmonatige Sozialjahr vollständig auf den ordentlichen Zivildienst angerechnet werden. Mit der hierfür notwendigen Zweidrittelmehrheit im Parlament rechnen die beiden Regierungsmitglieder. Zum anderen wird das freiwillige Sozialjahr für Rettungsdienste geöffnet, wodurch Frauen ihr Sozialjahr auch bei der Rettung absolvieren können.

Weiterhin "keinen Konsens" gebe es hingegen bei der Öffnung des Zivildienstes für Frauen, räumte Mikl-Leitner ein. Keine Änderung gibt es bei der Dauer des Zivildienstes, es bleibt bei sechs Monaten Wehrdienst oder neun Monaten Zivildienst. Auch das Verpflegungsgeld bleibe "wie gehabt", so Hundstorfer.

Erstmals sei das Sozialressort bei der Ausbildungsförderung auch finanziell beteiligt, und dies "gerne", sagte der Minister. Der Verteilungsschlüssel beträgt 50:50. Derzeit seien rund 6.100 Zivildiener im Rettungsdienst tätig, zusätzlich könnten dann 5.400 Personen die Möglichkeit zur Ausbildungsförderung nutzen. Maximal müssten fünf Millionen Euro investiert werden.

Regierung will Paket schnell umsetzen
"Das Maßnahmenpaket ist geschnürt" und gehe nun in Begutachtung. Über den Sommer werden die Verordnungen festgeschrieben und per 1. Oktober soll es in Umsetzung gehen, erklärte Mikl-Leitner. Die Attraktivierung sei ein "Meilenstein". Die Einsatzorganisationen seien bei der Erstellung dabei gewesen und tragen das Paket mit: "Wir haben viel Lob erhalten."

Für viele Trägerorganisationen gewinnt der Zivildienst eindeutig an Attraktivität, es wurden aber auch bereits weitere Forderungen an die Regierung gerichtet. So begrüßte die Lebenshilfe die Änderungen, wünscht sich lediglich noch eine bessere finanzielle Unterstützung des freiwilligen sozialen Jahres seitens des Bundes.

Caritas fehlt es noch an wichtigen Maßnahmen
"Viel gelungen" ist auch aus Sicht der Caritas, für ein Gesamtpaket fehle es aber noch an wichtigen Maßnahmen. Für die Bildungsarbeit im freiwilligen Sozialjahr müsse es etwa ebenso einen Ausbildungsbeitrag der öffentlichen Hand geben. Es sei "absolut nicht in Ordnung", dass die Republik für jene Männer, die ihren Zivildienst im Sozialjahr ableisten, keine Förderung analog zum Zivildienst vorsieht, kritisierte Caritas-Präsident Franz Küberl.

Positiv auf die Neuerungen reagierte das Hilfwerk, und auch vom Roten Kreuz kommt Lob. "Bereits jetzt haben wir schon viele Frauen unter den Freiwilligen im Rettungsdienst. Dieses Engagement weiter zu fördern, halte ich für einen wichtigen und richtigen Schritt", erklärte Generalsekretär Werner Kerschbaum. Die Details wie Kosten müsse man sich allerdings noch ansehen, meinte er.

Grüne und Volkshilfe pochen auf Verkürzung des Zivildienstes
Die Grünen pochen indessen weiterhin auf eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate, eine höhere Grundvergütung auf Mindestsicherungsniveau und eine Angleichung an die Normalarbeitszeit. Positiv bewertet wird der neue Ausbildungscharakter und die Anrechenbarkeit des freiwilligen Sozialjahres als Zivildienst.

Auch die Volkshilfe, die sich erfreut über den "tragfähigen Kompromiss" zeigte, fordert weiterhin eine zeitliche Gleichstellung des Zivildienstes mit dem Grundwehrdienst. Begrüßt wird hingegen, dass der Zivildienst nicht für Frauen geöffnet wurde, denn dies würde Lohn- und Sozialdumping bedeuten.

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