"Krone"-Interview

Umweltexperte: “Tonnen an Gift kamen durch Kamin”

Österreich
05.12.2014 08:21
Grau und regnerisch ist es am Donnerstag in Klein St. Paul in Kärnten. Die Rauchschwaden vom Zementwerk Wietersdorfer wirken besonders bedrückend - so wie die Zahlen, die Greenpeace-Experte Herwig Schuster im "Krone"-Interview vorlegt: Bis zu 25 Tonnen Hexachlorbenzol haben das Görtschitztal vergiftet.

"Krone": Was tut Greenpeace hier?
Herwig Schuster: Wir wollen eigene Proben sammeln und drauf schauen, dass alles genau aufgeklärt wird. Bedenken Sie bitte, das ist einer der größten Fälle von Umweltverschmutzung in den letzten zehn Jahren in Österreich! Ein Wahnsinn!

"Krone": Den Eindruck hat man hier nicht. Eher den, dass alles heruntergespielt wird.
Schuster: Leider. Das deckt sich mit unseren Erfahrungen. Umweltlandesrat Holub hat uns wohl um Ideen und Beratung gebeten - aber es wirkt, als hätte die Dimension des Ganzen noch keiner so recht erfasst. Oder will es nicht.

"Krone": Von welcher Dimension reden Sie als Experte also?
Schuster: Nach unserem Wissensstand hat Wietersdorfer seit 2012 Hexachlorbenzol (HCB) in die Luft geblasen, weil der Blaukalk von Anfang an falsch verbrannt worden ist.

"Krone": Wieviel Gift könnte also ausgetreten sein?
Schuster: Wenn Wietersdorfer also durchwegs mit zu niedrigen Temperaturen produziert hat - und davon gehen wir ja aus - dann wurden bis zu 25 Tonnen HCB im Werk verarbeitet. Und ein großer Teil davon wurde durch den Kamin wieder herausgeblasen. Sie können sich ausmalen, was diese Belastung für die Gegend hier bedeutet. Nicht umsonst ist HCB eines der zwölf gefährlichsten Industriegifte der Welt.

"Krone": Seit März ist das bekannt.
Schuster: Und man hat nichts unternommen! Das Zusammenspiel eines Unternehmens, das Fehler macht, und Behörden, die nicht kontrollieren, ist fatal. Und auch Molkerei und Bauern hätten hinschauen können - ein HCB-Test kostet 183 Euro, das wäre leistbar. Normal ist das Verhalten hier nicht.

"Krone": Viele meinen, schon die Genehmigung für diese Verbrennung war ein Fehler.
Schuster: So einen Bescheid wie den von Frau Prettner habe ich überhaupt noch nie gesehen. Es gibt keine Auflage für den Umgang mit dem Blaukalk. Als wären nur Altreifen verbrannt worden, nicht stark belastetes Deponiematerial.

"Krone": Wie gehen Sie weiter vor?
Schuster: Wir fordern mehr Tests. Denn HBC könnte nicht die einzige Gefahr sein, wenn Sie sich die Zusammensetzung des Blaukalks ansehen. Die Messergebnisse bisher sind zudem etwas rätselhaft.

"Krone": Inwiefern?
Schuster: Es gibt stark unterschiedliche Belastungen. Die müssen erst erklärt werden.

"Krone": Was fordert Greenpeace von Wietersdorfer?
Schuster: Die Firma hat sich schuldig bekannt, das ist positiv. Sie kassiert 11,4 Millionen Euro für die Blaukalkverbrennung. Das Geld sollte sofort für Betroffene und Sanierung zur Verfügung gestellt werden - als Ersthilfe. Der Schaden wird viel höher sein, fürchte ich.

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