Zypern-Krise
Präsident und Zentralbankchef mit dem Tod bedroht
"Wir warnen euch und bluffen nicht", zitierte die Zeitung "Politis" am Freitag aus dem Drohbrief. "Wir fangen bei euren Enkeln an, dann sind eure Kinder dran und am Ende ihr selbst, damit ihr so leidet wie wir." Der Computer-Ausdruck ist "An den Präsidenten der Republik und den Gouverneur der Zentralbank" adressiert. Als Unterzeichner tritt eine "Gruppe zur Rettung der Bankguthaben - Geschworen bis in den Tod" auf.
Der Drohbrief, den die Zeitung sofort an die Polizei übermittelte, trägt den 20. März als Datum. Zu diesem Zeitpunkt waren die endgültigen Modalitäten zur Rettung der angeschlagenen Großbanken auf Zypern, bei der Kunden mit mehr als 100.000 Euro Einlagen viel Geld verlieren, noch nicht bekannt.
In der Nacht auf 15. März hatte die Regierung mit den Kreditgebern Zyperns vereinbart, auch kleine Guthaben bis 100.000 Euro mit einer Zwangsabgabe zu belasten. Das Parlament hatte diese Vereinbarung am 19. März abgelehnt, worauf eine andere Lösung ausgehandelt wurde.
Experten zweifeln an Umsetzbarkeit des Rettungsplans
Unterdessen äußern immer mehr Experten Zweifel an der Umsetzbarkeit des Zypern-Rettungspakets. Die beschlossenen Maßnahmen könnten das Land nach Einschätzung von Wirtschaftsjuristen zur Zielscheibe von Klagen machen. Auslandsinvestoren können sich demnach auf eine Eigentumsgarantie berufen und Schadenersatz fordern.
"Bei der Rettung Zyperns hat Brüssel offenbar das internationale Investitionsschutzrecht, das ausländische Investoren vor Enteignungen schützt, nicht wirklich in die Überlegungen miteinbezogen", sagte Jan Schäfer, Partner bei der internationalen Anwaltssozietät King & Spalding in Frankfurt, dem deutschen "Handelsblatt" in seiner Freitagsausgabe.
"Chancen auf Schadenersatz stehen gut"
Alle Betroffenen würden nun ganz genau auf das Völkerrecht schauen. "Noch in diesem Jahr – nach der gängigen Verhandlungsperiode, die eingehalten werden muss – könnte dann eine Klagewelle auf das Land zurollen", meinte Schäfer, denn ausländische Investoren können nicht einfach so enteignet werden.
"Für ausländische Anleger in Zypern besteht also durchaus eine Chance, mit Blick auf die nun beschlossenen Rettungsschritte Schadensersatz zugesprochen zu bekommen", erklärte Christian Tietje, Professor für internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Halle-Wittenberg.
Russen werden wohl durch die Finger schauen
Für russische Investoren, die einst Milliarden nach Zypern geschaffen haben, sieht es indes schlecht aus: Sie haben kein Klagerecht und können nur auf eine zwischenstaatliche Einigung hoffen. Denn der Inselstaat und Russland unterzeichneten zwar schon 1997 ein bilaterales Investionsschutzabkommen – es trat allerdings nie in Kraft.
Putin: "Anleger haben keine Gesetze verletzt"
Die Beteiligung russischer Anleger an der Zypern-Rettung stößt Kreml-Chef Wladimir Putin nach wie vor ziemlich sauer auf. In einem vom ARD aufgezeichneten Interview, das bereits am Freitag in schriftlichen Auszügen veröffentlicht wurde, sprach der Präsident von einem Vertrauensbruch der Sparer gegenüber europäischen Banken. "Die Anleger haben keine zypriotischen oder europäischen Gesetze verletzt. Und plötzlich hat man sie angezapft, ihre Einlagen, zu 60 Prozent. Ist das gerecht? Sie haben ja gegen nichts verstoßen", ärgerte sich der russische Staatschef.
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