Aufatmen in Brüssel

Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland

Ausland
20.02.2015 21:58
Aufatmen in Brüssel: Beim Treffen der Finanzminister der Euro-Zone zu Griechenland hat es am Freitagabend einen Durchbruch gegeben. "Es ist zu Ende und es gibt eine Einigung", sagte ein Diplomat nach fast sechsstündigen Verhandlungen. Wenig später bestätigte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem: Das Hilfsprogramm für die Griechen wird um vier Monate verlängert. Im Gegenzug verpflichtete sich die Regierung unter Alexis Tsipras, die von den Euro-Partnern geforderten Reformen fortzusetzen - was Athen bis zuletzt beharrlich verweigert hatte. Insidern zufolge hätten die Griechen am Freitag aber letztlich die "schwere Kost schlucken" müssen.

Dijsselbloem betonte, der erste Schritt des Verfahrens bestehe darin, dass die griechische Regierung kommenden Montag eine erste Liste der Reformziele vorlegen solle. Die "Institutionen" (vormals Troika) - gemeint sind die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) - würden dann eine erste Einschätzung abgeben, ob dies ein Ausgangspunkt sei, um die Kontrolle des Hilfsprogramms am Ende erfolgreich abzuschließen. Die Liste werde dann um Details ergänzt. Am Dienstag sollte die Euro-Gruppe dann in einer Telefonkonferenz grünes Licht für die Verlängerung um vier Monate geben.

Die Euro-Gruppe habe Dijsselbloem zufolge neben der Einigung auf eine Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms zudem entschieden, dass milliardenschwere EFSF-Anleihen zur Rekapitalisierung griechischer Banken während der Zeit der Verlängerung weiter zur Verfügung stehen sollen. Die vier Monate sollten genutzt werden, um über das weitere Verfahren mit Griechenland zu verhandeln.

Dijsselbloem sagte zudem, möglich sei wohl auch eine Folgevereinbarung für Griechenland, in der der IWF als wesentlicher Geldgeber Athens "auch weiterhin seine Rolle spielen" werde. "Das ist ein sehr positives Ergebnis", fasste der Niederländer zusammen. Er sprach von Vertrauen auf Grundlage von Vereinbarungen.

Athen: "Neue Seite aufgeschlagen"
Athen bekräftige indes, das Hilfsprogramm bis zum 30. Juni inklusive der Spar- und Reformauflagen erfolgreich abschließen zu wollen. In einer ersten Reaktion zur Einigung in Brüssel hieß es aus Regierungskreisen: "Griechenland hat am Freitag eine neue Seite aufgeschlagen." Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der in Brüssel für sein Land verhandelte, erklärte im Anschluss an die Sondersitzung "Von heute an sind wir die Co-Autoren unseres Schicksals." Griechenland werde Reformen umsetzen, die es gemeinsam mit seinen Partnern diskutiere, betonte Varoufakis.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, der wohl härteste Verhandlungspartner, mit dem es Varoufakis aufseiten der Euro-Länder zu tun hatte, kommentierte die Einigung mit Griechenland mit den Worten: "Regieren ist ein Rendezvous mit der Realität."

Schelling: "Haben eine gute Lösung gefunden"
Auf die Frage, ob Griechenland in allen Punkten nachgegeben habe, sagte Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling nach der Sondersitzung, Athen habe die Punkte des Programms akzeptiert. Ob damit Schäuble und all jene, die eine harte Haltung gegenüber Griechenland vertreten hätten, Sieger seien? - Schelling: "Ich glaube, es geht nicht um Sieger oder Verlierer. Wir haben für Europa und Griechenland eine gute Lösung gefunden." Er gehe jedenfalls davon aus, dass die Gefahr eines "Grexit" - eines Ausscheidens Griechenlands aus der Euro-Zone - vom Tisch sei.

Griechen mussten "schwere Kost schlucken"
Zu den von Griechenland verlangten neuen Reformvorschlägen sagte Schelling, im wesentlichen handle es sich um die bisherigen Auflagen. In Verhandlungskreisen hatte es vor der Einigung geheißen, die Griechen hätten "schwere Kost schlucken" müssen. Dijsselbloem habe den Griechen einen Entwurf der Euro-Gruppe vorgelegt, in dem die Forderungen der anderen 18 Euro-Länder zusammengefasst seien. Dann habe er Tsipras angerufen und gesagt: "Das, oder es ist Schluss."

Aber "die Griechen haben die Möglichkeit, Vorschläge zu machen", betonte Schelling. "Wenn diese von den Institutionen akzeptiert werden, kann man sie ins Programm einbauen. Das war immer diese Überlegung, wie flexibel das Programm ist." Es könne sein, "dass die Maßnahmen Griechenlands die gleichen sind, es kann sein, dass es andere sind. Das wissen wir heute nicht."

Lösung bereits im kleinen Kreis ausverhandelt
Einer der Gründe für die rascher als erwartet gefundene Einigung dürfte auch die Vorarbeit gewesen sein. Diese hatte drei Stunden gedauert, erst dann wurde die Sondersitzung am Freitagabend in Brüssel eröffnet. Schäuble, Varoufakis, sowie IWF-Chefin Christine Lagarde und Dijsselbloem hatten sich bereits vor Beginn der Tagung auf eine Lösung verständigt, hieß es aus gut informierten Kreisen.

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