Aufgebläht

EU spart bei Anzahl der Kommissare doch nicht ein

Ausland
21.05.2013 17:37
Die Verweigerung von Sparmaßnahmen bringt Brüssel erneut ins Kreuzfeuer der Kritik: Still und heimlich haben die Regierungen der EU-Mitglieder vereinbart, die EU-Kommission beim Gipfel am Mittwoch doch nicht zu verkleinern - obwohl das im Lissaboner Vertrag so vorgesehen ist. Auch in Zukunft soll damit jedes Mitgliedsland einen Kommissar entsenden dürfen. Auf rund 54 Millionen Euro belaufen sich die Kosten der 27 EU-Kommissare derzeit pro Jahr - und die Zahl wird sogar noch steigen, wenn im Juli Kroatien als 28. Staat der Union beitreten wird.

Auf dem EU-Gipfel soll formal beschlossen werden, dass die Kommission nicht wie ursprünglich geplant ab November 2014 verkleinert wird. "Das wird jetzt formalisiert als Beschluss des EU-Rates, aber es ist keine neue Entscheidung", hieß es am Dienstag in deutschen Regierungskreisen.

Mit Beschluss wird Lissabon-Vertrag ausgehebelt
Hintergrund ist eine jahrelange Debatte über die Regelung, dass jedes EU-Land auch einen Kommissar in Brüssel stellen darf. Dies war angesichts der wachsenden Anzahl an Mitgliedstaaten als nicht mehr vernünftig und zu teuer kritisiert worden. Dennoch haben sich die 27 Länder der Union nun laut "Spiegel Online" "klammheimlich und in großer Einmütigkeit" auf einen Beschluss verständigt, dass die Kommission nicht wie im Vertrag von Lissabon vorgesehen verkleinert wird.

In dem Vertrag ist eine Reduzierung auf 19 Spitzenposten ab November 2014 verankert. Im Artikel 17, Absatz 5 des Vertragswerks ist klar geregelt: "Ab dem 1.11.2014 besteht die Kommission aus einer Anzahl von Mitgliedern, die zwei Dritteln der Zahl der Mitgliedstaaten entspricht." Diese strikte Vorgabe einer Reduzierung auf 19 Kommissare werde jetzt gekippt, weil die EU-Staatschefs befürchten, dass sie mit dieser Reform vielleicht ausgerechnet "ihren" Kommissar verlieren, so "Spiegel Online".

Der für Mittwoch geplante Beschluss werde aber eine Revisionsklausel enthalten, wonach der EU-Rat die Zahl der Kommissare für die übernächste Kommission überprüfen werde, hieß es am Dienstag in Deutschland. Eine Veränderung kann allerdings nur einstimmig beschlossen werden – womit die kleinen Staaten weiterhin eine Blockademöglichkeit haben.

28 statt 19 Kommissare: 13,5 Millionen Euro Mehrkosten
Die EU provoziert mit der Entscheidung gegen eine Verringerung der Anzahl der Kommissare jedenfalls erneut Kritik: So erhält ein Kommissar ein monatliches Grundgehalt von 20.000 Euro. Werden Kabinett, Limousine und Reisekosten samt Unterbringung dazugerechnet, summieren sich die jährlichen Kosten auf geschätzte 1,5 bis zwei Millionen Euro. Macht laut "Spiegel Online" bei 28 - zu den aktuell 27 Kommissaren kommt ab 1. Juli noch der kroatische dazu - statt 19 Kommissaren mindestens 13,5 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr. Und mit der Formel "Ein Kommissar pro Land" würden sich mit jedem neuen Beitrittsland die Kosten entsprechend erhöhen.

Doppelgleisigkeiten: Kommission gilt als aufgebläht
Außerdem gilt die Kommission als aufgebläht: So gibt es etwa einen Kommissar für Umwelt sowie einen für Klimaschutz. Ähnlich zweifelhaft sei das Ressort Kultur, obwohl die EU für Kulturangelegenheiten von den Mitgliedstaaten keinerlei Kompetenzen übertragen bekommen habe. Und es stellt sich die Frage, warum sich mitunter die Hohe Vertreterin für die Außenpolitik, der Kommissar für Erweiterung und die Kommissarin für die Nachbarschaftspolitik gegenseitig auf die Füße treten.

Österreich stellt übrigens mit Johannes Hahn derzeit den EU-Kommissar für Regionalpolitik.

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