Besuch bei der EU

Papst: “Europa droht seine Seele zu verlieren”

Ausland
25.11.2014 12:42
Papst Franziskus hat die Europäische Union am Dienstag bei seiner Rede vor dem EU-Parlament in Straßburg dazu aufgefordert, die Menschenwürde stärker ins Zentrum der europäischen Politik zu rücken. Europa laufe Gefahr, "seine Seele zu verlieren", warnte er. "Es bestehen noch immer zu viele Situationen, in denen Menschen wie Objekte behandelt werden", erklärte das Kirchenoberhaupt.

"Ich meine, dass es äußerst wichtig ist, eine Kultur der Menschenrechte zu vertiefen", sagte der Papst. Er ermutige die EU überdies, zu den festen Überzeugungen der Gründungsväter zurückzukehren und Teilung zu überwinden. Im Mittelpunkt sei das Vertrauen auf den Menschen gestanden, als einen mit transzendenter Würde begabten Menschen.

Durch die Wirtschaftskrise sei die Einsamkeit von Alten und Jugendlichen verschärft worden. Mit der EU-Erweiterung sei das Misstrauen gegenüber den EU-Institutionen verstärkt worden. "Von mehreren Perspektiven aus gewinnt man den Eindruck von Müdigkeit und Alterung", sagte Franziskus in Hinblick auf den Zustand Europas.

Kritik an "Wegwerfkultur" und "Konsumismus"
Der Papst kritisierte insbesondere die vorherrschende "Wegwerfkultur" und den "Konsumismus". Die großen Ideale Europas scheinten ihre Anziehungskraft verloren zu haben. "Der Mensch ist in Gefahr, zu einem bloßen Räderwerk herabgewürdigt zu werden", mahnte er.

Die Rede des Papstes wurde mit stehenden Ovationen aufgenommen. Dabei redete Franziskus den EU-Parlamentariern 45 Minuten lang ins Gewissen, auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hörte der Rede zu. Der Papst habe "allen aus dem Herzen gesprochen", zeigte sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz anschließend dankbar gegenüber dem Heiligen Vater.

Papst-Rede werden ins Münster übertragen
Die Visite in Straßburg gilt ausschließlich den dort ansässigen europäischen Institutionen und dauert weniger als vier Stunden - dies ist nach Angaben des Vatikans die bisher kürzeste Auslandsreise eines Papsts. Die Straßburger hatten keine Gelegenheit, den Papst zu sehen - daher wurde sein Auftritt live ins gotische Münster der Elsass-Metropole übertragen.

Der gebürtige Argentinier besuchte seit seinem Amtsantritt im März vergangenen Jahres bereits Brasilien, den Nahen Osten, Südkorea und im September als erstes europäisches Land Albanien. Seine nächste Auslandsreise soll Franziskus Ende des Monats in die Türkei führen.

Auch Johannes Paul II. sprach vor EU-Parlament
Franziskus ist der zweite Papst, der die europäischen Institutionen in Straßburg besucht. Als erstes Oberhaupt der katholischen Kirche sprach im Oktober 1988 Johannes Paul II. vor dem Europaparlament. Der gebürtige Pole plädierte damals - ein Jahr vor dem Fall der Berliner Mauer - für ein geeintes, christliches und nach Osten hin geöffnetes Europa.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele