Stadthalle live

Bryan Adams’ opulente Reise in die Vergangenheit

Musik
16.12.2014 06:00
Zwischen Rock-Klassikern und Herzschmerz-Balladen - Legende Bryan Adams machte im Zuge seiner "Reckless 30th Anniversary"-Tour in der Wiener Stadthalle Station und leitete Montagabend 8.500 Fans in die letzte Adventwoche. Dabei changierte der 55-Jährige geschickt zwischen harten Rock-Evergreens, zuckersüßen Balladen und humoristischen Einlagen.
(Bild: kmm)

"Wir spielen heute zu seinem 30-Jahre-Jubiläum das Album 'Reckless' – falls ihr das nicht auf euren Tickets seht." Für diese Art von trockenem Humor ist der kanadische Rockstar Bryan Adams seit mittlerweile mehr als drei Dekaden bekannt. Etwa 8.500 Fans lassen sich schon relativ früh vom spitzbübischen Charme des 55-Jährigen einwickeln, der sich zur Freude vieler in der ersten Konzerthälfte vollständig auf Songs seines großen Durchbruchalbums konzentriert. Live kommt Adams ohnehin immer etwas rauer rüber als auf den Tonträgern, doch das "Reckless"-Material zeigt eindrucksvoll, dass der Schmuse-Rocker in seinem Karriere-Frühling tatsächlich den ursprünglichen Sinn einer Starkstromgitarre erfasst hatte.

Rockig und kratzbürstig
Das flotte "One Night Love Affair", der mit einer einprägsamen Gitarren-Hook versehene All-Time-Klassiker "Run To You" oder das auf dem Originalalbum nicht veröffentlichte "The Boys Night Out" zeigen den passionierten Fotografen von seiner kratzbürstigen Seite. Dass flotte Evergreens wie "Kids Wanna Rock" oder der Jahrhundert-Hit "Summer Of '69" für frenetischen Jubel sorgen, versteht sich von selbst. Beim ironisch als "sentimentalen Love-Song" angekündigten "Ain't Gonna Cry" setzt sich erstmals Adams' langjähriger Sidekick in Szene – Lead-Gitarrist Keith Scott wälzt sich in bester Rocker-Pose am Boden und wirkt über die ganze Show gesehen noch aktiver als sein Chef.

Richtig balladesk wird es anfangs nur beim Gänsehaut verursachenden "Heaven" – dank eindringlicher Stimme und galaktischen Lichteffekten ein frühes Highlight im opulenten Set des Nordamerikaners. Dazwischen bleibt viel Platz für Erinnerungen – etwa an die Aufnahmen von "It's Only Love" mit Tina Turner, visuelle Vergangenheitsbewältigungen auf der pompösen Videowall oder eine spezielle Geschichtsstunde à la Adams, bei der er sich an Vinyl und CDs ("Die hat man früher mal auf Bäume gehängt, um die Vögel zu verscheuchen") erinnert. Was bleibt ihm auch übrig – das letzte richtige Studioalbum lässt bereits knapp sieben Jahre auf sich warten und die ganz großen Klassiker sind fernab des aktuellen Jahrtausends entstanden.

Working-Class-Hero
Dass die alten Songs aber noch immer keinen Staub angesetzt haben, liegt nicht nur an der Zeitlosigkeit der Kompositionen, sondern auch an Adams' juvenilem Auftreten. Von einer Bühnenseite zur anderen sprintend, stets mit direktem Kontakt zu den Fans (bei "If Ya Wanna Be Bad Ya Gotta Be Good" lässt er sich von einer Zuseherin sogar eine private Tanzvorstellung geben) gibt sich der geübte Künstler ganz als routinierter Entertainer mit viel Bodenständigkeit. Ähnlich wie Bruce Springsteen enttarnt man auch Bryan Adams sofort als Sprachrohr der Masse.

Die Faserschmeichler lässt der Frontmann natürlich nicht außen vor, vor allem die zweite Konzerthälfte ist in buntes Best-of der größten Softrock-Hymnen des Kultrockers. Dass diese mal intensiver ("She Knows Me", "Straight From The Heart") und mal beliebiger ("All For Love", "Please Forgive Me") geraten sind, ist diskutabel – den Besuchern in der Stadthalle singt Adams damit aber direkt in die Herzen. Das ständige Changieren zwischen Rocknummern ("18 Til I Die"), kleinen Überraschungen ("When You're Gone" solo mit Akustikgitarre) und wuchtigen Soundwänden mit Jam-Charakter ("Cuts Like A Knife") halten das 135-minütige Konzert zudem über die volle Spielzeit spannend.

Besinnliches Ende
Ohne optischen Aufputz und visuelle Spielereien entfacht der Rock noch immer seine größte Wirkung. Mit einem Akustik-Block beschließt Adams seine Reise in die Vergangenheit, bei der aktuelleres Material fast völlig außen vor gelassen wird. Die weihnachtlichen Auftaktriffs zu "Christmas Time" lassen vor dem endgültigen Abschied sogar noch etwas Besinnlichkeit durch die Stadthalle wabern. Die wohl populärste Ballade ist Programm: "(Everything I Do) I Do It For You", eine Botschaft die direkt an die Fans gerichtet ist und nichts von ihrer ursprünglichen Magie verloren hat. Von Nostalgie lässt sich schließlich ewig zehren und mit der Rolle des Soft-Rockers hat sich Adams schon lange abgefunden.

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