Volksoper Wien

Weltflucht mit Superhelden als direkte Kraftquelle

Kultur
25.10.2025 05:30

Die Volksoper Wien stimmt mit einer weiteren Neuproduktion in das Strauss-Jubeljahr ein – mit der Operette „Eine Nacht in Venedig“. Regie führt die niederländische Regisseurin Nina Spijkers. Ein Gespräch über Superhelden, Rassismus auf der Bühne und das Spiel mit Erwartungen. 

„Krone“: Was hat Sie daran gereizt, „Eine Nacht in Venedig“ zu inszenieren?
Nina Spijkers:
 Die Musik! Sie ist voll von so vielen verschiedenen Atmosphären, ist voller Energie, Freude und Partymusik, aber auch voller wunderschöner, tief empfundener Psychologie. Selbst Leute, die nie Opern oder Operetten hören, kennen diese Melodien. Diese Musik ist im kollektiven Bewusstsein der Menschen. Und mich hat die Herausforderung gereizt: Ich habe die Operette davor in zwei Fassungen gesehen – und die Handlung hat mich immer etwas verwirrt.

Konnten Sie die Verwirrung auflösen?
Wir haben versucht, es so klar wie möglich zu machen – mit einer Version, in der die Absurdität der Handlung mit dem Stück zusammenarbeitet, statt ihm zu widersprechen.

Nina Spijkers will in der „Nacht in Venedig“ mit Klischees und Erwartungen spielen.
Nina Spijkers will in der „Nacht in Venedig“ mit Klischees und Erwartungen spielen.(Bild: Lowygraphy /Volksoper Wien)

Wie sind Sie mit der Balance umgegangen, Strauss zu ehren und gleichzeitig zu aktualisieren?
Ich wollte das Stück nicht in irgendeine neue Form zwängen, es als politische Plattform für meine Meinung nutzen. Ich möchte wirklich, dass das Stück glänzt! Wir haben uns musikalisch an das Original gehalten, an die Wiener Fassung. Was ich aber wirklich wollte, war ein neuer Text, der jetzt mit Fabian Pfleger entstanden ist.

Warum ein neuer Text?
Im Libretto stecken rassistische Beleidigungen, manches ist einfach zu sexistisch. Das haben wir geändert. Es ist kein Aktivismus, es ist einfach zeitgemäß. Ich will keinen Rassismus auf der Bühne.

Welches Zeitsetting haben Sie gewählt?
Wir haben für das Bühnenbild eine Art Pop-up-Buch-Feeling entwickelt. Es ist wie ein Kinderbuch aus weißem Karton und zugleich eine Anspielung auf altmodische Bühnenbilder, Venezianische Architektur, ganz in Weiß gehalten ist. Es ist wie eine Einladung an das Publikum, sein eigenes Venedig darauf zu projizieren.

„Nacht in Venedig“

  • Die Operette von Johann Strauss entstand 1883. Für die Volksoper Wien hat Fabian Pfleger die Dialoge im Libretto von F. Zell und Richard Genée neu geschrieben.
  • Bei der Premiere der Produktion ist am Samstag, 25. Oktober, 19 Uhr. Weitere Termine: 29. Oktober sowie 1., 8. und 18. November. 
  • Regie führt Nina Spijkers, am Pult steht Alexander Joel. Es singen u.a. Lucian Krasznec, Johanna Arrouas und Ulrike Steinsky.

Und die Kostüme?
Da beginnen wir im historisch genauen Rokoko-Kostüm. Wenn sich die Figuren dann für den Karneval umziehen, schlüpfen sie in das, was wir heute als Kostüme verwenden: Superhelden, Frida Kahlo oder Donald Trump.

Steckt in dem Stück mehr als Weltflucht in die Partylaune?
Wir verkleiden uns immer noch gerne und verschwinden in der Fantasie. Auch dazu ist Kunst da. Und wir brauchen das mehr denn je. Es ist manchmal sehr düster, die politische Lage kann sehr trostlos sein, und Menschen haben manchmal große Angst. Auch ich brauche da manchmal Momente, in denen mein Gehirn ganz woanders hingeht – das Herz natürlich auch. Und genau das bieten wir an.

Was sollen/dürfen Menschen mitnehmen aus dieser „Nacht in Venedig“?
Freude! Ganz viel Freude! In Zeiten wie diesen ist das absolut aktivistisch, Freude zu erzeugen und zu teilen. Ich meine das ganz politisch: Es schafft und gibt Kraft.

Gibt es eine besondere Figur, mit der Sie eine besondere Verbindung haben?
Wir haben sie alle dreidimensional gestalten, spielen mit Erwartungen und Klischees, stellen sie sogar in Frage. Die Ciboletta etwa ist nicht nur charmant und schön, sondern auch klug. Der Herzog hat nur den Ruf eines Frauenhelden, ist aber nervös und schüchtern. Oder die begehrenswerte Barbara, die normalerweise ziemlich jung besetzt ist, spielt bei uns die wunderbare Ulrike Steinsky entschieden. Ich feiere diese Figur der reifen Frau mit einem jüngeren Ehemann und einem noch jüngeren Toyboy. Diese subversiven Nuancen machen das Stück spannender. Und sie bringen Menschen dazu, ihr eigenes Inneres zu hinterfragen.

Womit gelingt das der Operette immer noch besonders gut?
Durch die Musik! Sprache geht ja durch das Gehirn. Sie kann das Herz erreichen, den Bauch erreichen. Sie kann tiefer reichen. Sie kann die Seele erreichen. Aber braucht diesen Umweg nicht: Sie kann ganz direkt in unsere Seele sprechen.

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