Aus Protest

Katalanische Separatisten heben ihr Geld ab

Ausland
20.10.2017 15:53

Nach der Androhung von Zwangsmaßnahmen hat die katalanische Unabhängigkeitsbewegung neue Protestaktionen gestartet, die auf die Wirtschaftskraft der Region zielen: Zahlreiche Menschen folgten am Freitag einem Aufruf, Geld von ihren Bankkonten abzuheben. Die Geldhäuser zeigten sich davon unbeeindruckt. Die spanische Regierung in Madrid bereitet indessen den Entzug von Autonomierechten vor. Laut Medien scheint alles auf Regionalwahlen in Katalonien im Jänner hinzudeuten.

In Barcelona gingen Freitagfrüh viele Bewohner zu den Bankomaten und hoben Geld ab. Oft war das der symbolische Betrag von 155 Euro, in Anspielung an den Verfassungsartikel 155, auf dessen Grundlage die Zentralregierung die katalanischen Pläne für einen eigenen Staat mit Zwangsmaßnahmen stoppen will.

"Es ist Zeit, zu zeigen, dass unsere Stärke in jedem von uns liegt, dass die Summe der kleinen individuellen Schritte alles verändern kann", erklärte die Organisation Omnium Cultural, die zusammen mit der Bürgerinitiative Katalanische Nationalversammlung (ANC) zu der Aktion aufgerufen hatte.

Unter dem katalanischen Hashtag "#laforcadelagent" (Die Stärke der Menschen) dokumentierten die Separatisten ihre Beteiligung an der Aktion. Auf Twitter-Bildern waren Schlangen vor den Banken zu sehen.

Banken geben sich von Aktion unbeeindruckt
"Was wir sagen können, ist, dass absolute Ruhe herrscht", sagte ein Sprecher des Banco Sabadell. Ähnlich äußerten sich Vertreter der CaixaBank. Beide Institute waren in dem Aufruf genannt worden, da sie ihren Sitz wegen der Unabhängigkeitsbestrebungen von Barcelona nach Valencia bzw. Alicante verlegen wollten.

Die Koordinatoren des Protests hatten dazu aufgerufen, zwischen 8 und 9 Uhr früh Geld von den Banken abzuheben, damit der Effekt möglichst eindeutig nachweisbar sei. In ihrem Unabhängigkeitsbestreben argumentieren viele Katalanen damit, dass sie von der Zentralregierung in Finanzfragen ungerecht behandelt werden. Katalonien erwirtschaftet rund ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsprodukts.

Bürgermeisterin hält Aktion nicht für die "beste Idee"
Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, sagte am Freitag in einem Interview des Senders Cadena Ser, sie halte den Aufruf zum Geldabheben nicht für die "beste Idee". Mit den jetzt anstehenden Entscheidungen in Madrid werde sich aber die Mobilisierung der Unabhängigkeitsbewegung verstärken.

Bei einem von der spanischen Zentralregierung und Justiz als rechtswidrig eingestuften Referendum hatten sich am 1. Oktober 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit Kataloniens ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung lag allerdings bei lediglich 43 Prozent. Die Regierung in Madrid will die Unabhängigkeit verhindern.

Regierung in Madrid hält Krisensitzung ab
Die spanische Regierung tagte am Freitag, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Für Samstag ist geplant, dass das Kabinett von Ministerpräsident Mariano Rajoy bei einer Krisensitzung festlegt, welche konkreten Maßnahmen zum Entzug der bestehenden Autonomierechte beschlossen werden sollen.

Spanien sieht sich in Hinblick auf seine verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Einschränkung der Autonomie von Katalonien in guter Gesellschaft in Europa. Am Rande des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag in Brüssel verwiesen spanische Diplomaten auf die Verfassungen anderer Staaten, darunter Österreich. Der Artikel 120 der österreichischen Bundesverfassung ermöglicht - unter bestimmten Umständen - die Auflösung eines Landtags durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung und Zustimmung des Bundesrats.

Medien: Regionalwahlen in Katalonien im Jänner
Die Nachrichten-Webseite eldiario.es berichtete, Rajoys konservative Volkspartei (PP) und die oppositionellen Sozialisten (PSOE) hätten sich bereits darauf verständigt, im Jänner in Katalonien Regionalwahlen abzuhalten. Dies wurde von der PSOE-Verhandlungsführerin Carmen Calvo bestätigt. Der PP-Politiker Fernando Martinez-Maillo sagte lediglich, Wahlen in Katalonien seien "natürlich erforderlich".

Rajoys Partei hat im Senat die erforderliche Mehrheit, um Zwangsmaßnahmen gegen die katalanische Regionalregierung unter Regionalpräsident Carles Puigdemont beschließen zu lassen. Die PP setzt aber weiter auf ein Einlenken der Katalanen. Solange Puigdemont die Unabhängigkeit nicht erklärt habe, gebe es Verhandlungsspielraum, sagte Martinez-Maillo.

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