Die Fünfjährige war im März 2013 wegen eines Abszesses, der sich nach einem Insektenstich gebildet hatte, im Wilheminenspital behandelt worden. Dass dabei nicht gemäß den medizinischen Standards vorgegangen wurde, machte der zum gerichtlichen Sachverständigen nominierte Gutachter Michael Störck, Facharzt für allgemeine Chirurgie und Gefäßchirurgie, deutlich. Das Mädchen, das man in Bauchlage fixiert hatte, wurde "mit Sicherheit nicht lege artis behandelt", ist seiner ausführlichen schriftlichen Expertise zu entnehmen.
Mädchen bei Behandlung nicht sediert
Nachdem die intravenöse Verabreichung von Antibiotika nichts bewirkt hatte, hatte man sich entschlossen, das Abszess zu öffnen und den Eiter zu entfernen. Dieser Eingriff erfolgte laut Gutachten "ohne Wissen und Einwilligung der alleinerziehungsberechtigten Kindesmutter". Vor allem aber wurde das Mädchen nicht sediert, obwohl die Behandlung "auch für einen erwachsenen Patienten eine sehr schmerzhafte Prozedur", für ein fünfjähriges Kind aber "gänzlich unzumutbar" sei, so der Sachverständige.
Bemerkenswert erscheint auch, dass die für das Aufschneiden des Abszesses nötigen medizinischen Instrumente "zusammengesucht" werden mussten, wie Störck wörtlich formuliert. Eine Pinzette wurde laut Gutachter auf der Ambulanz am Flötzersteig beschafft, Skalpelle auf der II. Chirurgischen Abteilung. Fazit des medizinischen Sachverständigen: "Das zeigt, dass auf der Kinderabteilung des Wilhelminenspitals keinerlei Infrastruktur für operative Eingriffe vorhanden ist."
Verhandlung wegen Geständnis abgesagt
Am Montag hätte sich am Wiener Straflandesgericht der in diesem Fall tätig gewesene Oberarzt wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten müssen. Die Verhandlung wurde allerdings kurzfristig abberaumt, nachdem sich der Beschuldigte im Unterschied zu seiner bisherigen Verantwortung unmittelbar vor dem Termin schuldeinsichtig gezeigt hatte.
Damit waren sämtliche Voraussetzungen gegeben, um ein diversionelles Vorgehen zu prüfen. Weder war es in dem Fall zu schweren Folgen gekommen noch lag aufseiten des Mediziners eine sogenannte schwere Schuld vor. In welcher Form die Diversion abgewickelt wird - mit dieser würde der Oberarzt einem Schuldspruch sowie einer Eintragung im Strafregister und allfällig damit verbundener beruflicher bzw. disziplinärer Folgen entgehen -, soll in den kommenden Tagen festgelegt werden.
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