Schülerdaten-Causa

Bifie warnte vor Teststopps von PISA und Co.

Österreich
12.03.2014 10:53
Das Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) hat unmittelbar nach der Mitteilung des heurigen Teststopps für Bildungsstandards sowie die PISA- und die TIMSS-Studie vor diesem Schritt gewarnt. Experten wiesen ebenfalls darauf hin, da ohne solche Studien Daten als Korrektiv fehlen würden. Bundeskanzler Werner Faymann stärkte Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek allerdings am Mittwoch den Rücken.

Mails von Direktorium, Aufsichtsrat und wissenschaftlichem Beirat des Bifie, die der APA vorliegen, untermauern die Warnungen des Instituts. Demnach wurde dem Bifie das vorläufige Aus für die Bildungstests schon am Samstag mitgeteilt. Bereits am Tag darauf reagierten die Bifie-Direktoren Christian Wiesner und Martin Netzer mit einem Schreiben an Bildungsministerin Heinisch-Hosek. "Als Verantwortliche des Bifie sehen wir es trotz der angespannten medialen Situation als unsere Pflicht, auf die Risiken und möglichen Konsequenzen hinzuweisen, die durch das Aussetzen oder auch Verschieben von Überprüfungen und Tests des Bifie entstehen können", hieß es darin.

Die Verschiebung der Bildungsstandard-Überprüfungen sehen die Bifie-Chefs "mit großen organisatorischen Herausforderungen und zusätzlichem finanziellem Ressourcenbedarf, aber auch strategischen Risiken verbunden". Unter anderem müssten sämtliche Erhebungsmaterialien neu gedruckt werden, was allein knapp eine Million Euro koste. Dazu kämen erneute Datenmeldungen durch die Schulleitungen und nun vermutlich vergebliche Ausgaben für Testleiter-Trainer, Testleiter, Auswerter und Assessoren.

Daten für nationalen Bildungsbericht 2015 fehlen
Durch die Absage der heurigen Standard-Testungen würde außerdem der erste Testzyklus mit Mathematik, Englisch und Deutsch nicht abgeschlossen. "Damit gibt es keine zusammengefassten Daten für den kommenden nationalen Bildungsbericht 2015. Auch kann ohne einen Abschluss eines Zyklus kein abschließender Bericht der Bildungsstandard-Überprüfung erfolgen. Sollten die heuer abgesagten Deutsch-Standarderhebungen im kommenden Jahr nachgeholt werden, fielen sie vom Arbeitsanfall her mit der Erhebung der Mathe-Standards in der vierten Klasse Volksschule zusammen." Dies würde das Bifie und seine Ressourcen 2016 "erheblich überlasten".

Auch für die PISA- und TIMSS-Feldstudien seien bereits Sachmittel von rund 300.000 Euro angefallen, argumentieren die Direktoren. Der nun abgesagte PISA-Feldtest sei darüber hinaus eine "notwendige Brückenstudie, welche die Basis bildet, damit zukünftige PISA-Ergebnisse mit früheren Ergebnissen im Trend verlinkt werden können".

"Selbstverständlich wird Entscheidung respektiert"
Zusammenfassend betonen Netzer und Wiesner, "selbstverständlich" jede Entscheidung der Ministerin zu respektieren. "Als Direktoren betrachten wir es jedoch als unsere Pflicht, in aller Form auf die budgetären, organisatorischen und strukturellen Schwierigkeiten hinzuweisen, die sich durch eine kurzfristige Absage bzw. Verschiebung der seit Langem vorbereiteten Testungen ergeben werden." Geschlossen wird das Schreiben mit einem hoffnungsfrohen Wunsch: "Ihnen wünschen wir viel Kraft und Erfolg in dieser äußerst schwierigen Situation. Wir sind überzeugt, das BMBF (Bildungsministerium, Anm.) und das Bifie können diese kritischen Wochen gemeinsam erfolgreich meistern."

Bifie-Aufsichtsratsvorsitzender Arthur Mettinger appellierte wiederum "nachdrücklich" an Heinisch-Hosek, "die Argumente der Bifie-Direktoren bei Ihrer Entscheidung über eine (Nicht-)Verschiebung der Bildungsstandard-Überprüfung sowie der Internationalen Studien entsprechend zu würdigen". Der wissenschaftliche Beirat sieht die "derzeitige Entwicklung sehr bedenklich".

Faymann stärkt Heinisch-Hosek den Rücken, ÖVP enttäuscht
Bundeskanzler Faymann stärkte der Unterrichtsministerin unterdessen am Mittwoch in ihrer Entscheidung den Rücken. Die Daten seien nicht sicher, und das zuzugeben und die Konsequenzen zu ziehen, sei besser, als die Augen vor dem Problem zu verschließen, sagte er im Pressefoyer nach dem Ministerrat.

Heinisch-Hosek habe in der Regierungssitzung ausführlich über die Schülerdaten-Causa berichtet und "gesagt, die Datensicherheit ist nicht vorhanden", so Faymann. "An dem wird gearbeitet, aber die gibt's zur Stunde nicht." Bestimmte Tests auszusetzen, sei daher auch keine Frage der Ideologie, sondern eine der Verantwortung.

Bedauernd äußerte sich Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner, der es "schade" findet, "dass wir die Tests nicht fortführen und die Experten nicht in der Lage sind, das Problem zu lösen", wie er vor dem Ministerrat sagte. Dies sei vor allem deshalb "bedauerlich", weil somit die Vergleichbarkeit entfalle. Dies gab auch Familienministerin Sophie Karmasin zu bedenken, meinte aber zugleich, es gelte hier "abzuwägen", und sie verstehe die "Entscheidung zugunsten der Datensicherheit".

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