Willkürjustiz?

Metro-Attentäter in Weißrussland hingerichtet

Ausland
18.03.2012 12:21
Ungeachtet internationaler Proteste hat Weißrussland zwei zum Tode Verurteilte hingerichtet, die im April 2011 in der Minsker Metro ein Attentat verübt haben sollen. Die beiden 26-Jährigen, Wladislaw Kowaljow (im Bild rechts) und Dmitri Konowalow (links), wurden per Genickschuss getötet. Weißrussland vollstreckt als letztes Land Europas die Todesstrafe.

Das Staatsfernsehen ONT und die amtliche Agentur Belta machten keine Angaben zum Zeitpunkt der Hinrichtung. Am Samstag hatte zunächst nur Kowaljows Mutter unter Tränen ein Schreiben des Obersten Gerichts vorgelegt, wonach das Urteil vollstreckt sei.

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte eine Begnadigung der beiden verurteilten Arbeiter abgelehnt. Die Parlamentarische Versammlung der OSZE hatte noch am Freitag zu einem Stopp der umstrittenen Hinrichtung aufgerufen.

Bei dem Anschlag auf die Metro im Stadtzentrum waren am 11. April vorigen Jahres 15 Menschen getötet und etwa 300 verletzt worden. Lukaschenko hatte die Bluttat schon wenige Stunden danach als aufgeklärt bezeichnet. Allerdings widersprachen sich die offiziellen Angaben zum Hergang mehrfach. Auch der Prozess gegen die beiden Angeklagten war umstritten.

Geständnisse unter Folter?
Aus Sicht von Experten war die Schuld der Männer nicht erwiesen, weil die Beweislage unklar war. Die weißrussische Justiz steht in der Kritik, Beweise zu manipulieren, Geständnisse unter Folter zu erzwingen und Willkürurteile zu fällen. Der Angeklagte Konowalow hatte im Gegensatz zu Kowaljow seine Schuld offiziellen Angaben zufolge eingestanden. Nach Ende des Prozesses hatten die Ermittler auch die vor Gericht präsentierten umstrittenen Beweise rasch vernichtet.

Experten vermuten inszenierten Anschlag
Viele Menschen in Weißrussland hatten jedenfalls Zweifel an der Schuld der Männer sowie an den vom Geheimdienst KGB geführten Ermittlungen. In Internetblogs hatten Experten die Meinung geäußert, es könne sich nach dem Modell des sowjetischen Staatsterrors um einen vom Machtapparat inszenierten Anschlag handeln, um die Menschen in Angst zu versetzen und von der politischen Krise abzulenken.

Deutschland stellt Eishockey-WM in Minsk infrage
Die EU und die USA haben angesichts der Willkürjustiz Sanktionen gegen Weißrussland verhängt. Auch Österreich und Deutschland hatten erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens erhoben. Die Hinrichtung werde die ohnehin schwer belasteten Beziehungen zwischen Weißrussland und Europa weiter erschweren, hieß es aus dem deutschen Kanzleramt. Auch die Austragung der Eishockey-WM in Minsk 2013 stehe demnach infrage.

Das völlig verarmte Weißrussland erlebt gegenwärtig eine seiner schlimmsten Wirtschaftskrisen sowie einen dramatischen Wertverlust es belarussischen Rubels. Wichtigster Verbündeter Lukaschenkos ist Russland. In der russischen Hauptstadt Moskau zündeten Menschen vor der weißrussischen Botschaft Kerzen für die Hingerichteten an und legten Blumen nieder.

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