Schmaler Schacht

Kumpel in Chile müssen für Rettung abspecken

Ausland
26.08.2010 12:30
Die seit 19 Tagen in einem Bergwerk in Chile verschütteten Kumpel haben nun erfahren, dass sie vermutlich noch Monate in 700 Metern Tiefe auf ihre Rettung warten müssen. Bis dahin sollen die 33 Männer mit psychologischer Betreuung und einem Fitnessprogramm auf die Rettung vorbereitet werden. Der Rettungsschacht wird nämlich nur einen Durchmesser von 66 bis 70 Zentimeter haben.

Laut Angaben der Einsatzkräfte dürfen die Kumpel nicht mehr als 90 Zentimeter Hüftumfang haben. Die meisten von ihnen waren vor dem Unglück stark übergewichtig, deshalb soll mit einem Fitnessprogramm verhindert werden, dass die Kumpel wegen Bewegungsmangels und auch wegen befürchteter Depressionen Gewicht zulegen.

Am Mittwoch wurde den Bergleuten mitgeteilt, dass eine Rettung vor dem Nationalfeiertag am 18. September nicht möglich ist, "aber wir hoffen, Weihnachten mit ihnen zusammen zu sein", so Gesundheitsminister Jaime Manalich. Er erwartet, dass die nach dem ersten Kontakt am Sonntag unter den 33 Verschütteten entstandene Euphorie nun zunächst in "Angst und Niedergeschlagenheit" umschlage.

"Holt uns aus der dieser Hölle"
Die Bergleute haben sich mit einem dramatischen Appell an Präsident Sebastian Pinera gewandt. "Unter einem Meer von Felsen hoffen wir, dass ganz Chile sich anstrengt, um uns aus dieser Hölle rauszuholen", sagte Schichtführer Luis Urzua, als er mit dem Staatschef telefonierte. Pinera ließ keinen Zweifel daran, dass alles getan wird, die Arbeiter aus ihrem Gefängnis in der Tiefe zu befreien. "Ihr seid keinen Moment allein."

Die entscheidende Etappe der längsten Rettungsaktion in Chiles Bergbaugeschichte soll am Samstag anlaufen. Das rund 30 Tonnen schwere Spezialbohrgerät "Raisbore Strata 950" ist seit Dienstag vor Ort. Nach dem Aufbau der Maschine soll zunächst ein Kanal mit knapp 40 Zentimetern Durchmesser in die Tiefe getrieben werden, der dann in einem zweiten Bohrgang auf 66 bis 70 Zentimeter erweitert werden soll.

Bis dahin werden die 33 Minenarbeiter - 32 Chilenen und ein Bolivianer - mit Sonden versorgt, die in einem kleinen Schacht hinabgelassen werden. Die etwa 1,70 Meter langen Kapseln sehen aus wie Raketen. Sie nehmen Glukose, Sauerstoff, Spezialnahrungsmittel und Medikamente mit auf den Weg nach unten. Eine der Sonden brachte den Kumpel auch ein Walkie-Talkie. Den direkten Kontakt halten Experten für extrem wichtig, um den immensen psychischen Druck zu vermindern.

Kumpel möchten "ein Glas Wein"
Die Moral der Truppe ist aber offenbar gut. Im Gespräch mit dem Präsidenten fragte einer der Bergleute, ob man nicht "ein Glas Wein" hinabschicken könne, das man am 18. September, dem Nationalfeiertag, trinken könne. "Sie (die Minenarbeiter) werden nicht beim Bicentenario (Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit) bei uns sein, aber zu Weihnachten und an Neujahr", dämpfte Staatschef Pinera bei einem ökumenischen Gebet aber zu hohe Erwartungen.

Inzwischen haben auch die Familien den Arbeitern Nachrichten zukommen lassen können. "Claudio, mein Sohn, ich liebe dich. Deine Mutter, deine Brüder und deine Kinder warten auf dich", schrieb etwa Margarita Lagos ihrem Sohn Claudio Yanez (34). Und Carolina Lobos schrieb ihrem Vater Franklin: "Da du viel Zeit zum Lesen hast, schicken wir dir einen langen Brief."

Bergleute können Stollensystem benutzen
Die Kumpel können sich offensichtlich in ihrem unterirdischen Verlies mehr oder weniger frei bewegen. Sie sind nicht wie anfangs befürchtet in dem nur 52 Quadratmeter kleinen Schutzraum eingepfercht, sondern können das Stollensystem benutzen.

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