Geld für „Ex-Kanzler“

Hat FBI-Sonderermittler eine Spur zu Gusenbauer?

Österreich
24.02.2018 13:15

Nur wenige Monate nach dem Tal-Silberstein-Krimi könnte die SPÖ die nächste bizarre Affäre belasten: Es ist nicht auszuschließen, dass auch Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer in der sogenannten Hapsburg Group jahrelang für Viktor Janukowitsch, den Ex-Präsidenten der Ukraine, lobbyiert haben könnte. Laut Anklageschrift des FBI-Sonderermittlers Robert Mueller habe diese Aktivitäten Paul Manafort, der Wahlkampfmanager Donald Trumps, finanziert – mit zwei Millionen Euro. Für Gusenbauer gilt die Unschuldsvermutung.

Der frühere FBI-Direktor Mueller untersucht nun schon seit Monaten die möglicherweise illegalen Russland-Verbindungen von Mitarbeitern aus dem engsten Umfeld des jetzigen US-Präsidenten. In seiner aktuellen Anklageschrift gegen Trumps früheren Wahlkampfmanager Paul Manafort finden sich auf Seite 22 auch für Österreich höchst interessante Details: So wird detailliert berichtet, dass „ein Ex-Kanzler“ in den Jahren 2012 und 2013 die sogenannte Hapsburg Group geleitet hätte, um mit weiteren Ex-Politikern als „unabhängige Analysten“ für den früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und dessen pro-russische Partei zu lobbyieren. Dazu wird Manafort beschuldigt, an diese „unabhängigen Experten“ zwei Millionen Euro über Offshore-Konten bezahlt zu haben.

Konkrete Spur zu Österreichs Ex-Kanzler
Alfred Gusenbauer, der bis vor wenigen Wochen das Renner-Institut der SPÖ geleitet hat, wird zwar nicht namentlich erwähnt, doch die „Chicago Tribune“ berichtet über eine ziemlich konkrete Spur zu Österreichs Ex-Kanzler: Die US-Firma Mercury LLC, die Lobbyismus-Aufträge für Manafort erledigte, hatte auch Gusenbauer und Italiens Ex-Premier Romano Prodi als Experten beschäftigt.

Diese nun bekannt gewordenen Details schlagen in den USA und europaweit Wellen: So titeltete die bekannte US-Tageszeitung „Politico“ am Samstagmorgen in ihrer Online-Ausgabe mit „Former Austrian Chancellor appears to have lobbied as part of manafort scheme“, und „Der Spiegel“ schreibt: „Trumps Ex-Wahlkampfmanager soll heimlich europäische Politiker bezahlt haben.“

Nicht die erste Gusenbauer-Causa
Für den Ex-SPÖ-Vorsitzenden wäre die Janukowitsch-Trump-Verbindung nicht die erste sehr unangenehme Causa: So wurde bereits scharf seine Berater-Tätigkeit für Kasachstans Autokraten Nursultan Nasarbajew kritisiert. Und erst kürzlich, im Nationalratswahlkampf 2017, wurde über Gusenbauer getuschelt, dass er den umstrittenen Politikberater Tal Silberstein an Christian Kern vermittelt hätte. Bekanntlich hatten auch die Methoden Silbersteins einen großen Anteil an der Niederlage der SPÖ im Herbst.

Übrigens hat Alfred Gusenbauer auch noch immer mehrere Posten als Aufsichtsrat: etwa in der Signa Prime Selection, in der Signa Development Selection AG, in der Signa kidINVEST Development AG, in der Strabag SE, in der Cudos Capital AG, und er ist im Vorstand der Haselsteiner Familien-Privatstiftung.

Für zusätzlichen Erklärungsbedarf sorgt auch ein Gastkommentar von Romano Prodi und Alfred Gusenbauer in der "Presse" vom September 2012. Also extakt in jenem Zeitrahmen, in dem Zahlungen geflossen sein sollen. Für beide Politiker gilt die Unschuldsvermutung.

"Keine Funktion mehr in der SPÖ"
Erste Stellungnahme des Sprechers von SPÖ-Chef Christian Kern: "Alfred Gusenbauer hat keine Funktion mehr in der Bundespartei. Wir werden uns die Fakten genau ansehen." Eine persönliche Stellungnahme des Parteichefs sei derzeit nicht zu erwarten.

Manafort "zwei oder drei Mal getroffen"
Gusenbauer selbst erklärte am Samstag: "Ich habe niemals für Herrn Janukowitsch oder die Partei der Regionen Aktivitäten gesetzt." Sein Interesse habe 2012 und 2013 lediglich darin bestanden, dass die Ukraine näher an Europa herangeführt werde. "Ich habe mich bei öffentlichen Veranstaltungen in Paris, Brüssel und Berlin dafür eingesetzt." Er habe diese Position auch in den USA vertreten, bestätigte Gusenbauer allerdings. Manafort habe er damals "zwei oder drei Mal bei Veranstaltungen getroffen". Mit dessen Aktivitäten in der Ukraine und für Janukowitsch will er selbst aber nie etwas zu tun gehabt haben. Über seine damalige Bezahlung wollte der Ex-Kanzler nichts sagen.

Auch Prodi bestätigte seine Teilnahme an einer Gruppe von Ex-Politikern, die sich für die EU-Annäherung der Ukraine eingesetzt hätten. "Gusenbauer war Leiter der Gruppe. Wir taten alles, um Frieden in der Ukraine zu haben", sagte der italienische Ex-Premier der "New York Times". Er räumte ein, eine "Entschädigung" von Gusenbauer erhalten zu haben. Diese beruhe auf "normalen privaten Beziehungen, die ich mit ihm hatte". Er habe aber kein Geld "aus externen Quellen" erhalten und glaube auch nicht, dass das ihm von Gusenbauer bezahlte Geld von Manafort gekommen sei. Von einer "Hapsburg"-Gruppe habe er nichts gehört.

Richard Schmitt
Richard Schmitt
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