Es ist ein Jubiläum, das nachdenklich stimmt. Damals ging es uns gut, es gab eine Aufbruchstimmung mit großen Erwartungen in die Europäische Union, vor allem wollten alle spürbar etwas davon haben. Freiheiten wurden umgesetzt, Erweiterungen Richtung Osten befürwortet, der gemeinsame Markt und eine starke Währung galten als unverzichtbar im Zeitalter der Globalisierung, das wichtigste Argument war aber die Sicherung des Friedens durch übernationales Denken. Grandiose Ideen sind etwas für Philosophen, Alltag sieht anders aus. Kaum jemand, der ein Leben lang denselben Beruf ausübt, nur wenige haben das Glück, in ein und derselben Firma ihre Pension zu erreichen, prekäre Dienstverhältnisse häufen sich, immer öfter werden Lebensläufe von Arbeitslosigkeit unterbrochen, schließlich werden Bildungsanforderungen immer höhergeschraubt. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Da ist die Billigkonkurrenz am Arbeitsplatz, auch für Bessergebildete steigen die Anforderungen, der technische Fortschritt ist atemberaubend. Viele fühlen sich von der Politik nicht mitgenommen. Fakt ist, diese Entwicklung hätte mit und ohne Europäische Union stattgefunden. Die Gründe dafür sind so einfach wie kompliziert. Europa muss, ob es will oder nicht, auch für andere Platz machen, die bei uns wirtschaftlich „mitspielen“ wollen. Die Prosperität der in sich wirtschaftlich mehr oder weniger geschlossenen Nachkriegszeit in Europa ist lange vorbei, der internationale Konkurrenzkampf hat längst eingesetzt. Es macht also keinen Sinn, den Verantwortlichen der Europäischen Union alles in die Schuhe schieben zu wollen, ebenso sinnlos ist es, denen nachzulaufen, die ein „besseres“ Leben versprechen. Weder linkes noch rechtes Gedankengut haben dafür Lösungen, denn es gibt sie nicht. Moderne Politik muss aufklärend aktuelle Probleme lösen, den Schwächeren auf die Beine helfen und für alle optimale Bildungsmöglichkeiten schaffen, denn damit entsteht aus Resignation Hoffnung und Selbstvertrauen.