Sauna-Affäre

Polizei ermittelte ohne konkrete Verdachtslage

Österreich
15.12.2007 15:40
In der so genannten Sauna-Affäre sind polizeiliche Ermittlungen geführt worden, "obwohl von der Verdachtslage gesehen dafür keine objektiven Anhaltspunkte bestanden haben". Vielmehr wurden "anonyme Anzeigen zum Zwecke des Aufbaus einer Verdachtslage fingiert". Das ist das vernichtende Ergebnis eines internen Prüfberichts der Bundespolizeidirektion Wien.

Laut dem 75 Seiten starker Bericht des Büros für Rechtsfragen und Datenschutz hat die Kriminaldirektion (KD) 1 gegen Wolfgang B., den Betreiber des als FKK-Sauna getarnten Bordells "Golden Time", monatelang intensiv wegen Menschenhandels, grenzüberschreitender Prostitution und Zuhälterei ermittelt. Der 43-Jährige, der wochenlang in U-Haft saß, und fünf Mitangeklagte wurden allerdings Anfang Mai 2007 im Wiener Straflandesgericht von sämtlichen Anklagepunkten freigesprochen.

Vernichtender interner Prüfbericht
Laut dem nunmehr vorliegenden Bericht kamen diese Freisprüche nicht überraschend. Die Polizei habe "durch subjektive bzw. einseitige Darstellung die Staatsanwaltschaft und das Gericht zur Erteilung von Aufträgen in Verbindung mit massiven Grundrechtseingriffen verleitet", stellt das Büro für Rechtsfragen und Datenschutz fest. Anträge bzw. Anzeigen der Kriminaldirektion 1 seien so aufgebaut worden, "dass es für Staatsanwaltschaft und Gericht nur schwer zu erkennen war, dass diesen Schriftstücken nicht wirklich fundierte sachliche Substrate zugrunde lagen."

Die Anzeige gegen Wolfgang B. und sein Umfeld "hätte in dieser Form den 'sicherheitsbehördlichen Schreibtisch nicht verlassen, wäre der Akt den zuständigen und mit einer sachgerechten und ordentlichen Aktenführung vertrauten Organen der Kriminalpolizeilichen Abteilung vorgelegt worden", hält der interne Bericht fest.

Horngacher und Frühwirth unter Beschuss
Massive Kritik wird darin am mittlerweile außer Dienst gestellten und in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs abgeurteilten Wiener Landespolizeikommandanten Roland Horngacher sowie dem Leiter der KD 1, Oberst Roland Frühwirth, geübt, dem "Privatrecherchen unter Ausnützung der polizeilichen Möglichkeiten" vorgeworfen werden. Der mittlerweile außer Dienst gestellte und in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs abgeurteilte Horngacher sowie Frühwirth hätten "gezielte Ermittlungen betreffend einen Dienstvorgesetzten veranlasst".

Damit gemeint ist Ernst Geiger, der vormalige interimistische Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien, der als "Intimfeind" Horngachers galt. Er war in Folge einer persönlichen Bekanntschaft mit Wolfgang B. ebenfalls ins Visier der Ermittler in der Sauna-Affäre geraten und wurde schließlich wegen Verrat eines Amtsgeheimnisses - er soll Wolfgang B. vorab einen Razzia-Termin in dessen Etablissement verraten haben - in erster Instanz abgeurteilt.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat diesen Spruch, der Geigers Karriere als Spitzen-Kriminalist beendete, mittlerweile wegen Begründungsmängeln aufgehoben. Ende Februar wird im Straflandesgericht das Verfahren neu aufgerollt.

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