"Neue Österreicher"

Mondscheiner ..:.. Krautschädl

Musik
27.05.2007 09:20
Zwei Welten, ein Land: Mondscheiner und Krautschädl. Die einen brave Saubermänner aus Wien, die anderen lustige Dreckspatzen aus Oberösterreich. Einmal Pop, einmal Rock, einmal Synchronsprecher-Hochdeutsch, einmal Weberknecht-Mundart – und doch sind beide Bands so echt wie du und ich, schreiben ihre Songs selbst, sind Meister an ihren Instrumenten und halten’s mit der Aufrichtigkeit ehrlicher als so manche ihrer Branchenkollegen.
(Bild: kmm)

Die Geschichte von Krautschädl begann vor vier Jahren, so richtig aber erst im Jahr 2005 als sie einen Plattendeal bei Sony BMG Österreich abstaubten. Das selbstbetitelte Album wurde zwar kein wirtschaftlicher Erfolg, aber kaum jemand, der Mölgi, Plescha und Sonti nicht ob des frischen Windes würdigte, den sie durch die österreichische Musiklandschaft trieben. 

Auch wenn die CD-Verkäufe und das Airplay (noch) nicht dem Superstar-Niveau entsprechen (wer in Österrreich, kann das schon behaupten?), Krautschädl waren allein in den letzten zehn Monaten über 40 Mal live in ganz Österreich zu hören und sind mit “Im Kraut” mittlerweile beim zweiten Album angelangt. Starkes Charakteristika der Band ist neben dem Zusammenhalt auch die gemeinsame Verachtung für Marketingstrategien und Werbung. Die Karriere wollen sie sich nach dem Motto steter Tropfen höhlt den Stein erspielen.

Die Geschichte von Mondscheiner ist vom Ergebnis her ganz ähnlich verlaufen, wenn auch auf einem ganz anderen Pfad. Die vier Wiener Manuel, Stefan, Boris und July gibt es als Band schon länger als Krautschädl, nach einer EP und einem Indie-Debüt hatten sie sich aber mehrere Male getrennt, gingen anderen Berufen in anderen Bundesländern nach, bis sie die eigentliche Berufung doch noch ereilte und man 2006 mit Sack und Pack nach Wien zurückkehrte und ebenfalls einen Plattendeal bei Sony BMG unterschrieb. Schon im Sommer kam “Diese Stadt” wischendurch wechselte man den Schlagzeuger und so ab Anfang 2007 ging’s wirklich los. Mondscheiner scheuen die Bühne ebenso nicht, Bekanntheit erlangten sie aber auch auf anderen Wegen: In Klagenfurt steuerte die Band die Musik zum Theaterstück “King Lear” bei und sorgte damit für Aufsehen, seit 10. April verkörpern sie am ORF-Seriengrab “Mitten im Achten” das einzig Positive - der Titelsong “Mittendrin” stammt nämlich von Mondscheiner.

Hehre Motive contra Ziel vor Augen
Für Krautschädl ist der Weg das Ziel. Sie gehören nicht zur riesigen Ö3-Kampagne “Die neuen Österreicher”, obwohl sie verhältnismäßig neu und Österreicher sind. “Wir woll’n net um jeden Preis dabei sein”, sagt Schlagzeuger Plescha betont nicht eingeschnappt klingend. Gitarrist Mölgi sinniert: “Des Knedl wär schon verlockend. Des is jetzt a Kampagne, des wird jetzt gepusht. Aber wenn die Rechnung net aufgeht, wer weiß, ob Ö3 dann net glei sagt, für die nächsten zehn Jahr’ gibt’s jetzt einmal kane neuen Österreicher.” Mondscheiner sind da weniger skeptisch. Klar, sie gehören auch zu Ö3s neuen Österreichern und als solche finden sie es “gut wenn man die Aufmerksamkeit bekommt”. Wenn’s hilft und net weh tuat…

“Das was wir sind” und “Das was wir nicht sein wollen”
Mondscheiners erstes Album auf einem Majorblabel, “Diese Stadt - renoviert”, (renoviert, deswegen weil als aufgefetteter Re-Release erst kürzlich neu aufgelegt) ist eine kleine Hommage an Wien. Lieblich, verträumt, intelligent, gesellschaftskritisch und hin und wieder ein bisschen verspielt, zum Beispiel wenn am Ende eines Songs genau jener Typ, der in den Straßenbahnen immer die Haltestellen ansagt, extra für Mondscheiner das Outro spricht. 

Ihre Single “Das was wir sind” geht ins Ohr, ist ein beliebter Radiosong und sinngemäß eines dieser Mutmacherstücke, denen man nicht ausweichen kann. Die Jungs setzen auf klare Melodien, straighte Popsongs mit Hang zur Gitarrre und sind mit Sicherheit eine der g’scheitesten Poprockbands, die wir je hatten. Ach ja, für “Das was wir sind” haben Mondscheiner dieses Jahr einen Amadeus abgeräumt.

Krautschädls neue Platte “Im Kraut” ist krasses Gegenteil zu “Diese Stadt”. Funkige, drückende Sounds, mörderische Gitarren- und Basssoli und insgesamt ein spielerisch-virtuoses Niveau, wie man es selten bis gar nicht in unseren Breiten hört. Vier Wochen ließ man sich allein im Studio mit den fast zur Gänze fertigen Songs Zeit. Danach wollten die drei Krautschädln Tacheles machen und schickten “Im Kraut” zum Mastering in die USA wo der Platte amtlicher Sound verliehen wurde. 

Bassist Stefan Sonti Sonntagsbauer ist Oberösterreichs Antwort auf Flea von den Red Hot Chili Peppers, ihm sprüht der Wahnsinn aus den Fingern. Dazu passend Philipp Mölgi Sikora, der in seine Songs nicht nur Dialekt-Poesie und leidenschaftlich gern uralte Bräuche (höre Single “S’Bäckerschupferl“) einwebt, sondern auch einen gewissen Hang zu amelodischen Interludes und skurrilen Zwischenhängern hat, die selbst Alf Poier in den Schatten stellen. Ergo: Absolut untauglich für Radiosender, die alle Falten glattgebügelt und den Hemdkragen gestärkt haben wollen.

Mondscheiner spricht, Krautschädl spricht…

Krautschädl: Plescha über das Prinzip, alles ohne Marketinggags zu machen“Wir wollen uns die Leut’ erspielen. So oft und mit so vielen Auftritten wie möglich. Die Leut’ sollen sich nach dem Konzert die CD kaufen, weil es ihnen g’fallen hat. Und damit machen wir uns net abhängig von Werbekampagnen und von Radios.”

Mondscheiner: Auf die Frage, wie hart der Aufstieg war: “Wir sind stetig gewachsen. Aber am Anfang haben wir unter Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt.”

Krautschädl: Mölgi über die Inhalte des neuen Albums “Im Kraut”: “Es geht nimma so vü ums Saufen, das war da einzige Kritikpunkt am ersten Album. Wenn s’ was g’sagt haben, dann nur, dass ‘der ja immer über’s Saufen singt’. Dabei hab i eh immer die schlechten Seiten des Alkohols betont…” 

Mondscheiner: Über ihre Anfänge als Kabarettgruppe: “Damit waren wir mäßig erfolgreich. Wir haben schnell bemerkt, dass das Publikum mehr auf unsere Lieder angesprungen ist als auf die… ähem… Witze.”

Krautschädl: Sonti auf die Frage, ob es nicht ärgerlich ist, wenn andere etwa mit Fernsehen berühmt werden und man selbst weiß, dass man das auch haben könnte aber einfach zu stur ist“A geh, i seh uns gar net so low. Es geht ja eh ständig bergauf, zwar net so steil, wie bei anderen, dafür fällt die Kurve bei uns auch net so steil ab. Wir hab’n keine Lust auf geile Single, Nummer eins – und dann nix mehr.”

Mondscheiner: Auf die Frage, ob sie schon in Saus und Braus leben können: “Wir schreiben zwar das erste Mal schwarze Zahlen, aber Luxusauto ist noch keins drin. Höchstens ein Dreirad.”

Krautschädl: Sonti auf die Frage, ob sie schon in Saus und Braus leben: “Na jo, i wohn no immer bei da Mama…”

Fazit: 'S Kraut gedeiht, der Mond scheint – 10 von 10 für beide


Text und Interview Krautschädl: Christoph Andert
Interview Mondscheiner: Franziska Trost

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt