Ein französisches Gericht hat den Öl- und Gaskonzern TotalEnergies wegen irreführender Werbung verurteilt. Die jetzige Entscheidung markiert einen juristischen Präzedenzfall: Erstmals wurde ein fossiler Großkonzern für sogenanntes Greenwashing – das bewusste Schönreden seiner Umweltbilanz – schuldig gesprochen.
Die Klage war von Greenpeace Frankreich, Friends of the Earth France und Notre Affaire à Tous eingebracht worden und wurde auch von der Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt. Im Zentrum stand der Vorwurf, TotalEnergies habe die Öffentlichkeit in seinen Werbekampagnen gezielt über den tatsächlichen Anteil fossiler Energien im Geschäftsmodell getäuscht.
Das leere grüne Versprechen
In Hochglanzvideos und Werbeslogans stellte sich der Konzern als „wichtiger Akteur der Energiewende“ dar, versprach „sauberere, sicherere und erschwinglichere Energie“ und das Ziel, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Laut Gericht erweckten diese Aussagen den Eindruck, TotalEnergies sei ein Vorreiter im Klimaschutz – ein Bild, das mit der Realität jedoch wenig zu tun hat.
Die Richter stellten fest, dass der Konzern weiterhin in großem Umfang Öl und Gas fördert und neue Projekte vorantreibt. Das steht im klaren Widerspruch zu den wissenschaftlichen Empfehlungen und den Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens.
Gericht mit klarer Linie
Das Pariser Gericht erklärte die Werbeaussagen für irreführend und damit unzulässig. TotalEnergies muss die betroffenen Kampagnen einstellen und das Urteil 180 Tage lang gut sichtbar auf seiner Website veröffentlichen. Sollte der Konzern dieser Anordnung nicht nachkommen, droht eine tägliche Strafe von 10.000 Euro.
In anderen Werbeaussagen – etwa zu fossilem Gas und Biokraftstoffen – sah das Gericht keine ausreichende Verbindung zum Verbraucherrecht, weshalb darüber nicht entschieden wurde. Dennoch gilt das Urteil als deutliches Signal: Unternehmen, die sich ein grünes Image zulegen, ohne ihre tatsächlichen Emissionen zu senken, begeben sich rechtlich auf dünnes Eis.
Reaktionen und Bedeutung
„Das Urteil zeigt, dass Greenwashing keine harmlose PR ist, sondern eine Irreführung der Öffentlichkeit“, erklärte Ursula Bittner, Wirtschaftsexpertin bei Greenpeace Österreich. „Wenn Unternehmen sich als Klimaretter darstellen, während sie fossile Expansion betreiben, verzögern sie die notwendige Transformation.“
„Das Urteil zeigt, dass Greenwashing keine harmlose PR ist, sondern eine Irreführung der Öffentlichkeit.

Ursula Bittner, Klimaaktivistin Greenpeace Österreich
Bild: Greenpeace
Die Entscheidung könnte auch über Frankreich hinaus Wirkung entfalten. Ähnliche Verfahren laufen bereits in anderen Ländern. In Deutschland verlor TotalEnergies 2024 einen Prozess wegen Werbung für „CO₂-kompensiertes Heizöl“. Weitere Verfahren gegen internationale Ölkonzerne wie Shell und BP sind anhängig.
Auswirkungen auch für Österreich
Auch die teilstaatliche OMV wirbt mit einem „Netto-Null“-Ziel bis 2050 – hebt jedoch gleichzeitig ihre Öl- und Gasförderziele an. Zuletzt wurde der Bau der Gasplattform Neptun Deep im Schwarzen Meer bestätigt, ein Gemeinschaftsprojekt mit dem rumänischen Konzern Romgaz. Weitere Explorationsprojekte in bulgarischen Gewässern sind geplant.
Ein Wendepunkt für Irreführung der Konsumenten
Das Pariser Urteil könnte den Beginn einer neuen Ära markieren: einer, in der Gerichte die Sprache des Marketings auf ihre Wahrhaftigkeit prüfen. Greenwashing, lange ein still geduldetes Mittel der Imagepflege, wird zunehmend zu einem rechtlichen Risiko.
Was in Paris entschieden wurde, reicht daher weit über Frankreich hinaus. Es erinnert die Energiebranche an etwas Grundlegendes – dass Glaubwürdigkeit kein Werbeslogan ist, sondern das Ergebnis von Taten!
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