Vollgas auf Türkisch
Verkehrsminister rast mit 224 km/h – und filmt es!
Mit breitem Grinser und sichtlich stolz am Steuer bretterte der türkische Minister über die Autobahn – und lässt sich dabei auch noch filmen. Der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten. Als der öffentliche Druck zu groß wurde, folgte seine „Erklärung“. Die ist so kurios wie die Raserei selbst.
Mit türkisfarbenem Himmel, musikalischer Untermalung und breitem Lächeln – so präsentierte sich der türkische Verkehrsminister Abdulkadir Uraloğlu auf Social Media. Doch nicht sein Lächeln war es, das viral ging – sondern die Tachonadel. Denn die zeigte deutlich über 220 km/h an.
Aufgenommen wurde das Video auf der Autobahn zwischen Ankara und Niğde. Der Zweck? Die Strecke zu bewerben, so lautete zumindest die offizielle Begründung. In seinem Posting schrieb der Minister blumig: „Ein musikalischer Rückblick auf die Fahrt.“
Was folgte, war allerdings alles andere als Musik in den Ohren des Verkehrsministers, sondern scharfe Kritik. Denn die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit auf türkischen Autobahnen liegt bei 140 km/h.
Internet tobt: „Gilt das Gesetz nicht für alle?“
Schnell verbreiteten sich Kommentare empörter Nutzerinnen und Nutzer auf Plattformen wie X und Instagram. Besonders viel Kritik kam von jenen, die im Alltag mit Tempolimits und Radarfallen zu kämpfen haben – und sich nun verhöhnt fühlen. Ein User schrieb: „Wären wir so gefahren, hätten wir neben einer Geldstrafe auch noch den Führerschein verloren!“
Nach tagelanger Kritik ruderte Uraloğlu schließlich zurück. In einem weiteren Posting veröffentlichte er eine Aufnahme des Bußgeldbescheids – offenbar ausgestellt von der Autobahn-Jandarma. Der Minister räumte ein, die Grenze „unabsichtlich und nur kurz“ überschritten zu haben.
Ich setzte mich ans Steuer, um den aktuellen Zustand der Ankara-Niğde-Autobahn zu überprüfen.
Abdulkadir Uraloğlu, Verkehrsminister
Die Konsequenz: 6439 Türkische Lira Strafe – das sind umgerechnet etwa 213 Euro. Ausgestellt wurde die Strafe, weil er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h um satte 84 km/h überschritten hatte – also um über 60 Prozent. Damit fiel der Minister in die höchste Strafklasse für Tempoverstöße auf türkischen Autobahnen.
Kritiker bleiben skeptisch. Denn: Eine Entschuldigung nach öffentlicher Empörung wirkt selten glaubwürdig. Die Empörung wurde auch durch den offiziellen Tonfall des Ministers nicht gebremst – seine Formulierung, „Ich bin selbst gefahren, um den Zustand der Autobahn zu begutachten“, sorgte eher für Hohn als Verständnis.
Doppelmoral am Steuer?
Viele User fragten sich, ob solche Regelverstöße bei Normalbürgern ebenfalls mit einem symbolischen Strafzettel abgetan würden – oder doch drastischer sanktioniert werden. Und: Welche Vorbildwirkung hat ein Verkehrsminister, der selbst mit 224 km/h auftritt?
Wachsame Augen entdeckten außerdem ein Detail auf dem Strafzettel: Dort steht nicht „km/h“, sondern „km/s“. Für uns wirkt das ungewohnt, doch in der Türkei ist das völlig normal – „s“ steht schlicht für „saat“, also Stunde. Für uns kurios, für die Türkei ganz normal – nur die Geschwindigkeit war’s nicht.

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