Am Dienstag hat auch das höchste Gremium der WHO den weltweiten Pandemievertrag abgesegnet. Nach der Corona-Krise soll das Abkommen die Welt besser auf künftige Pandemien und Gesundheitskrisen vorbereiten. In Österreich wird der Vertrag von der größten Nationalratspartei FPÖ abgelehnt, die seit Jahren davor warnt und nun auch mit einer Online-Petition dagegen mobilisiert.
Bei der Weltgesundheitsversammlung gab es am Dienstag keine Einwände gegen die Vereinbarung, sodass der philippinische Gesundheitsminister Ted Herbosa als Sitzungspräsident das Abkommen für verabschiedet erklärte. Auf das Abkommen hatten sich die WHO-Mitgliedsstaaten Mitte April nach zähen, gut dreijährigen Verhandlungen geeinigt.
Das Abkommen zielt darauf ab, „Pandemien zu verhindern, sich auf sie vorzubereiten und auf sie zu reagieren“. Es soll im Fall von künftigen Pandemien Chaos bei der Beschaffung von Schutzmaterial wie während der Corona-Pandemie vermeiden, als Länder sich etwa Masken gegenseitig streitig gemacht haben. Außerdem soll es dafür sorgen, dass reiche Länder keine Impfstoffe horten, während ärmere Länder keine erhalten.
Kernstück der Vereinbarung ist ein neuer Mechanismus (PABS), der die rasche Weitergabe von Daten über Krankheitserreger an Pharmaunternehmen in Kombination mit einem Vorteilsausgleich ermöglichen soll. Mit dem neuen Mechanismus soll die Pharmaindustrie bei künftigen Gesundheitskrisen in der Lage sein, möglichst schnell mit der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zu beginnen. Die teilnehmenden Unternehmen müssen der WHO im Gegenzug 20 Prozent ihrer pandemierelevanten Gesundheitsprodukte zur Verfügung stellen.
Gültigkeit erst in ein paar Jahren
Bis der Vertrag in Kraft treten kann, dürften allerdings noch Jahre vergehen. Voraussichtlich nächstes Jahr sollte die technische Umsetzung des Mechanismus von den Mitgliedsstaaten abgesegnet werden. Der Vertrag muss anschließend von zumindest 60 Staaten ratifiziert worden sein, damit er in Kraft tritt. Eines der umstrittensten Themen ist in einen Anhang geschoben worden, der noch gar nicht ausgehandelt worden ist. Dabei geht es darum, unter welchen Bedingungen Länder Impfstofffirmen gefährliche krankheitserregende Mikroorganismen oder Viren zur Verfügung stellen und wie sie dafür etwa mit bevorzugter Belieferung von Impfstoffen kompensiert werden.
FPÖ warnt vor „willkürlicher Verhängung“ eines Notfalls
Die FPÖ, die in dem Pandemievertrag bereits seit Langem einen „Angriff auf unsere Souveränität“ sieht, forderte am Dienstag von der Bundesregierung, von der Opt-out-Möglichkeit bis 19. Juli Gebrauch zu machen. Der blaue Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak kritisierte in einer Aussendung unter anderem die „schwammige Definition“ eines Pandemienotfalls im Vertragstext.
„Der Pandemienotfall soll bereits bei der Ausbreitung einer ansteckenden Krankheit ausgerufen werden können – und zwar ohne Berücksichtigung von deren Gefährlichkeit und unter Einbeziehung von Faktoren, wie zum Beispiel Demokratie, Umwelt oder Klima, die ideologischer und nicht medizinischer Natur sind. So wird der willkürlichen Verhängung eines Dauernotstands mit weitgehenden Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte, wie wir sie bei Corona erleben mussten, fahrlässig Tür und Tor geöffnet“, warnte der FPÖ-Nationalratsabgeordnete.
Grüne: „Starkes Signal gegen Abschottung“
Die österreichischen Grünen begrüßten hingegen die Verabschiedung des Abkommens. „Mit diesem Abkommen bekennt sich die Weltgemeinschaft zu Solidarität, Verantwortung und gegenseitiger Unterstützung. Es ist ein starkes Signal gegen Abschottung und Egoismus und ein wichtiger Schritt hin zu einer widerstandsfähigeren globalen Gesundheitsarchitektur. Der heutige Tag markiert einen Wendepunkt im internationalen Umgang mit Gesundheitskrisen und gibt Anlass zur Hoffnung, dass wir künftigen Herausforderungen gemeinsam und entschlossen begegnen können“, so Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner in einer Aussendung.
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