Original fehlt

„Mülli“ ist tot! Wenn ein Teil der Stadt stirbt

Niederösterreich
18.05.2025 07:00

Wenn er zu viel getrunken hatte, hatte die Polizei ihre „liebe Arbeit“ mit ihm. Dennoch geht er auch der Exekutive ab. Im Guten, wie im Schlechten – die Granitstadt Schrems trauert um eines der letzten „echten“ Originale, Gerhard Müllauer.

Es gibt sie selten – und sie werden immer weniger: Die Menschen, die ein Stadtbild derart stark prägen, dass man sich den Heimatort gar nicht mehr richtig ohne sie vorstellen kann.

Einer davon war das Schremser Original Gerhard Müllauer (71), dessen Tod in der Waldviertler Stadt für starke Betroffenheit und viel Gerede sorgt. Sein Fahrrad, das tagelang samt dem Einkauf vor der Billa-Filiale stand, war böser Vorbote für das, was erst rund eine Woche später Gewissheit wurde.

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Es war oft nervig, wenn er da war. Am Schlimmsten war es aber, wenn er nicht da war.

Wirtin Michaela Zotter

Dazwischen wurde über das Verschwinden des stadtbekannten Wirtshausgehers wild spekuliert, „denn der Mülli hat sein Rad noch nie mit vollem Einkaufssackerl dort so stehen lassen“, sagten die Schremser. Selbst wenn er, wie so oft, zu tief ins Glas g’schaut hätte – offen stehen gelassen hatte der einst in Konkurs geratene Baggerunternehmer sein Gefährt nie.

Polizist: „Tot tut im Herzen weh“
„Keine Fremdeinwirkung, ein natürlicher Tod“, heißt es indes von der Exekutive. Dort sorgte der harte Arbeiter, der einst mit seinem Minibagger auch beim Abbruch des Alten AKH dabei war, immer wieder für „Einsätze“ der Beamten. „Der Mülli geht jedem ab. Sein Tod tut im Herzen weh – er war kein Böser“, heißt es aber in Polizeikreisen.

Mit Ex-Frau und Kindern war er zerstritten. Müllauer bewohnte den ersten Stock des gemeinsamen Hauses alleine. Wegen des gesammelten Unrats – er galt als Messi – gelangte auch er nur über Leiter und Fenster in seine Räume. In der Nacht seines Ablebens muss er dort ausgerutscht und abgestürzt sein, Tage später wurde er tot bei der Leiter aufgefunden, wird erzählt.

Müllberge türmen sich vor dem Haus des Schremser Originals. Trotzdem war er immer gepflegt.
Müllberge türmen sich vor dem Haus des Schremser Originals. Trotzdem war er immer gepflegt.(Bild: René Denk)
Müllberge türmen sich vor dem Haus des Schremser Originals. Trotzdem war er immer gepflegt.
Müllberge türmen sich vor dem Haus des Schremser Originals. Trotzdem war er immer gepflegt.(Bild: René Denk)

Letzte Station
„Jeder hat gerätselt, wo er steckt. Bis ein Gast bei der Polizei angerufen hat und wissen wollte, ob es stimmt, dass sie ihn eingesperrt hätten“, erzählen Wirtin Michaela Zotter und ihr Lebensgefährte Robert Jeschko. Nahe seines Hauses war deren Imbiss oft die letzte Station seiner täglichen Wirtshaustour, die mit dem Bus auch bis Gmünd oder Heidenreichstein ging.

Obwohl er nicht über viel Geld verfügte, bemühte „Mülli“ sich auch, immer wieder andere Gäste einzuladen. „Es war oft nervig, wenn er da war. Am Schlimmsten war es aber, wenn er nicht da war“, erzählt die Wirtin von vielen alkohol-geprägten Eskapaden und Rauswürfen, aber auch von einem Menschen, der stets hilfsbereit und äußerst kinderliebend war.

Denn trotz seiner schweren Rückenprobleme mähte er mitunter unaufgefordert den Rasen – und das nur, weil am Vortag davon gesprochen wurde, dass das Gras wieder so hoch sei. Oder er spielte mit Kindern Fußball bis zur absoluten Erschöpfung – so gut es eben noch ging.“

„Hilfsbereite, gute Seele“
Auch Stadtchef David Süß spricht von ihm als „hilfsbereite, gute Seele“, die man bei vielen Veranstaltungen sah. „In einem Geschäft kaufte er meiner Tochter spontan eine Stoffpuppe, weil sie sich diese wünschte. Wer macht das schon“, erinnert sich Süß. 

„Jeder hat gerätselt, wo er steckt“, erzählen Wirtin Michaela Zotter und ihr Lebensgefährte Robert Jeschko.
„Jeder hat gerätselt, wo er steckt“, erzählen Wirtin Michaela Zotter und ihr Lebensgefährte Robert Jeschko.(Bild: René Denk)

Beerdigung ohne Trauergäste, Bummerl ohne Sieger
Mittlerweile liegt der „Bagger-Mülli“ am alten Friedhof in Schrems in einem Grab mit Holzkreuz. Nur ein kleines, in die Erde gelegtes Steinschild erinnert an das Schremser Original, das in der Waldviertler Stadt eine große Lücke hinterlässt. „Zuletzt haben wir noch ein Bummerl gespielt. Er lag vorne. Das werden wir jetzt nie mehr fertigspielen“, trauert Jeschko in der Imbissstube.

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