Wahlkampf im Netz

Politwelt steht auf Twitter und Facebook Kopf

Web
04.09.2013 10:46
Dass Social Media alles andere als ein Abbild der Wirklichkeit bietet, bemängeln Kritiker seit Langem. Auch in der Politik ist das nicht anders. So regieren etwa auf Twitter Funktionäre, die auf den Listen für die Nationalratswahl nur begrenzte Chancen auf einen Einzug ins Hohe Haus haben. Und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache hat mehr Facebook-Fans als alle anderen Spitzenkandidaten zusammen, wie ein Blick auf die "Stimmenverhältnisse" im Internet verrät.

Im Kurznachrichtendienst Twitter hat nicht etwa die Regierungsspitze das Sagen, und auch kein polternder Oppositionschef führt hier die Diskussionen an: Von den im Herbst zur Wahl stehenden Politikern liegt der Burgenländer Michel Reimon mit über 8.500 Followern vorn. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Parteifreund Peter Pilz, der sich im Kampf um Platz vier auf der Bundesliste der Grünen durchsetzte, ist ihm mit fast 8.200 Followern dicht auf den Fersen.

Den beiden Grün-Politikern folgt mit Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (rund 6.700 Follower) auf dem dritten Platz das erste Regierungsmitglied. Und muss das BZÖ noch so sehr um den Wiedereinzug in den Nationalrat zittern, auf Twitter belegen sie in der Person von Stefan Petzner (5.200 Follower) schon den vierten Platz. Sein Parteichef und Spitzenkandidat Josef Bucher ist allerdings mit 1.465 Followern weit abgeschlagen.

Zumindest in der SPÖ ist Bundeskanzler Werner Faymann (#teamkanzler) auf Twitter vor seinen Funktionären mit etwas mehr als 2.670 Followern an der Spitze, die SPÖ selbst erreichte am Mittwochvormittag rund 3.480 Personen. Im Match der Parteien müssen sich die Grünen den Piraten geschlagen geben - mit 3.383 zu 3.599 Followern. Genau dazwischen liegt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der es auf 3.481 Follower bringt.

Strache auf Facebook unangefochten
Allerdings ist Strache auf einer anderen Plattform unangefochtene Nummer eins: Mit rund 139.500 Facebook-Fans hat er mehr Zuspruch als alle anderen Spitzenkandidaten zusammen. Mit großem Abstand folgt ihm mit rund 11.200 Fans ÖVP-Chef Michael Spindelegger, erst dann kommen Kanzler Faymann (8.950), Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig (9.550) und BZÖ-Chef Josef Bucher (1.035). Letzterer hat allerdings laut Parteiangaben an die 5.000 Freunde auf seiner privaten Seite.

Das Team Stronach als Gruppierung kommt jedoch auf rund 37.100 Fans. NEOS liegt bei über 30.230 Fans auf Facebook, die Piraten bei knapp 5.530 und die KPÖ kratzt an der Marke von 3.000.

Umgang mit Social Media noch in den Kinderschuhen
Aller Bemühungen der österreichischen Parteien zum Trotz steckt der Umgang mit Social Media im Wahlkampf laut Expertenmeinung nach wie vor in den Kinderschuhen. Ed Wohlfahrt von der auf Online-PR spezialisierten Agentur edRelations kritisiert etwa, dass die Inhalte nach wie vor nicht für das Format maßgeschneidert seien. So habe man die Wahlkämpfe von US-Präsident Barack Obama zwar analysiert, daraus allerdings noch immer nichts gelernt.

"Maßgeschneiderte Inhalte" fehlen für Wohlfahrt bei allen Parteien. "Facebook lebt von der extremen Verknappung", so der Experte, der unter anderem für den Social-Media-Landtagswahlkampf des jetzigen Kärntner Landeshauptmannes Peter Kaiser verantwortlich war. Statt sich auf kurze Botschaften zu konzentrieren, würden lange Texte und sogar Einladungen zu Pressekonferenzen ins Netz gestellt. Zu einem eigenen Sommerfest werde via Link zu einer Tageszeitung eingeladen.

Nicht anders sieht es auf Twitter aus: Hier werde oft auf Facebook-Einträge verlinkt, anstatt kurze Botschaften zu tweeten, meint Wohlfahrt. Und auch der Umgang mit sogenannten Hashtags, die sich eigentlich zu Trends entwickeln sollten, funktioniere noch nicht so richtig, diese würden nach wie vor "schleppend verwendet". Einen Versuch hatten die Grünen mit "#50gruende" gestartet, "sie kommen aber über ihre eigenen Reihen nicht hinaus".

Vorbild Obama unerreicht
Als Phänomen entpuppt sich FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache - zumindest auf Facebook. Dort hat er mehr Fans als alle anderen Parteichefs zusammen. Ein Grund für den Erfolg könnte neben dem frühen Einstieg in Social Media laut Wohlfahrt das Spiel mit auch "politikfernen Inhalten" sein, etwa "Dalai-Lama-Postings". Die ÖVP enttäusche hingegen "massiv", meint der Experte, Grüne und BZÖ würden durch "Romanpostings" auffallen.

Und wie sieht es mit den Gewinnspielen des Team Stronach auf Facebook aus, wo Fans etwa einen Regenschirm gewinnen können? "Das ist auch eine gewisse Form der Hilflosigkeit." Wohlfahrts Resümee: "Das große Vorbild Obama haben wir durchgekaut, Leute eingeladen, die uns das erklären - aber wir erreichen das Niveau nicht."

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