Die Ära Nadal in Paris ist vorbei. Der Spanier verlor in seinem wohl letzten Spiel bei den French Open trotz heroischem Kampf gegen Alexander Zverev 3:6, 6:7, 3:6. Über Zehntausend Fans feierten ihn die gesamten 3:04 Stunden gegen den Deutschen. Nach Matchende ertönten minutenlang Rafa-Chöre. „Wenn das mein letztes Mal war, habe ich es sehr genossen“, war Nadal gerührt.
Die „Krone“ berichtet aus Paris
Rafa-Fans, wo man auch hinblickte. Noch mehr als sonst dominierten T-Shirts oder Kappen mit den Stierhörnern, dem Markenzeichen Nadals, die Anlage von Roland Garros. Als sich der Spanier am Vormittag auf dem Court 3 aufwärmte, standen die Fans bereits Schlange. Viele hatten es auch nicht auf die Anlage geschafft, vor den Toren blühte der Schwarzmarkthandel.
Je näher das Match rückte, desto mehr kribbelte es – auch auf der Pressetribüne des Court Philippe Chatrier. Obwohl diese mehrere hundert Plätze zählt, fanden beileibe nicht alle Journalisten Platz.
Ein Raunen ging schon durch die Arena, als Nadal auf einem Bildschirm ikn den Katakomben gezeigt wurde. Als zum wohl letzten Mal der Stadionsprecher den Einmarsch des Rekordsiegers verkündete, standen alle Zuschauer auf, applaudierten wie wild, ertönten viele Tröten, beim Aufwärmen der beiden Spieler schallte es laute „Rafa-Chöre“. Seinen Höhepunkt erreichte die Overture, als der Stadionsprecher der French Open zum letzten Mal die wohl berühmteste Einführung im Tennis von sich gab und alle Paris-Titel Nadals aufzählte, 2020 und 2022 verstand man aufgrund des Lärms schon gar nicht mehr.
Ernüchternd
Freilich verlief schon das erste Spiel ernüchternd. Zu null gab der Spanier seinen Aufschlag ab. Seine Vorhand, die früher Gegner in Angst versetzte, hat jegliche Wucht verloren, die Zahl seiner Fehler war im Vergleich zu früheren Verhältnissen eklatant. Umso größer brandete der Jubel auf, als er mit dem Gamegewinn zum 1:2 erstmals anschrieb. Danach flackerte kurz Hoffnung auf, als Nadal sogar einen Breakball hatte. Unter dem Strich war Zverev aber in allen Belangen überlegen. Das Tennis des Spaniers ist nicht mehr vorhanden, sein Kampfgeist freilich ungebrochen, so benötigte der Deutsche 50 Minuten für das 6:3.
Im zweiten Satz explodierte das Stadion, in dem sich auch andere Topspieler wie Novak Djokovic, Carlos Alcaraz und Iga Swiatek eingefunden hatten. Zuerst wehrte Nadal zwei Breakbälle ab, danach schaffte er es selbst, Zverev zum 3:2 zu breaken. Rafa sprang, die Fäuste geballt, über den Court, seine Fans auf der Tribüne noch höher. Immer mehr traute sich Nadal jetzt, seine Vorhand schneller zu schlagen, in geeigneten Momenten rückte er mutig ans Netz vor, um die Bälle dort gefühlvoll abzuschließen. Jeder Rafa-Punkt wurde frenetisch gefeiert.
Doch gegen Ende des zweiten Durchgangs verließ den 22-maligen Grand-Slam-Sieger die Kraft. Er versuchte, die Punkte kurz zu halten, vor allem mit Stopps. Das ging nicht gut. Zverev breakte zum 5:5 zurück, gewann den Tiebreak mit 7:5.
Noch einmal ließ Nadal Hoffnung aufflammen, als er im dritten Satz erneut 2:0 in Führung ging. Trotz guter Phasen hatte man nicht den Eindruck, als könne er die Partie wirklich gewinnen. Zu müde wirkte der 38-Jährige bereits, zu wuchtig im Vergleich die Schläge des 11 Jahre jüngeren Zverev. Es war, als würde man einem wunderschönen, aber eben schon alten Segelschiff in einer Regatta gegen ein neueres Modell zuschauen.
Das Unvermeidliche hinausgezögert
Doch Rafa wäre nie diese Tennislegende geworden, hätte er nicht in jedem Match alles auf dem Platz gelassen. Er kämpfte und biss, wehrte bei 2:2 vier Breakbälle ab. Allerdings schob er eben nur das Unvermeidliche hinaus. Zverev holte mit dem 4:3 das Versäumte nach.
Nach 3:04 Stunden schlug Nadal eine Vorhand ins Aus, zum 3:6, 6:7, 3:6. Sein 116. Spiel bei den French Open, sein wohl allerletztes, endete mit seiner erst vierten Niederlage! Unvorstellbar! Nur kurz gab es einen Händedruck mit Zverev, dann stand alles im Stadion auf, ertönten laute Rafa-Chöre.
Rafael Nadal ist die größte Inspiration, die wir in unserem Sport haben, wahrscheinlich die größte, die es überhaupt im Sport gibt.
Tennisstar Jannik Sinner
Der Spanier war sichtlich gerührt, kämpfte mit den Tränen. „Ich danke euch aus tiefestem Herzen“, rief er den 15.000 zu und ließ sie wissen, dass er sich noch nicht am Ende sehe. „Ich hoffe, dass ich in zwei Monaten wieder hier bin und bei Olympia spiele.“
Keine Rasen-Saison
Wehmütig verlief auch Nadals letzte Pressekonferenz bei den French Open. Mit seinem Niveau, verglichen mit den letzten Wochen, sei er schon zufrieden gewesen. „Ich konnte mich endlich wieder ohne Limitierungen bewegen. Ich denke, ich hätte Tag für Tag mein Tennis und mein Selbstvertrauen verbessern können. Aber ich bekam diese Tage nicht.“ Dennoch war diese Leistung fraglos ein großer Fortschritt. Bis Olympia sind rund zwei Monate Zeit, die Gras-Saison wird Nadal wohl auslassen, zumindest ist das aktuell sein Plan.
„Es war der härteste Prozess meiner Karriere, hierher zurückzukommen. Ich startete auf dem tiefsten möglichen Punkt. Vom physischen, vom spielerischen, vom Selbstbewusstsein. Zumindest war ich hier. Ich habe verloren, aber das gehört dazu.“
FRENCH OPEN (Grand Slam, 53,48 Mio., Sand)
MÄNNER – 1. Runde:
Filip Misolic (AUT) – Otto Virtanen (FIN) 4:6,4:6,6:3,6:4,6:2
Jannik Sinner (ITA-2) – Christopher Eubanks (USA) 6:3,6:3,6:4
Alexander Zverev (GER-4) – Rafael Nadal (ESP) 6:3,7:6(5),6:3
Stefanos Tsitsipas (GRE-9) – Marton Fucsovics (HUN) 7:6(7),6:4,6:1
Tommy Paul (USA-14) – Pedro Cachin (ARG) 6:2,6:3,6:1
Karen Chatschanow (RUS-18) – Sumit Nagal (IND) 6:2,6:0,7:6(5)
Sebastian Baez (ARG-20) – Gustavo Heide (BRA) 4:6,6:3,6:1,4:6,6:3
Felix Auger-Aliassime (CAN-21) – Yoshihito Nishioka (JPN) 6:2,6:2,6:4
Francisco Cerundolo (ARG-23) – Yannick Hanfmann (GER) 6:3 6:3,6:4
Matteo Arnaldi (ITA) – Arthur Fils (FRA-29) 6:3,4:6,6:4,6:2
Pawel Kotow (RUS) – Cameron Norrie (GBR-32) 4:6,6:3,3:6,7:6(5),6:2
FRAUEN – 1. Runde:
Iga Swiatek (POL-1) – Leolia Jeanjean (FRA) 6:1,6:2
Coco Gauff (USA-3) – Julia Awdejewa (RUS) 6:1,6:1
Marketa Vondrousova (CZE-5) – Rebeka Masarova (ESP) 6:1,6:3
Warvara Gratschewa (FRA) – Maria Sakkari (GRE-6) 3:6,6:4,6:3
Ons Jabeur (TUN-8) – Sachia Vickery (USA) 6:3,6:2
Danielle Collins (USA-11) – Caroline Dolehide (USA) 6:3,6:4
Jasmine Paolini (ITA-12) – Daria Saville (AUS) 6:3,6:4
Viktoriya Tomowa (BUL) – Jekaterina Alexandrowa (RUS-16) 6:3,7:6(5)
Ljudmila Samsonowa (RUS-17) – Magda Linette (POL) 6:1, 6:1
Anastasia Pawljutschenkowa (RUS-20) – Panna Udvardy (HUN) 6:3,6:4
Anna Kalinskaja (RUS-23) – Clara Burel (FRA) 7:6(3),7:5
Linda Noskova (CZE-27) – Harriet Dart (GBR) 7:6(3),6:4
Leylah Fernandez (CAN-31) – Jessika Ponchet (FRA) 6:2,6:0
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