Minister von 1987-90

ÖVP-Hardliner Robert Lichal 91-jährig gestorben

Politik
25.04.2024 14:16

Der ehemalige Verteidigungsminister Robert Lichal (ÖVP) ist am Donnerstag im Alter von 91 Jahren gestorben. Das teilte die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leiter (ÖVP) per Aussendung mit. Bekannt wurde er vor allem 1987 mit der Durchsetzung der Draken-Abfangjäger.

Zudem fungierte er als Zweiter Nationalratspräsident und ÖAAB-Chef. 1994 zog sich der mit Spitznamen wie „Stahlhelm“ und „Revolverhofrat“ durchaus kokettierende Lichal aus der Politik zurück.

Ex-Minister im „Draken-Kampf“
Im „Draken-Kampf“, der damals über Monate die innenpolitische Diskussion beherrschte, hatte Lichal damals den steirischen Landeshauptmann Josef Krainer (ÖVP) zum Gegner – aufgrund der Stationierung der Flugzeuge in der Steiermark. Proteste, Demonstrationen, „Menschenteppiche“ und Flugpisten-Blockaden der Draken-Gegner standen auf der Tagesordnung.

Die Causa zog sich bis zum Verfassungsgerichtshof bzw. zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg und hatte – erstmals in der parlamentarischen Geschichte – sogar einen Misstrauensantrag aus der eigenen Partei zur Folge. Am Ende setzte sich Lichal durch – die (später von den Eurofightern abgelösten) Draken kamen und Lichal blieb.

Karriere für die Politik
Lichal galt zwar als Urgestein der niederösterreichischen ÖVP – geboren wurde er aber am 9. Juli 1932 in Wien. Nach Jus-Studium und Gerichtsjahr arbeitete er zunächst als juristischer Referent an Bezirkshauptmannschaften. Als Arbeitnehmervertreter engagierte er sich ab 1968 bei den NÖ Landesbediensteten, 1973 wurde er stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Im Dezember 1985 übernahm Lichal den Vorsitz der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) im ÖGB, 1987 schließlich löste er Herbert Kohlmaier als ÖAAB-Bundesobmann ab.

Bereits im Februar 1976 war Lichal in den Bundesrat eingezogen. 1979 wechselte er in den Nationalrat, dem er als ÖVP-Sicherheitssprecher bis Jänner 1987 angehörte. In diesem Jahr wurde er schließlich erster Verteidigungsminister der Großen Koalition aus SPÖ und ÖVP. Unter anderem war er dabei verantwortlich für die Verankerung der Milizstruktur in der Verfassung, die Anschaffung von Panzerlenkwaffen sowie die Basisarbeit für die Bundesheerreform.

Verwicklung in Oerlikon-Affäre
Im Dezember 1989 wurde Lichal vorgeworfen, zwei Jahre zuvor bei der Schweizer Firma Oerlikon Bundesheer-Munition zu überhöhten Preisen eingekauft zu haben. Er rechtfertigte seine Vorgangsweise damit, dass nur Oerlikon die Ausschreibungsbedingungen erfüllt habe. Diese Affäre überschattete auch das Jahresende 1990, als Lichal im Zuge der Regierungsumbildung nach der Wahl das Amt des Verteidigungsministers an Werner Fasslabend abgab und – unter erheblichen oppositionellen Protesten – zum Zweiten Präsidenten des Nationalrates gewählt wurde. Im Dezember 1990 wurden die Erhebungen gegen Lichal schließlich eingestellt.

Bundeskanzler und ÖVP-Obmann Karl Nehammer bezeichnete Lichal als „Vordenker der Wehrfähigkeit unseres Landes“. Er sei „ein wichtiger Teil der christlich-sozialen Arbeitnehmervertretung“ gewesen und habe in den verschiedensten Positionen und Ämtern die Politik des Landes „maßgeblich mitgeprägt“. Dessen Handschlagqualität hob Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hervor. Für Lichal sei zudem stets „ein respektvoller und offener Dialog“ im Vordergrund gestanden, wofür er über die Parteigrenzen hinweg sehr geschätzt wurde, so Sobotka.

Mikl-Leitner würdigt „Paradepolitiker“
Im Juni des darauffolgenden Jahres zog sich Lichal von der ÖAAB-Spitze zurück und übergab das Amt an Josef Höchtl. Er blieb Ehrenobmann des NÖ-AAB. Erst 1994, als der damalige Bundespräsident Thomas Klestil für ihn einen festlichen Abschied gestaltete, verriet Lichal, was sein eigentliches Berufsziel gewesen war – Schauspieler am Burgtheater.

Mikl-Leitner würdigte Lichal als „Paradepolitiker, der mit seiner Leidenschaft, Geradlinigkeit und Standfestigkeit viele Menschen in diesem Land tief beeindruckt hat“ – darunter auch sie selbst. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) nannte ihn einen „leidenschaftlichen Kämpfer für seine Ideen“, der sich unermüdlich für den Ausbau der Miliz eingesetzt habe.

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