Direkt aus New York

Sari Schorr: Blues-Stimme auf Österreich-Tour

Musik
16.03.2024 09:00

Sie startete in New York als Backgroundsängerin und ist mittlerweile selbst eine der ausdrucksstärksten Blues- und Bluesrock-Stimmen des Westens: Dieser Tage kommt Sari Beth Schorr samt ihrer Band wieder auf große Österreich-Tour. Der „Krone“ verriet sie im Vorfeld, wie ihre Karriere verlief und warum es an der Zeit ist, Entertainment vermehrt mit Politischem zu mischen.

(Bild: kmm)

Österreich wird die New-Yorker-Blues-Sängerin Sari Beth Schorr garantiert nie wieder vergessen, so viel ist sicher. Ihre 2020er-Europatour musste sie wegen der einbrechenden Corona-Pandemie abbrechen, der letzte Gig fand am 10. März jenes Jahres bei einem Festival in Linz statt. „Wir hatten gerade Soundcheck, als eure Regierung den Lockdown verkündete“, erinnert sich die Sängerin im „Krone“-Interview zurück, „wir waren gerade auf der größten und erfolgreichsten Europa-Tournee meiner Karriere. Mit unserem Livealbum ,Live In Europe‘ machten wir gerade den nächsten großen Schritt. Im Endeffekt fuhren wir so schnell wie möglich nach Wien, von wo ich mit dem Flugzeug nach London-Heathrow kam. Dann habe ich von dort einen der allerletzten Flüge nach New York erwischt und musste erst einmal tief durchatmen. Keiner wusste, wohin die Reise geht und alle Länder sind in Panik verfallen. Ich war einfach nur froh, rechtzeitig wieder daheim zu sein.“

Zu viel Freiheitsdrang
Schorr zählt seit Jahren zu den profiliertesten und spannendsten weiblichen Stimmen des Blues-Sektors und ist vor allem im Wiener Reigen Stammgast, wohin sie am 21. März im Zuge des „Vienna Blues Spring“ wieder zurückkehrt. Im Elternhaus wurde viel Ella Fitzgerald und Billie Holiday gespielt und aufgrund ihrer fünf Oktaven umfassenden Gesangsstimme wollten sie ihre musikalischen Lehrer und Bezugspersonen schnell in Richtung Oper drängen, was aber nicht funktionierte. „Mein Leben wurde immer von Jazz, Blues und Soul bestimmt. Meine Songs waren anfangs richtig übel, aber ich wollte immer eigene schreiben. Außerdem hatte ich schon damals nicht die Disziplin, um klassische Musikerin zu werden. Ich bin extrem unstrukturiert und singe kein Lied zweimal gleich. Manchmal singe ich die dritte Strophe aus Spaß als zweite, weil ich meine Geschichte neu erzählen will. All das wäre in der Welt der Klassik völlig unmöglich.“

In den Jazz- und Bluesclubs der Bronx und Manhattans verdient sich Schorr ihre ersten Sporen. Dort bekämpft sie bei Auftritten in anfangs schummrigen Bars auch allabendlich ihre angeborene Schüchternheit. „Die Musik hat mir immer eine Möglichkeit geboten, ein bisschen aus mir herauszugehen“, erinnert sie sich an die frühen Tage ihrer Karriere, „ich war das schüchterne Mädchen von nebenan, aber die Bühne ist der Ort, wo ich mich am wohlsten fühle.“ Einschneidend war für die New Yorkerin das Jahr 2015. Zu dieser Zeit war sie bereits mit Popa Chubby und Joe Louis Walker auf Tour, aber bei der dort stattfindenden „International Blues Challenge“ in Memphis wurde sie vom britischen Produzenten-Guru Mike Vernon entdeckt. Der verdiente sich seine Meriten durch respektierte Arbeiten mit Größen wie David Bowie, John Mayall, Fleetwood Mac oder Eric Clapton und begann, den Rohdiamanten endlich auf ein breitentauglicheres Maß zurecht zu schleifen.

In Ruhe gereift
„Er zeigte mir, dass man manchmal einen Schritt zurückgehen muss, um das große Ganze zu sehen. Es geht ihm nicht um die Technik, sondern um die Performance. Wenn ich in seinem Studio großartig gesungen habe und zufrieden war, fehlte ihm trotzdem oft das richtige Gefühl. Ich lernte, dass ich mit meiner Vocal-Range nicht immer alle beeindrucken kann. Er erklärte mir, wie ich die richtige Emotion rüberbringe, ohne mich auf mein Instrument, also die Stimme, zu fokussieren.“ Nicht zuletzt waren Schorr Vernons Kontakte dienlich. So spielten auf ihrem 2016er-Debütalbum „A Force Of Nature“ Gäste wie Oli Brown und Walter Trout. Mit dem profilierten Blues-Gitarristen tourte sie 2017 durch Europa, während sie schon am zweiten, mehr gen Bluesrock gehenden Album „Never Say Never“ (2018) schraubte. „Es war wichtig, dass ich viele Jahre Backgroundsängerin war, weil ich dort in Ruhe reifen konnte. Das hat mir die Selbstsicherheit und Routine gegeben, vermehrt ins Rampenlicht zu rücken.“

Von besagter Schüchternheit ist bei Schorr längst nichts mehr zu spüren. Die intensive Live-Performance, die nicht nur von der Stimme, sondern auch von ihrem Charisma und der Präsenz lebt, machte sie zur gut, gern und oft gebuchten Sängerin zwischen Europa und Nordamerika. „Ich will die Menschen auf eine Reise mitnehmen und die Songs nicht einfach runtersingen. Sie sollen sich darin wiedererkennen und Energien schöpfen können.“ Schorrs Familie stammt aus Kiev, dementsprechend hat sie mit der Zeit auch den politischen Anteil ihrer Songs bei ihren Konzerten verschärft. „Viel zu viele Menschen, vor allem in meiner Heimat, den USA, sehen die Demokratie als etwas Selbstverständliches an. Wir merken heute mehr denn je, dass wir sie schätzen und schützen müssen. Als Künstlerin habe ich eine Plattform, Dinge zu benennen, die mir wichtig sind. Ich wedle nicht mit dem Zeigefinger, kann die Inhalte aber so kontextualisieren, dass in einer schwungvollen Melodie schon auch ernste Themen stecken. Entertainment muss nicht nur reine Unterhaltung sein.“

Zusammenarbeit mit einer Legende
Mit einer absoluten Legende konnte sich Schorr für das aktuelle Werk „Joyful Sky“ verknüpfen–nämlich mit dem 79-jährigen Kultgitarristen Robin Trower, mitunter auch bekannt als elementares Kreativglied von Procol Harum in den späten 60er-Jahren. „Ich habe viele der Nummern schon auf meiner letzten Tour gesungen und bin sehr stolz darauf“, so Schorr, „das Album ist noch offener als alle davor. Ich will auch nicht zwingend in einem Genre verhaften bleiben und sehe mich im Blues genauso wie im Classic Rock, Soul, Jazz und R&B. Robin ist ein echter Rock’n’Roller, deshalb ist das Album sehr schwungvoll ausgefallen. Wir haben uns so viel Freiheit wie nur möglich gegönnt, um uns nicht zu limitieren.“ Mit ihrer eigenen Band macht sie jetzt unter anderem in Wien Station–vorerst ohne neue Pandemie-Gefahr. „Ich hoffe, dass die Leute nach dem Auftritt nicht nur denken, dass er das Eintrittsgeld wert war, sondern dass gleichzeitig einen der besten Abende ihres Lebens verbracht haben. Das ist für mich das Ziel mit jedem Konzert.“

Mehrmals live in Österreich
Sari Beth Schorr kommt samt Band am 18. März ins Salzburger Rockhouse, am 20. März in die Bluegarage im steirischen Frauental, am 21. März im Zuge des „Vienna Blues Spring“ in den Wiener Reigen, am 23. März in die Zuckerfabrik Enns und am 31. März ins Bluesiana Rock Café in Velden. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten und weitere Infos für die Österreich-Auftritte der New Yorker Blues-Sängerin.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele