Beim Thema Schwangerschaftsabbruch sind die Fronten in Gesellschaft und Politik verhärtet. Nun will das Land Tirol dazu Daten sammeln. Der Widerstand ist riesig. Das Projekt könnte scheitern. Beim Land verteidigt man das Vorhaben. Doch was soll erhoben werden? Die „Krone“ hat nachgefragt.
Es ist ein heißes Eisen, das die Landesregierung heuer angefasst hat: Das Thema Schwangerschaftsabbrüche. Seit 50 Jahren gibt es die Fristenregelung in Österreich. Doch in Tirol ist der Widerstand gegen die Möglichkeit von Abtreibungen bis heute massiv. Hier stand viele Jahre nur ein Arzt für nicht medizinisch begründbare Schwangerschaftsabbrüche zur Verfügung. Heuer sind nach heftigen Diskussionen und einigen Protestkundgebungen zwei weitere Anlaufstellen dazugekommen. Allerdings nicht in Krankenhäusern – wie von SPÖ-Soziallandesrätin Eva Pawlata als Ziel formuliert. Das war mit der ÖVP nicht zu machen.
Eine individuelle Motivforschung ist nicht Gegenstand eines solchen Registers. Es finden ausschließlich anonyme Daten Eingang.
Theresa Geley, Gesundheitsdirektorin des Landes Tirol
Start 2024 wäre möglich, aber Gegenwind heftig
Nach dem im Sommer vereinbarten Minimal-Kompromiss der Landesregierung ist aber keinesfalls Ruhe eingekehrt. Jetzt sorgt das geplante Abtreibungsregister für Kontroversen. Rund 100.000 Euro hat das Land für ein entsprechendes Projekt zugesagt. Die Vorarbeiten laufen. Wie zu hören ist, könnte das Register ab Jahresbeginn aufgebaut werden. Theoretisch! In der Praxis steht das Vorhaben auf der Kippe.
Wieder sind die Fronten verhärtet. Grüne, Neos und Teile der SPÖ sprechen sich gegen das Register aus. Auch zahlreiche Frauenorganisationen sind dagegen. Die Stadt Innsbruck hat sogar einen Beschluss gefasst, der die Datensammlung verhindern soll. Die Gegner befürchten zusätzlichen Druck auf Frauen, erwarten aber kaum relevante Daten. Mediziner, die in das Projekt eingebunden sind, sehen das anders und verweisen auf ähnliche Register wie das Tiroler Geburten- oder das Tumorregister. Anhand dieser Datensammlungen sind Entwicklungen in der medizinischen Versorgung und gesellschaftliche Veränderungen ablesbar - und Problemfelder werden sichtbar.
Tirols Nachbarn Schweiz, Deutschland und Südtirol haben Register zu Schwangerschaftsabbrüchen. Dort weiß man auch, wie viele Abtreibungen überhaupt stattfinden. In Tirol sind es laut Schätzungen 800 bis 1000 im Jahr.
Daten werden anonymisiert übermittelt
Doch so ein Register ist sinnlos, wenn Patientinnen und Patienten ihre Daten nicht hergeben. Und das könnte in diesem Fall passieren, weil viele Frauen Angst haben. Das Land versucht zu beruhigen: Die Daten werden anonymisiert, Rückschlüsse auf eine Person sind nicht möglich - so ist es geplant und üblich. Laut Verantwortlichen sollen Ärzte den Fragebogen anonymisiert ausfüllen.
Allgemeine, aber keine individuellen Motive abgefragt
Doch was wird erhoben? Altersgruppe, Familienstand, bisherige Schwangerschaften bzw. Geburten, Wahl des Verhütungsmittels und medizinische Daten. Es gehe nicht um individuelle Motivforschung, wie Gesundheitsdirektorin Theresa Geley betont. Sehr wohl abgefragt werden soll, ob die Abtreibung medizinisch begründet ist, kriminologisch (etwa nach einer Vergewaltigung) oder ob - allgemein formuliert - persönliche Gründe vorliegen.
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