„Für alle schlecht“

So hart trifft Zoll-Deal Österreichs Wirtschaft

Wirtschaft
28.07.2025 23:00

Was bedeutet der Zoll-Deal konkret für unseren Handel mit den USA, unser Wachstum und unsere Jobs? Und ist es eine Kapitulationserklärung der EU gegenüber den USA oder hat „der Klügere nachgegeben“? Harald Oberhofer, WU-Professor und WIFO-Ökonom, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Am Sonntag hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit US-Präsident Donald Trump auf einen Zoll-Deal geeinigt: Für Waren aus der EU fallen demnächst 15 Prozent an. Die von Trump angedrohten 30 Prozent sind damit vom Tisch. Allerdings bleiben die 50-Prozent-Zölle auf Stahl und Aluminium. Darüber hinaus hat die EU zugestimmt, Energie aus Amerika im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen und außerdem 600 Milliarden Dollar mehr als bisher in den USA zu investieren. Warum der Deal letztlich für alle schlecht ist und wie sehr er unsere Wirtschaft und unsere Jobs trifft, analysiert WIFO-Experte Harald Oberhofer im „Krone“-Interview.

„Krone“: Herr Oberhofer, wie beurteilen Sie den Zoll-Deal?
Harald Oberhofer: Der Deal ist nicht sonderlich gut. Eine EU-Reaktion mit Gegenzöllen von 30 Prozent hätte aber wohl eine weitere Eskalation bedeutet und die Kosten noch weiter erhöht. Auch wäre die Unsicherheit geblieben oder sogar gestiegen. Jetzt wissen wir für den Moment zumindest einmal, wie die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft sind.

Ist Europa vor den USA in die Knie gegangen oder hat „der Klügere nachgegeben“?
Das Ganze ist Schadensbegrenzung in einer Zeit, in der der US-Präsident entschieden hat, die größte Volkswirtschaft der Welt – und das sind die USA – durch Zölle vom Rest der Welt mehr abzuschotten. Wenn Trump das machen möchte, und das tut er, haben wir wenig Mittel, das zu verhindern – auch weil wir von den USA in anderen Belangen wie der Sicherheit stark abhängig sind.

Gelten die 15 Prozent jetzt auf alle EU-Exporte in die USA?
Die 15-Prozent-Zölle gelten nach aktuellem Informationsstand auf fast alles. Eine Ausnahme ist jedenfalls Stahl und Aluminium mit 50 Prozent. Offensichtlich gibt es auch kleinere Ausnahmen von Produkten, die von den Zöllen ausgenommen sind. Bei pharmazeutischen Produkten, dem wichtigsten EU-Exportgut in die USA, gab es am Beginn sich widersprechende Statements. Für die EU dürfte es in dem Bereich aber nun auch 15-Prozent-Zölle geben. Das kann in der Zukunft noch ein Vorteil für die EU sein, sollte Trump im Pharma-Bereich wie angekündigt deutlich höhere Branchenzölle gegen den Rest der Welt verhängen.

(Bild: Krone KREATIV)

Gelten die 15 Prozent statt den bisherigen zehn Prozent oder kommen sie noch obendrauf?
Die 15 Prozent ersetzen die zehn Prozent. Es ist also in vielen Bereichen ein Anstieg um fünf Prozentpunkte. Bei Autos ist es aber zum Beispiel eine Reduktion im Vergleich zu den aktuell verhängten Zöllen – die liegen bei 25 Prozent Sektorzoll plus 2,5 Prozent WTO-Zoll, also bei 27,5 Prozent. Sie werden durch das Abkommen auf 15 Prozent gesenkt.

Was bedeutet der Zoll-Deal für Österreich?
Mit den 15-Prozent-Zöllen werden die USA für österreichische Exporte ein weniger interessanter Markt. Zum Teil werden die österreichischen Unternehmen die Zollkosten tragen müssen, zum anderen die US-Konsumenten und Unternehmen durch höhere Preise. Die höheren Preise reduzieren die Nachfrage und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Betriebe gegenüber der US-Konkurrenz.

Wie stark wird die heimische Wirtschaft konkret belastet?
Eine erste Schätzung mit einem vom IfW Kiel und dem WIFO gemeinsam betriebene Modell geht von einem Rückgang der österreichischen Wirtschaftsleistung durch die 15-Prozent-Zölle von 0,14 Prozent aus. Die Zahl kann sich noch ändern, sobald mehr Details bekannt und gewisse Unklarheiten wie etwa bei Pharmaprodukten beseitigt sind.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und US-Präsident Donald Trump einigten sich am Sonntag ...
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und US-Präsident Donald Trump einigten sich am Sonntag auf ein Handelsabkommen.(Bild: AFP/BRENDAN SMIALOWSKI)

Gefährden die höheren Zölle in Österreich Jobs?
Man kann davon ausgehen, dass sie vor allem die Arbeitsplätze in der Industrie unter Druck bringen werden.

Wie wichtig sind die USA für die EU und für Österreich als Handelspartner?
Für die EU sind die USA der wichtigste Exportpartner, für Österreich der zweitwichtigste nach Deutschland. Die Exporte aus Österreich in die USA haben im Vorjahr 16,23 Milliarden Euro betragen, die Importe lagen bei 7,72 Milliarden.

Wie ist das Abkommen im Vergleich zu den anderen bisher geschlossenen Abkommen der USA, etwa mit Japan oder den Philippinen, zu bewerten?
Im Vergleich zu anderen wichtigen Handelspartnern der USA hat die EU mit 15 Prozent einen relativ niedrigen Zoll vereinbaren können, sodass die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dieser Konkurrenz nicht stark negativ beeinflusst sein sollte.

Wie viel Geld wird das Abkommen den USA in die Kassen spülen und umgekehrt die EU kosten?
Würde es zu keiner Veränderung der US-Importe aus der EU kommen – die sich aber reduzieren werden –, könnten die USA auf Basis der Importzahlen aus dem Vorjahr mit rund 90 Milliarden Euro Zolleinnahmen rechnen. Durch sinkende Importe wird das aber deutlich weniger werden.

Und das zahlen unsere Betriebe?
Es wird teilweise von US-Konsumenten und Produzenten über höhere Preise bezahlt werden und teilweise von EU-Exporteuren. Aus dem Handelskonflikt von 2018 weiß man auf Basis von Studien, dass damals der überwältigende Anteil der Kosten für den Handelskrieg mit China von US-Konsumenten und Produzenten zu tragen war.

Also wird in den USA jetzt alles teurer?
Das hängt nicht nur an den Zöllen, sondern auch an der Entwicklung des Wechselkurses sowie an der Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Durch die flächendeckenden Zölle gegenüber allen Handelspartnern ist jedoch mit inflationärem Druck zu rechnen.

Abschließend: Wer ist der Gewinner des Zoll-Deals – und wer der Verlierer?
Die Gewinnerfrage kann man so nicht beantworten. Politisch wird wohl Trump gewonnen haben, ökonomisch verursacht der Deal für alle Kosten – inklusive der US-Wirtschaft. Insofern ist er für alle schlecht. Trumps ganze Handelsvereinbarungen werden sich mittelfristig als Pyrrhussiege herausstellen.

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